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Sander, Heinrich: Beschreibung seiner Reisen durch Frankreich, die Niederlande, Holland, Deutschland und Italien. Bd. 2. Leipzig, 1784.

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sind viele den Synergisten zu Gefallen gemachte Verän-
derungen, z. B. 2. Cor. III. 5. "von uns selbst Rath zu
finden" -- Die alten Theologen brauchten die Bibeln
als Stammbücher, sie schrieben einander vorn und hin-
ten eine kurze Betrachtung über einen biblischen Spruch
hinein; Hr. Pastor Götze besitzt solche Betrachtungen
von Melanchthon, Luther, Flacius, Justus Jo-
nas
etc. Die Alten hielten viel auf Gemälde. Man
hat Bibeln von Lukas Kranach gemahlt, es sind gro-
be Holzschnitte, sie haben aber ein vortrefliches noch jetzo
schimmerndes Kolorit. Eine starke Sammlung nieder-
sächsischer plattdeutscher Bibeln hat er auch, s. seine Hi-
storie
davon. Die wichtigsten Bibeln ist er kritisch
durchgegangen, und hat in den freiwilligen Beyträgen
davon Nachricht gegeben. Die Römische LXX. hat er in
einer Auktion mit 60. Thalern bezahlt. Er hat viele al-
te Stücke von Käsehöcken bekommen, oder als alte Fa-
milienstücke gekauft, auch vieles aus der Baumgarten-
schen Bibliothek erstanden. Bengel war nicht der er-
ste, der das N. T. so in einem weg drucken, und die
Verse an Rand setzen lies, man hat schon Testamente aus
dem 17ten Jahrh. auf diese Art. Man kan bei ihm auch
ein Originalexemplar vom Liber Conformitatum se-
hen; -- es existirt also gewis *) und Luthers Weissa-
gung, die Katholicken würdens unterdrücken, und sein

Daseyn
*) Viel Lesenswürdiges zur Litterärgeschichte dieses äus-
serst seltenen Buchs gehöriges, enthält die Hallische
Bibliothek
des seel. Dr. Baumgarten, der es selbst
besaß, und es einstmahls in einer Anktion für 29.
Thaler erstand.
Herausgeber.
Zweiter Theil. U u

ſind viele den Synergiſten zu Gefallen gemachte Veraͤn-
derungen, z. B. 2. Cor. III. 5. „von uns ſelbſt Rath zu
finden“ — Die alten Theologen brauchten die Bibeln
als Stammbuͤcher, ſie ſchrieben einander vorn und hin-
ten eine kurze Betrachtung uͤber einen bibliſchen Spruch
hinein; Hr. Paſtor Goͤtze beſitzt ſolche Betrachtungen
von Melanchthon, Luther, Flacius, Juſtus Jo-
nas
ꝛc. Die Alten hielten viel auf Gemaͤlde. Man
hat Bibeln von Lukas Kranach gemahlt, es ſind gro-
be Holzſchnitte, ſie haben aber ein vortrefliches noch jetzo
ſchimmerndes Kolorit. Eine ſtarke Sammlung nieder-
ſaͤchſiſcher plattdeutſcher Bibeln hat er auch, ſ. ſeine Hi-
ſtorie
davon. Die wichtigſten Bibeln iſt er kritiſch
durchgegangen, und hat in den freiwilligen Beytraͤgen
davon Nachricht gegeben. Die Roͤmiſche LXX. hat er in
einer Auktion mit 60. Thalern bezahlt. Er hat viele al-
te Stuͤcke von Kaͤſehoͤcken bekommen, oder als alte Fa-
milienſtuͤcke gekauft, auch vieles aus der Baumgarten-
ſchen Bibliothek erſtanden. Bengel war nicht der er-
ſte, der das N. T. ſo in einem weg drucken, und die
Verſe an Rand ſetzen lies, man hat ſchon Teſtamente aus
dem 17ten Jahrh. auf dieſe Art. Man kan bei ihm auch
ein Originalexemplar vom Liber Conformitatum ſe-
hen; — es exiſtirt alſo gewis *) und Luthers Weiſſa-
gung, die Katholicken wuͤrdens unterdruͤcken, und ſein

Daſeyn
*) Viel Leſenswuͤrdiges zur Litteraͤrgeſchichte dieſes aͤuſ-
ſerſt ſeltenen Buchs gehoͤriges, enthaͤlt die Halliſche
Bibliothek
des ſeel. Dr. Baumgarten, der es ſelbſt
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Thaler erſtand.
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[673/0711] ſind viele den Synergiſten zu Gefallen gemachte Veraͤn- derungen, z. B. 2. Cor. III. 5. „von uns ſelbſt Rath zu finden“ — Die alten Theologen brauchten die Bibeln als Stammbuͤcher, ſie ſchrieben einander vorn und hin- ten eine kurze Betrachtung uͤber einen bibliſchen Spruch hinein; Hr. Paſtor Goͤtze beſitzt ſolche Betrachtungen von Melanchthon, Luther, Flacius, Juſtus Jo- nas ꝛc. Die Alten hielten viel auf Gemaͤlde. Man hat Bibeln von Lukas Kranach gemahlt, es ſind gro- be Holzſchnitte, ſie haben aber ein vortrefliches noch jetzo ſchimmerndes Kolorit. Eine ſtarke Sammlung nieder- ſaͤchſiſcher plattdeutſcher Bibeln hat er auch, ſ. ſeine Hi- ſtorie davon. Die wichtigſten Bibeln iſt er kritiſch durchgegangen, und hat in den freiwilligen Beytraͤgen davon Nachricht gegeben. Die Roͤmiſche LXX. hat er in einer Auktion mit 60. Thalern bezahlt. Er hat viele al- te Stuͤcke von Kaͤſehoͤcken bekommen, oder als alte Fa- milienſtuͤcke gekauft, auch vieles aus der Baumgarten- ſchen Bibliothek erſtanden. Bengel war nicht der er- ſte, der das N. T. ſo in einem weg drucken, und die Verſe an Rand ſetzen lies, man hat ſchon Teſtamente aus dem 17ten Jahrh. auf dieſe Art. Man kan bei ihm auch ein Originalexemplar vom Liber Conformitatum ſe- hen; — es exiſtirt alſo gewis *) und Luthers Weiſſa- gung, die Katholicken wuͤrdens unterdruͤcken, und ſein Daſeyn *) Viel Leſenswuͤrdiges zur Litteraͤrgeſchichte dieſes aͤuſ- ſerſt ſeltenen Buchs gehoͤriges, enthaͤlt die Halliſche Bibliothek des ſeel. Dr. Baumgarten, der es ſelbſt beſaß, und es einſtmahls in einer Anktion fuͤr 29. Thaler erſtand. Herausgeber. Zweiter Theil. U u

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Zitationshilfe: Sander, Heinrich: Beschreibung seiner Reisen durch Frankreich, die Niederlande, Holland, Deutschland und Italien. Bd. 2. Leipzig, 1784, S. 673. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sander_beschreibung02_1784/711>, abgerufen am 25.04.2024.