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Sandrart, Joachim von: L’Academia Todesca. della Architectura, Scultura & Pittura: Oder Teutsche Academie der Edlen Bau- Bild- und Mahlerey-Künste. Bd. 1,3. Nürnberg, 1675.

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[Spaltenumbruch] zwey Jahr schon sich daselbst aufgehalten/ oder unter Spanischem Gebiet wären/ sich bey Lebens-Straf davon machen solten/ weil viele aus Niderland wegen der Religion oder Bilder-Stürmung flüchtig waren/ muste also unser Künstler/ weil ihm keine andere Gelegenheit aufstoßen wolte/ nach Haus ziehen/ und daselbst sechs ganzer Jahr verbleiben/ allwo ihme zwar viele liebkosende Syrenen unterschiedlich anreitzende Liedlein erdichtet/ Reißet in Engelland/ weil aber bey selbigen Kriegs-Zeiten nicht viel daselbst zuthun ware/ verreißte er Anno 1573. nach Engelland/ und kame zu Londen an/ in dem Haus seines Landsmanns/ der ein Bildschneider/ Architect und großer Freund seines Lehrmeisters war/ und ihn ganz höflich empfieng. Als er nun etliche Stucke verkauft/ wurde er dardurch alsobald allenthalben kundbar und berühmt/ daß ihme unterschiedliche Contrafäte angedinget worden; daselbst und macht unterschiedliche Werke daselbst. verheurahtete er sich/ und wohnte ungefähr acht Jahr allda. Er machte ein Stuck mit Bildern in Lebens-Größe/ so die Vorsichtigkeit/ Weisheit und Stärke praesentirte/ die ihme ein junger Engelländischer Kaufmann/ genant Peter Hachten/ abhandlete/ und es Herrn Christoph Hatten/ Hoch-Canzlern in Engelland verehrte. Anno 1578. contrafätete er die Engelländische Königin und den Grafen von Oxfort/ samt vielen andern adelichen Manns- und Weibs-Personen/ in Lebens-Größe. Anno 1581. Reißte er wider nach Holland/ und machte sich wohnhaft zu Amsterdam/ hatte auch viel zu arbeiten. Endlich zoge er auf Venedig/ hielte sich daselbst ein Jahr auf/ und so viel ungefehr auch zu Rom/ wo er sich dergestalt perfectionirt/ daß man ihme den Gipfel der Vollkommenheit in der Kunst erreicht zu haben geglaubet/ starbe zimlich jung an einem hizigen Fieber/ da er den König in Dennemark Lebens-groß contrafäten muste.

CIIX. Henrich Golzius/ Mahler/ Kupferstecher und Glaßmahler von Mülbrecht. HEnrich Golzius ware gebohren zu Mülbrecht in einem Dorf des Lands Gülch/ von furtreflichen Eltern Anno 1558. und kame nach Harlem kurtz nach dem großen Brand ungefähr nach S. Johannis Tag/ allwo ihn Leonhard nach seinem bästen Vermögen in der Kunst unterwiesen/ entzwischen sind seine Eltern von dar nacher Teutschland gezogen/ er aber bliebe daselbst/ und vermählte sich mit einer Wittfrauen/ die einen Heuratet gar jung. Sohn/ Namens Jacob Matthan, hatte/ den er das Kupferstechen gelehret/ und durch großen Fleiß zur Kunst gebracht; Als aber Golzius seine junge Jahre/ indem er erst das ein und zwanzigste erreicht/ und hingegen auch die Mühseligkeiten des Ehestands/ in den er getretten/ betrachtete/ faßte er selbigen so schwer zu Herzen/ daß ihn große Kümmernis überfiel/ und schier keinen gesunden Tag hatte/ sondern allstets das helle Blut durch den Mund drey ganzer Jahr von sich gab/ unerachtet von denen Medicis alle Mittel angewandt wurden.

