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Rumohr, Karl Friedrich von: Italienische Forschungen. T. 3. Berlin u. a., 1831.

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des ungenannten Topographen von Constantinopel, *) dem in
Bezug auf christliche Alterthümer Blick und Auffassung des
allgemeinen Charakters nicht abzusprechen sind, ein größeres
Gewicht. Dieser ziemlich späte Schriftsteller war mit dem
römischen Ursprung der byzantinischen Bauschule bekannt und
vertraut; denn er meldet ohne Zeichen der Befremdung, daß
Juliana, Schwester Theodosius des Großen, eine Kirche von
römischen Künstlern**) habe erbauen lassen. Ueberhaupt setzt
er die einfache, römisch-christliche Anlage der älteren Kirchen
dem complicirten Entwurfe der späteren wiederholt und mit
ausgesprochener Absichtlichkeit entgegen. "Gemeinschaftlich,
sagt er, ***) mit seiner Mutter Helena erbaute Constantin die
Apostelkirche in länglichtem Viereck und gab ihr einen höl-
zernen Dachstuhl." Diese allgemeine, durch Anschauung der
römischen und ravennatischen Basiliken zu ergänzende Charak-
teristik umfaßt zugleich einige andere früher von ihm erwähnte
Kirchen. Denn er kommt in der Folge auf dieselben zurück,
wo er von einer, der jetzigen Sophienkirche vorangegangenen

*) S. bey dems. To. I. den anonymus de ant. Constantinop.
**) Anon. cit., lib. II. (Banduri, ed. Paris. p. 37. Ven. p. 33.)
-- ton tekhniton apo Romes elthonton. -- Wie sehr man sich daran
gewöhnt hatte, Jegliches dem Stoffe oder der Kunst nach Köstliche mit
Rom in Verbindung zu denken, zeigt sich unter anderen Beyspielen
auch in der Abh. de sepulchris, quae sunt in templo ss. Apostolorum
(ap. Bandur. To. I. p. 122. 164.)
-- larnaz apo lithou timiou Ro-
maiou, und früher: larnakia tria porphura Romaia, wodurch die
Steinart näher bestimmt wird.
***) Anon. c. lib. II. (p. 32. oder 29.) Vgl. die Beschreibung der
Kirche zu Bethlehem durch Mariti (viaggi, T. IV.); deren Abbildung
bey, Amico, piante etc. -- Diese Kirche wird ebenfalls der Mutter
Constantins zugeschrieben.

des ungenannten Topographen von Conſtantinopel, *) dem in
Bezug auf chriſtliche Alterthuͤmer Blick und Auffaſſung des
allgemeinen Charakters nicht abzuſprechen ſind, ein groͤßeres
Gewicht. Dieſer ziemlich ſpaͤte Schriftſteller war mit dem
roͤmiſchen Urſprung der byzantiniſchen Bauſchule bekannt und
vertraut; denn er meldet ohne Zeichen der Befremdung, daß
Juliana, Schweſter Theodoſius des Großen, eine Kirche von
roͤmiſchen Kuͤnſtlern**) habe erbauen laſſen. Ueberhaupt ſetzt
er die einfache, roͤmiſch-chriſtliche Anlage der aͤlteren Kirchen
dem complicirten Entwurfe der ſpaͤteren wiederholt und mit
ausgeſprochener Abſichtlichkeit entgegen. „Gemeinſchaftlich,
ſagt er, ***) mit ſeiner Mutter Helena erbaute Conſtantin die
Apoſtelkirche in laͤnglichtem Viereck und gab ihr einen hoͤl-
zernen Dachſtuhl.“ Dieſe allgemeine, durch Anſchauung der
roͤmiſchen und ravennatiſchen Baſiliken zu ergaͤnzende Charak-
teriſtik umfaßt zugleich einige andere fruͤher von ihm erwaͤhnte
Kirchen. Denn er kommt in der Folge auf dieſelben zuruͤck,
wo er von einer, der jetzigen Sophienkirche vorangegangenen

