Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Sander, Heinrich: Beschreibung seiner Reisen durch Frankreich, die Niederlande, Holland, Deutschland und Italien. Bd. 2. Leipzig, 1784.

Bild:
<< vorherige Seite
Den 5ten Aug.

Heute passirte ich erst noch einen Forst, der noch ins
Bambergische gehört, und dann betrat ich Obersach-
sen,
das sich gleich durch eine schöne Aussicht ankündigt.
In der Ferne erblickt man den berühmten Thüringer
Wald. Eine halbe Stunde vor Judenbach fängt die
Strasse an, den steilen und steinichten Weg hinan zu
gehen. Die Fuhrleute binden daher im Herabfahren
Klapperstecken an die hintern Achsen, die zwischen die
Felgen des Rads eingreifen, und vorhindern, daß der
Wagen nicht stürzt. Sie warnen dadurch zugleich einen
andern Wagen, der ihnen etwa entgegen kommen könnte,
weil's oft fast unmöglich ist, auszuweichen, Man be-
gegnet immer Güterwagen, die über Koburg,
Schlaitz, Gera
etc. Frankenwein nach Leipzig führen.
Dagegen gehen auf der Strasse, die ich nahm, beständig.
Wagen mit hallischem Salz durchs ganze Land herab.
Die Fuhrleute tragen alle weisse leinene Kittel. Man
baut hierherum Korn, Hafer, Gerste, Grundbirnen,
auch etwas Flachs und Hanf. Die Erndte fing jetzt
erst an.

Judenbach, worauf ich nun zukam, ist ein ziem-
lich grosser Flecken, und gehört Sachsen-Meinungen.
Gleich vor dem Orte sieht man neben der Landstrasse viele
Kohlenbrenner, die eine Menge Holz verhauen, ihre
Meiler dampfen unaufhörlich. Sie sind eine ehrliche,
grade, simple Art von Menschen. Das Gebürge ist
ganz mit Tannen, Fohren, Lerchenbäumen, Wachhol-
dern u. dergl. bewachsen, und besteht ganz aus Schie-
fer,
der an der Luft verwittert. Man deckt auch durch-
gängig hier im Lande damit. Einige Schiefer sind

schwarz,
Den 5ten Aug.

Heute paſſirte ich erſt noch einen Forſt, der noch ins
Bambergiſche gehoͤrt, und dann betrat ich Oberſach-
ſen,
das ſich gleich durch eine ſchoͤne Ausſicht ankuͤndigt.
In der Ferne erblickt man den beruͤhmten Thuͤringer
Wald. Eine halbe Stunde vor Judenbach faͤngt die
Straſſe an, den ſteilen und ſteinichten Weg hinan zu
gehen. Die Fuhrleute binden daher im Herabfahren
Klapperſtecken an die hintern Achſen, die zwiſchen die
Felgen des Rads eingreifen, und vorhindern, daß der
Wagen nicht ſtuͤrzt. Sie warnen dadurch zugleich einen
andern Wagen, der ihnen etwa entgegen kommen koͤnnte,
weil’s oft faſt unmoͤglich iſt, auszuweichen, Man be-
gegnet immer Guͤterwagen, die uͤber Koburg,
Schlaitz, Gera
ꝛc. Frankenwein nach Leipzig fuͤhren.
Dagegen gehen auf der Straſſe, die ich nahm, beſtaͤndig.
Wagen mit halliſchem Salz durchs ganze Land herab.
Die Fuhrleute tragen alle weiſſe leinene Kittel. Man
baut hierherum Korn, Hafer, Gerſte, Grundbirnen,
auch etwas Flachs und Hanf. Die Erndte fing jetzt
erſt an.

Judenbach, worauf ich nun zukam, iſt ein ziem-
lich groſſer Flecken, und gehoͤrt Sachſen-Meinungen.
Gleich vor dem Orte ſieht man neben der Landſtraſſe viele
Kohlenbrenner, die eine Menge Holz verhauen, ihre
Meiler dampfen unaufhoͤrlich. Sie ſind eine ehrliche,
grade, ſimple Art von Menſchen. Das Gebuͤrge iſt
ganz mit Tannen, Fohren, Lerchenbaͤumen, Wachhol-
dern u. dergl. bewachſen, und beſteht ganz aus Schie-
fer,
der an der Luft verwittert. Man deckt auch durch-
gaͤngig hier im Lande damit. Einige Schiefer ſind