Da sich nun sein Ubel zu keiner Bäßerung schicken wolte/ entschloße er sich in Italien zu begeben/ um daselbst/ wo nicht eine Bäßerung des Leibes/ zum wenigsten die schöne Fürtreflichkeit der Kunst zu erlangen/ zu diesem Ende nahme er mit sich einen Knecht/ und zoge/ viele Discipel zu Haus hinterlassend/[Spaltenumbruch] Reißt durch Teutschland zu End des Octobris Anno 1590. von Amsterdam auf Hamburg/ bey unabläßlichem Ungewitter und Sturm/ gienge auch meistentheils zu Fuß/ biß daß er fast ganz Teutschland durchzogen/ und befande von Tag zu Tag eine Bäßerung wegen Veränderung der Luft und innerlichen Freude/ so er aus Besichtigung so schöner Landschaften und Vielfältigkeit der Nationen empfienge/ weil er bey denen Künstlern/ Mahlern und Kupferstechern/ sich unbekandt hielte/ und seinen Knecht den Meister spielen ließ/ worzwischen er sehr oft von denen Unverständigen in seinen Stucken stark getadelt/ und hingegen auch von denen Vernünftigen hoch gerühmet wurde/ ohne daß ihnen bewust/ daß er selbst zugegen seye/ welches ihn dann dermassen erfreuet/ und sein Gemüt also alterirt/ daß die vorige Seuche gänzlich nachgelassen/ und er zur völligen Gesundheit gelanget; sein Knecht wurde für den Herrn/ der Herr für den Knecht respectirt/ mit seiner höchsten Vergnügung.

Nach selbigem kame er in Italien/ auf Venedig/ Bolognen/ Florenz und endlich den 10. Jenner in Italien. Anno 1591. in das verlangte Rom/ allwo er sich auch etliche Monat unbekandt hielt/ und in hochteutsch kleiden ließ/ und führte den Namen Heinrich von der Bracht/ vergaß anbey fast seiner selbst/ weil seine Gedanken gänzlich in die rare Werke/ so in Rom täglich zu sehen/ vertieffet waren/ daher er sich für einen scholar und discipel die bäste Contrafätet die antiche-Bilder zu Rom. und antiche-Bilder zu contrafäten angabe: Als selbiges die junge Zeichner/ so daselbst gegenwärtig waren/ ersehen/ haben sie viel eher gehoft/ von diesem Teutschen was lächerliches als lobwürdiges zu erwarten/ aber seine Prob beschämte sie also/ daß sie mit Freuden Gelegenheit gesucht/ in seine Freundschaft zu tretten. Eben zu selbiger Zeit ware eine große Theurung in ganz Italien/ und in Rom eine jämmerliche Noht/ wegen der hitzigen Seuche/ so in kurzer Zeit etlich tausend Personen aufgeriben/ daß alle Plätze und Straßen mit todten Cörpern bedecket lagen/ auch nächst des Orts/ wo Golzius seine Antiche contrafätete/ welche Gefahr ihme dannoch den Lust/ so er zu diesen Bildern trug/ nicht benahme; ungeachtet die todte Leiber einen üblen Geruch von sich ließen.

Zu End des Aprils folgenden Jahrs/ zoge er von Rom nach Neapel/ in Gesellschaft eines jungen Goldschmieds/ Johann Matthisen/ und Philipp Reißet ferner nach Neapel. von Wingen/ eines reichen Edelmanns von Brüssel/ diese drey hatten sich ganz verkleidet/ und schlechten Habit angethan/ wegen der Gefahr zu reisen/ da die Strassen mit Räubern und Mördern überlegt waren; dieser von Wingen ware ein großer Antiquarius, der indeß protocollirte/ was sich aller Orten zugetragen hatte/ als des Abraham Oertels Historien und Geschichtschreibers vertrautister Freund/ dieser wiese Golzio etliche Briefe/ des Innhalts/ daß Golzius in Italien sich aufhalte/ auch sein eignes Contrafät/ woraus Golzius wol zu erkennen war/ absonderlich bey der einen krummen Hand/ die er hatte/ doch kannte ihn der von Wingen nicht. Endlich sagte Johann Mathisen/ so in gleicher Gesellschaft ware/ dieser ist Golzius mit dem ihr redet/ worüber der von Wingen