*) S. bey demſ. To. I. den anonymus de ant. Constantinop.
**) Anon. cit., lib. II. (Banduri, ed. Paris. p. 37. Ven. p. 33.)
— τῶν τεχνιτῶν ἀπὸ Ρώμης ελϑόντων. — Wie ſehr man ſich daran
gewöhnt hatte, Jegliches dem Stoffe oder der Kunſt nach Köſtliche mit
Rom in Verbindung zu denken, zeigt ſich unter anderen Beyſpielen
auch in der Abh. de sepulchris, quae sunt in templo ss. Apostolorum
(ap. Bandur. To. I. p. 122. 164.)
— λάϱναζ ἀπὸ λίϑου τιμίου Ρω-
μαίου, und früher: λαϱνάκια τϱία ποϱφυϱᾶ Ρωμαῖα, wodurch die
Steinart näher beſtimmt wird.
***) Anon. c. lib. II. (p. 32. oder 29.) Vgl. die Beſchreibung der
Kirche zu Bethlehem durch Mariti (viaggi, T. IV.); deren Abbildung
bey, Amico, piante etc. — Dieſe Kirche wird ebenfalls der Mutter
Conſtantins zugeſchrieben.
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[188/0210] des ungenannten Topographen von Conſtantinopel, *) dem in Bezug auf chriſtliche Alterthuͤmer Blick und Auffaſſung des allgemeinen Charakters nicht abzuſprechen ſind, ein groͤßeres Gewicht. Dieſer ziemlich ſpaͤte Schriftſteller war mit dem roͤmiſchen Urſprung der byzantiniſchen Bauſchule bekannt und vertraut; denn er meldet ohne Zeichen der Befremdung, daß Juliana, Schweſter Theodoſius des Großen, eine Kirche von roͤmiſchen Kuͤnſtlern **) habe erbauen laſſen. Ueberhaupt ſetzt er die einfache, roͤmiſch-chriſtliche Anlage der aͤlteren Kirchen dem complicirten Entwurfe der ſpaͤteren wiederholt und mit ausgeſprochener Abſichtlichkeit entgegen. „Gemeinſchaftlich, ſagt er, ***) mit ſeiner Mutter Helena erbaute Conſtantin die Apoſtelkirche in laͤnglichtem Viereck und gab ihr einen hoͤl- zernen Dachſtuhl.“ Dieſe allgemeine, durch Anſchauung der roͤmiſchen und ravennatiſchen Baſiliken zu ergaͤnzende Charak- teriſtik umfaßt zugleich einige andere fruͤher von ihm erwaͤhnte Kirchen. Denn er kommt in der Folge auf dieſelben zuruͤck, wo er von einer, der jetzigen Sophienkirche vorangegangenen *) S. bey demſ. To. I. den anonymus de ant. Constantinop. **) Anon. cit., lib. II. (Banduri, ed. Paris. p. 37. Ven. p. 33.) — τῶν τεχνιτῶν ἀπὸ Ρώμης ελϑόντων. — Wie ſehr man ſich daran gewöhnt hatte, Jegliches dem Stoffe oder der Kunſt nach Köſtliche mit Rom in Verbindung zu denken, zeigt ſich unter anderen Beyſpielen auch in der Abh. de sepulchris, quae sunt in templo ss. Apostolorum (ap. Bandur. To. I. p. 122. 164.) — λάϱναζ ἀπὸ λίϑου τιμίου Ρω- μαίου, und früher: λαϱνάκια τϱία ποϱφυϱᾶ Ρωμαῖα, wodurch die Steinart näher beſtimmt wird. ***) Anon. c. lib. II. (p. 32. oder 29.) Vgl. die Beſchreibung der Kirche zu Bethlehem durch Mariti (viaggi, T. IV.); deren Abbildung bey, Amico, piante etc. — Dieſe Kirche wird ebenfalls der Mutter Conſtantins zugeſchrieben.

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Zitationshilfe: Rumohr, Karl Friedrich von: Italienische Forschungen. T. 3. Berlin u. a., 1831, S. 188. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rumohr_forschungen03_1831/210>, abgerufen am 29.03.2024.