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Salzmann, Christian Gotthilf: Ueber die heimlichen Sünden der Jugend. Leipzig, 1785.

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gegen welches ich schreibe, so gar weit um
sich gegriffen habe. Ich kannte Schulen,
die davon angesteckt waren, ich hatte Jüng-
linge und Maedchen gesehen, denen es Ge-
sundheit, Muth und Freudigkeit, am Ende
das Leben, raubte, ich hatte daher starken
Grund, dessen weite Ausbreitung zu vermu-
then: Dass es aber fast die ganze junge
Welt angegriffen habe, glaubte ich doch
noch nicht. Nun aber weis ich es leider,
weis es mit ziemlicher Zuverlaessigkeit, da
ich die glaubwürdigsten Zeugnisse davon,
sowohl von Angesteckten, als Lehrern, die
ihre Ansteckung entdeckten, im Haenden
habe. Wenn man mir nur einiges Gefühl
für die Glückseligkeit meiner Brüder, nur
einige Liebe zu der lieben kleinen Nach-
welt, zutrauet, so wird man sich leicht vor-
stellen können, wie viel meine Gemüthrsuhe,
durch diese traurige Entdeckungen, gelitten
habe. Die Freuden sind dahin, die ich
sonst empfand, wenn ich ein Kind an mei-
ne Brust drücken und küssen konnte. Nach

den

gegen welches ich ſchreibe, ſo gar weit um
ſich gegriffen habe. Ich kannte Schulen,
die davon angeſteckt waren, ich hatte Jüng-
linge und Mædchen geſehen, denen es Ge-
ſundheit, Muth und Freudigkeit, am Ende
das Leben, raubte, ich hatte daher ſtarken
Grund, deſſen weite Ausbreitung zu vermu-
then: Daſs es aber faſt die ganze junge
Welt angegriffen habe, glaubte ich doch
noch nicht. Nun aber weis ich es leider,
weis es mit ziemlicher Zuverlæſſigkeit, da
ich die glaubwürdigſten Zeugniſſe davon,
ſowohl von Angeſteckten, als Lehrern, die
ihre Anſteckung entdeckten, im Hænden
habe. Wenn man mir nur einiges Gefühl
für die Glückſeligkeit meiner Brüder, nur
einige Liebe zu der lieben kleinen Nach-
welt, zutrauet, ſo wird man ſich leicht vor-
ſtellen können, wie viel meine Gemüthrsuhe,
durch dieſe traurige Entdeckungen, gelitten
habe. Die Freuden ſind dahin, die ich
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ne Bruſt drücken und küſſen konnte. Nach

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[2/0012] gegen welches ich ſchreibe, ſo gar weit um ſich gegriffen habe. Ich kannte Schulen, die davon angeſteckt waren, ich hatte Jüng- linge und Mædchen geſehen, denen es Ge- ſundheit, Muth und Freudigkeit, am Ende das Leben, raubte, ich hatte daher ſtarken Grund, deſſen weite Ausbreitung zu vermu- then: Daſs es aber faſt die ganze junge Welt angegriffen habe, glaubte ich doch noch nicht. Nun aber weis ich es leider, weis es mit ziemlicher Zuverlæſſigkeit, da ich die glaubwürdigſten Zeugniſſe davon, ſowohl von Angeſteckten, als Lehrern, die ihre Anſteckung entdeckten, im Hænden habe. Wenn man mir nur einiges Gefühl für die Glückſeligkeit meiner Brüder, nur einige Liebe zu der lieben kleinen Nach- welt, zutrauet, ſo wird man ſich leicht vor- ſtellen können, wie viel meine Gemüthrsuhe, durch dieſe traurige Entdeckungen, gelitten habe. Die Freuden ſind dahin, die ich ſonſt empfand, wenn ich ein Kind an mei- ne Bruſt drücken und küſſen konnte. Nach den

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Zitationshilfe: Salzmann, Christian Gotthilf: Ueber die heimlichen Sünden der Jugend. Leipzig, 1785, S. 2. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/salzmann_suenden_1785/12>, abgerufen am 29.03.2024.