[Spaltenumbruch] zwey Jahr schon sich daselbst aufgehalten/ oder unter Spanischem Gebiet wären/ sich bey Lebens-Straf davon machen solten/ weil viele aus Niderland wegen der Religion oder Bilder-Stürmung flüchtig waren/ muste also unser Künstler/ weil ihm keine andere Gelegenheit aufstoßen wolte/ nach Haus ziehen/ und daselbst sechs ganzer Jahr verbleiben/ allwo ihme zwar viele liebkosende Syrenen unterschiedlich anreitzende Liedlein erdichtet/ Reißet in Engelland/ weil aber bey selbigen Kriegs-Zeiten nicht viel daselbst zuthun ware/ verreißte er Anno 1573. nach Engelland/ und kame zu Londen an/ in dem Haus seines Landsmanns/ der ein Bildschneider/ Architect und großer Freund seines Lehrmeisters war/ und ihn ganz höflich empfieng. Als er nun etliche Stucke verkauft/ wurde er dardurch alsobald allenthalben kundbar und berühmt/ daß ihme unterschiedliche Contrafäte angedinget worden; daselbst und macht unterschiedliche Werke daselbst. verheurahtete er sich/ und wohnte ungefähr acht Jahr allda. Er machte ein Stuck mit Bildern in Lebens-Größe/ so die Vorsichtigkeit/ Weisheit und Stärke praesentirte/ die ihme ein junger Engelländischer Kaufmann/ genant Peter Hachten/ abhandlete/ und es Herrn Christoph Hatten/ Hoch-Canzlern in Engelland verehrte. Anno 1578. contrafätete er die Engelländische Königin und den Grafen von Oxfort/ samt vielen andern adelichen Manns- und Weibs-Personen/ in Lebens-Größe. Anno 1581. Reißte er wider nach Holland/ und machte sich wohnhaft zu Amsterdam/ hatte auch viel zu arbeiten. Endlich zoge er auf Venedig/ hielte sich daselbst ein Jahr auf/ und so viel ungefehr auch zu Rom/ wo er sich dergestalt perfectionirt/ daß man ihme den Gipfel der Vollkommenheit in der Kunst erreicht zu haben geglaubet/ starbe zimlich jung an einem hizigen Fieber/ da er den König in Dennemark Lebens-groß contrafäten muste.

CIIX. Henrich Golzius/ Mahler/ Kupferstecher und Glaßmahler von Mülbrecht. HEnrich Golzius ware gebohren zu Mülbrecht in einem Dorf des Lands Gülch/ von furtreflichen Eltern Anno 1558. und kame nach Harlem kurtz nach dem großen Brand ungefähr nach S. Johannis Tag/ allwo ihn Leonhard nach seinem bästen Vermögen in der Kunst unterwiesen/ entzwischen sind seine Eltern von dar nacher Teutschland gezogen/ er aber bliebe daselbst/ und vermählte sich mit einer Wittfrauen/ die einen Heuratet gar jung. Sohn/ Namens Jacob Matthan, hatte/ den er das Kupferstechen gelehret/ und durch großen Fleiß zur Kunst gebracht; Als aber Golzius seine junge Jahre/ indem er erst das ein und zwanzigste erreicht/ und hingegen auch die Mühseligkeiten des Ehestands/ in den er getretten/ betrachtete/ faßte er selbigen so schwer zu Herzen/ daß ihn große Kümmernis überfiel/ und schier keinen gesunden Tag hatte/ sondern allstets das helle Blut durch den Mund drey ganzer Jahr von sich gab/ unerachtet von denen Medicis alle Mittel angewandt wurden.