ſchwarz,
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0133" n="95"/>
          <div n="3">
            <head>Den 5ten Aug.</head><lb/>
            <p>Heute pa&#x017F;&#x017F;irte ich er&#x017F;t noch einen For&#x017F;t, der noch ins<lb/><hi rendition="#fr">Bamberg</hi>i&#x017F;che geho&#x0364;rt, und dann betrat ich <hi rendition="#fr">Ober&#x017F;ach-<lb/>
&#x017F;en,</hi> das &#x017F;ich gleich durch eine &#x017F;cho&#x0364;ne Aus&#x017F;icht anku&#x0364;ndigt.<lb/>
In der Ferne erblickt man den beru&#x0364;hmten <hi rendition="#fr">Thu&#x0364;ring</hi>er<lb/>
Wald. Eine halbe Stunde vor <hi rendition="#fr">Judenbach</hi> fa&#x0364;ngt die<lb/>
Stra&#x017F;&#x017F;e an, den &#x017F;teilen und &#x017F;teinichten Weg hinan zu<lb/>
gehen. Die Fuhrleute binden daher im Herabfahren<lb/><hi rendition="#fr">Klapper&#x017F;tecken</hi> an die hintern Ach&#x017F;en, die zwi&#x017F;chen die<lb/>
Felgen des Rads eingreifen, und vorhindern, daß der<lb/>
Wagen nicht &#x017F;tu&#x0364;rzt. Sie warnen dadurch zugleich einen<lb/>
andern Wagen, der ihnen etwa entgegen kommen ko&#x0364;nnte,<lb/>
weil&#x2019;s oft fa&#x017F;t unmo&#x0364;glich i&#x017F;t, auszuweichen, Man be-<lb/>
gegnet immer <hi rendition="#fr">Gu&#x0364;terwagen,</hi> die u&#x0364;ber <hi rendition="#fr">Koburg,<lb/>
Schlaitz, Gera</hi> &#xA75B;c. <hi rendition="#fr">Franken</hi>wein nach <hi rendition="#fr">Leipzig</hi> fu&#x0364;hren.<lb/>
Dagegen gehen auf der Stra&#x017F;&#x017F;e, die ich nahm, be&#x017F;ta&#x0364;ndig.<lb/>
Wagen mit <hi rendition="#fr">halli&#x017F;chem Salz</hi> durchs ganze Land herab.<lb/>
Die Fuhrleute tragen alle wei&#x017F;&#x017F;e leinene Kittel. Man<lb/>
baut hierherum Korn, Hafer, Ger&#x017F;te, Grundbirnen,<lb/>
auch etwas Flachs und Hanf. Die Erndte fing jetzt<lb/>
er&#x017F;t an.</p><lb/>
            <p><hi rendition="#fr">Judenbach,</hi> worauf ich nun zukam, i&#x017F;t ein ziem-<lb/>
lich gro&#x017F;&#x017F;er Flecken, und geho&#x0364;rt <hi rendition="#fr">Sach&#x017F;en-Meinungen.</hi><lb/>
Gleich vor dem Orte &#x017F;ieht man neben der Land&#x017F;tra&#x017F;&#x017F;e viele<lb/><hi rendition="#fr">Kohlenbrenner,</hi> die eine Menge Holz verhauen, ihre<lb/><hi rendition="#fr">Meiler</hi> dampfen unaufho&#x0364;rlich. Sie &#x017F;ind eine ehrliche,<lb/>
grade, &#x017F;imple Art von Men&#x017F;chen. Das <hi rendition="#fr">Gebu&#x0364;rge</hi> i&#x017F;t<lb/>
ganz mit Tannen, Fohren, Lerchenba&#x0364;umen, Wachhol-<lb/>
dern u. dergl. bewach&#x017F;en, und be&#x017F;teht ganz aus <hi rendition="#fr">Schie-<lb/>
fer,</hi> der an der Luft verwittert. Man deckt auch durch-<lb/>
ga&#x0364;ngig hier im Lande damit. Einige Schiefer &#x017F;ind<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">&#x017F;chwarz,</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[95/0133] Den 5ten Aug. Heute paſſirte ich erſt noch einen Forſt, der noch ins Bambergiſche gehoͤrt, und dann betrat ich Oberſach- ſen, das ſich gleich durch eine ſchoͤne Ausſicht ankuͤndigt. In der Ferne erblickt man den beruͤhmten Thuͤringer Wald. Eine halbe Stunde vor Judenbach faͤngt die Straſſe an, den ſteilen und ſteinichten Weg hinan zu gehen. Die Fuhrleute binden daher im Herabfahren Klapperſtecken an die hintern Achſen, die zwiſchen die Felgen des Rads eingreifen, und vorhindern, daß der Wagen nicht ſtuͤrzt. Sie warnen dadurch zugleich einen andern Wagen, der ihnen etwa entgegen kommen koͤnnte, weil’s oft faſt unmoͤglich iſt, auszuweichen, Man be- gegnet immer Guͤterwagen, die uͤber Koburg, Schlaitz, Gera ꝛc. Frankenwein nach Leipzig fuͤhren. Dagegen gehen auf der Straſſe, die ich nahm, beſtaͤndig. Wagen mit halliſchem Salz durchs ganze Land herab. Die Fuhrleute tragen alle weiſſe leinene Kittel. Man baut hierherum Korn, Hafer, Gerſte, Grundbirnen, auch etwas Flachs und Hanf. Die Erndte fing jetzt erſt an. Judenbach, worauf ich nun zukam, iſt ein ziem- lich groſſer Flecken, und gehoͤrt Sachſen-Meinungen. Gleich vor dem Orte ſieht man neben der Landſtraſſe viele Kohlenbrenner, die eine Menge Holz verhauen, ihre Meiler dampfen unaufhoͤrlich. Sie ſind eine ehrliche, grade, ſimple Art von Menſchen. Das Gebuͤrge iſt ganz mit Tannen, Fohren, Lerchenbaͤumen, Wachhol- dern u. dergl. bewachſen, und beſteht ganz aus Schie- fer, der an der Luft verwittert. Man deckt auch durch- gaͤngig hier im Lande damit. Einige Schiefer ſind ſchwarz,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Erst ein Jahr nach dem Tod Heinrich Sanders wird … [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/sander_beschreibung02_1784
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/sander_beschreibung02_1784/133
Zitationshilfe: Sander, Heinrich: Beschreibung seiner Reisen durch Frankreich, die Niederlande, Holland, Deutschland und Italien. Bd. 2. Leipzig, 1784, S. 95. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sander_beschreibung02_1784/133>, abgerufen am 23.04.2024.