Da sich nun sein Ubel zu keiner Bäßerung schicken wolte/ entschloße er sich in Italien zu begeben/ um daselbst/ wo nicht eine Bäßerung des Leibes/ zum wenigsten die schöne Fürtreflichkeit der Kunst zu erlangen/ zu diesem Ende nahme er mit sich einen Knecht/ und zoge/ viele Discipel zu Haus hinterlassend/[Spaltenumbruch] Reißt durch Teutschland zu End des Octobris Anno 1590. von Amsterdam auf Hamburg/ bey unabläßlichem Ungewitter und Sturm/ gienge auch meistentheils zu Fuß/ biß daß er fast ganz Teutschland durchzogen/ und befande von Tag zu Tag eine Bäßerung wegen Veränderung der Luft und innerlichen Freude/ so er aus Besichtigung so schöner Landschaften und Vielfältigkeit der Nationen empfienge/ weil er bey denen Künstlern/ Mahlern und Kupferstechern/ sich unbekandt hielte/ und seinen Knecht den Meister spielen ließ/ worzwischen er sehr oft von denen Unverständigen in seinen Stucken stark getadelt/ und hingegen auch von denen Vernünftigen hoch gerühmet wurde/ ohne daß ihnen bewust/ daß er selbst zugegen seye/ welches ihn dann dermassen erfreuet/ und sein Gemüt also alterirt/ daß die vorige Seuche gänzlich nachgelassen/ und er zur völligen Gesundheit gelanget; sein Knecht wurde für den Herrn/ der Herr für den Knecht respectirt/ mit seiner höchsten Vergnügung.

Nach selbigem kame er in Italien/ auf Venedig/ Bolognen/ Florenz und endlich den 10. Jenner in Italien. Anno 1591. in das verlangte Rom/ allwo er sich auch etliche Monat unbekandt hielt/ und in hochteutsch kleiden ließ/ und führte den Namen Heinrich von der Bracht/ vergaß anbey fast seiner selbst/ weil seine Gedanken gänzlich in die rare Werke/ so in Rom täglich zu sehen/ vertieffet waren/ daher er sich für einen scholar und discipel die bäste Contrafätet die antiche-Bilder zu Rom. und antiche-Bilder zu contrafäten angabe: Als selbiges die junge Zeichner/ so daselbst gegenwärtig waren/ ersehen/ haben sie viel eher gehoft/ von diesem Teutschen was lächerliches als lobwürdiges zu erwarten/ aber seine Prob beschämte sie also/ daß sie mit Freuden Gelegenheit gesucht/ in seine Freundschaft zu tretten. Eben zu selbiger Zeit ware eine große Theurung in ganz Italien/ und in Rom eine jämmerliche Noht/ wegen der hitzigen Seuche/ so in kurzer Zeit etlich tausend Personen aufgeriben/ daß alle Plätze und Straßen mit todten Cörpern bedecket lagen/ auch nächst des Orts/ wo Golzius seine Antiche contrafätete/ welche Gefahr ihme dannoch den Lust/ so er zu diesen Bildern trug/ nicht benahme; ungeachtet die todte Leiber einen üblen Geruch von sich ließen.

Zu End des Aprils folgenden Jahrs/ zoge er von Rom nach Neapel/ in Gesellschaft eines jungen Goldschmieds/ Johann Matthisen/ und Philipp Reißet ferner nach Neapel. von Wingen/ eines reichen Edelmanns von Brüssel/ diese drey hatten sich ganz verkleidet/ und schlechten Habit angethan/ wegen der Gefahr zu reisen/ da die Strassen mit Räubern und Mördern überlegt waren; dieser von Wingen ware ein großer Antiquarius, der indeß protocollirte/ was sich aller Orten zugetragen hatte/ als des Abraham Oertels Historien und Geschichtschreibers vertrautister Freund/ dieser wiese Golzio etliche Briefe/ des Innhalts/ daß Golzius in Italien sich aufhalte/ auch sein eignes Contrafät/ woraus Golzius wol zu erkennen war/ absonderlich bey der einen krummen Hand/ die er hatte/ doch kannte ihn der von Wingen nicht. Endlich sagte Johann Mathisen/ so in gleicher Gesellschaft ware/ dieser ist Golzius mit dem ihr redet/ worüber der von Wingen

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            <p>Da sich nun sein Ubel zu keiner Bäßerung schicken wolte/ entschloße er sich in <placeName ref="http://ta.sandrart.net/-place-352 http://www.getty.edu/vow/TGNFullDisplay?find=&amp;place=&amp;nation=&amp;subjectid=1000080">Italien</placeName> zu begeben/ um daselbst/ wo nicht eine Bäßerung des Leibes/ zum wenigsten die schöne Fürtreflichkeit der Kunst zu erlangen/ zu diesem Ende nahme er mit sich einen Knecht/ und zoge/ viele Discipel zu Haus hinterlassend/<cb/>
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            <p>Nach selbigem kame er in <placeName ref="http://ta.sandrart.net/-place-352 http://www.getty.edu/vow/TGNFullDisplay?find=&amp;place=&amp;nation=&amp;subjectid=1000080">Italien</placeName>/ auf <placeName ref="http://ta.sandrart.net/-place-1 http://www.geonames.org/3164603/ http://www.getty.edu/vow/TGNFullDisplay?find=&amp;place=&amp;nation=&amp;subjectid=7018159">Venedig</placeName>/ <placeName ref="http://ta.sandrart.net/-place-8 http://www.geonames.org/3181928/ http://www.getty.edu/vow/TGNFullDisplay?find=&amp;place=&amp;nation=&amp;subjectid=7004847">Bolognen</placeName>/ <placeName ref="http://ta.sandrart.net/-place-23 http://www.geonames.org/3176959/ http://www.getty.edu/vow/TGNFullDisplay?find=&amp;place=&amp;nation=&amp;subjectid=7000457">Florenz</placeName> und endlich den 10. Jenner <note place="right">in <placeName ref="http://ta.sandrart.net/-place-352 http://www.getty.edu/vow/TGNFullDisplay?find=&amp;place=&amp;nation=&amp;subjectid=1000080">Italien</placeName>.</note> <date when="1591">Anno 1591.</date> in das verlangte <placeName ref="http://ta.sandrart.net/-place-6 http://www.geonames.org/3169070/ http://www.getty.edu/vow/TGNFullDisplay?find=&amp;place=&amp;nation=&amp;subjectid=7000874">Rom</placeName>/ allwo er sich auch etliche Monat unbekandt hielt/ und in hochteutsch kleiden ließ/ und führte den Namen <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-1004 http://d-nb.info/gnd/118540610 http://www.getty.edu/vow/ULANFullDisplay?find=&amp;role=&amp;nation=&amp;subjectid=500023327 http://viaf.org/viaf/19737376">Heinrich von der Bracht</persName>/ vergaß anbey fast seiner selbst/ weil seine Gedanken gänzlich in die rare Werke/ so in <placeName ref="http://ta.sandrart.net/-place-6 http://www.geonames.org/3169070/ http://www.getty.edu/vow/TGNFullDisplay?find=&amp;place=&amp;nation=&amp;subjectid=7000874">Rom</placeName> täglich zu sehen/ vertieffet waren/ daher er sich für einen <hi rendition="#aq">scholar</hi> und <hi rendition="#aq">discipel</hi> die bäste <note place="right"><hi rendition="#aq">Contrafätet</hi> die <hi rendition="#aq">antiche</hi>-Bilder zu <placeName ref="http://ta.sandrart.net/-place-6 http://www.geonames.org/3169070/ http://www.getty.edu/vow/TGNFullDisplay?find=&amp;place=&amp;nation=&amp;subjectid=7000874">Rom</placeName>.</note> und <hi rendition="#aq">antiche</hi>-Bilder zu <hi rendition="#aq">contraf</hi>äten angabe: Als selbiges die junge Zeichner/ so daselbst gegenwärtig waren/ ersehen/ haben sie viel eher gehoft/ von diesem Teutschen was lächerliches als lobwürdiges zu erwarten/ aber seine Prob beschämte sie also/ daß sie mit Freuden Gelegenheit gesucht/ in seine Freundschaft zu tretten. Eben zu selbiger Zeit ware eine große Theurung in ganz <placeName ref="http://ta.sandrart.net/-place-352 http://www.getty.edu/vow/TGNFullDisplay?find=&amp;place=&amp;nation=&amp;subjectid=1000080">Italien</placeName>/ und in <placeName ref="http://ta.sandrart.net/-place-6 http://www.geonames.org/3169070/ http://www.getty.edu/vow/TGNFullDisplay?find=&amp;place=&amp;nation=&amp;subjectid=7000874">Rom</placeName> eine jämmerliche Noht/ wegen der hitzigen Seuche/ so in kurzer Zeit etlich tausend Personen aufgeriben/ daß alle Plätze und Straßen mit todten Cörpern bedecket lagen/ auch nächst des Orts/ wo <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-1004 http://d-nb.info/gnd/118540610 http://www.getty.edu/vow/ULANFullDisplay?find=&amp;role=&amp;nation=&amp;subjectid=500023327 http://viaf.org/viaf/19737376"><hi rendition="#aq">Golzius</hi></persName> seine <hi rendition="#aq">Antiche contraf</hi>ätete/ welche Gefahr ihme dannoch den Lust/ so er zu diesen Bildern trug/ nicht benahme; ungeachtet die todte Leiber einen üblen Geruch von sich ließen.</p>
            <p>Zu End des Aprils folgenden Jahrs/ zoge er von <placeName ref="http://ta.sandrart.net/-place-6 http://www.geonames.org/3169070/ http://www.getty.edu/vow/TGNFullDisplay?find=&amp;place=&amp;nation=&amp;subjectid=7000874">Rom</placeName> nach <placeName ref="http://ta.sandrart.net/-place-406 http://www.geonames.org/3172394/ http://www.getty.edu/vow/TGNFullDisplay?find=&amp;place=&amp;nation=&amp;subjectid=7004474">Neapel</placeName>/ in Gesellschaft eines jungen Goldschmieds/ <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-4152">Johann Matthisen</persName>/ und <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-2145 http://d-nb.info/gnd/119433079 http://viaf.org/viaf/3280490">Philipp</persName> <note place="right">Reißet ferner nach <placeName ref="http://ta.sandrart.net/-place-406 http://www.geonames.org/3172394/ http://www.getty.edu/vow/TGNFullDisplay?find=&amp;place=&amp;nation=&amp;subjectid=7004474">Neapel</placeName>.</note> <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-2145 http://d-nb.info/gnd/119433079 http://viaf.org/viaf/3280490">von Wingen</persName>/ eines reichen Edelmanns von <placeName ref="http://ta.sandrart.net/-place-46 http://www.geonames.org/2800866/ http://www.getty.edu/vow/TGNFullDisplay?find=&amp;place=&amp;nation=&amp;subjectid=7007868">Brüssel</placeName>/ diese drey hatten sich ganz verkleidet/ und schlechten Habit angethan/ wegen der Gefahr zu reisen/ da die Strassen mit Räubern und Mördern überlegt waren; dieser <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-2145 http://d-nb.info/gnd/119433079 http://viaf.org/viaf/3280490">von Wingen</persName> ware ein großer <hi rendition="#aq">Antiquarius,</hi> der indeß <hi rendition="#aq">protocolli</hi>rte/ was sich aller Orten zugetragen hatte/ als des <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-2146 http://d-nb.info/gnd/118736590 http://viaf.org/viaf/32104723">Abraham Oertels</persName> Historien und Geschichtschreibers vertrautister Freund/ dieser wiese <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-1004 http://d-nb.info/gnd/118540610 http://www.getty.edu/vow/ULANFullDisplay?find=&amp;role=&amp;nation=&amp;subjectid=500023327 http://viaf.org/viaf/19737376"><hi rendition="#aq">Golzio</hi></persName> etliche Briefe/ des Innhalts/ daß <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-1004 http://d-nb.info/gnd/118540610 http://www.getty.edu/vow/ULANFullDisplay?find=&amp;role=&amp;nation=&amp;subjectid=500023327 http://viaf.org/viaf/19737376"><hi rendition="#aq">Golzius</hi></persName> in <placeName ref="http://ta.sandrart.net/-place-352 http://www.getty.edu/vow/TGNFullDisplay?find=&amp;place=&amp;nation=&amp;subjectid=1000080">Italien</placeName> sich aufhalte/ auch sein eignes <hi rendition="#aq">Contraf</hi>ät/ woraus <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-1004 http://d-nb.info/gnd/118540610 http://www.getty.edu/vow/ULANFullDisplay?find=&amp;role=&amp;nation=&amp;subjectid=500023327 http://viaf.org/viaf/19737376"><hi rendition="#aq">Golzius</hi></persName> wol zu erkennen war/ absonderlich bey der einen krummen Hand/ die er hatte/ doch kannte ihn der <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-2145 http://d-nb.info/gnd/119433079 http://viaf.org/viaf/3280490">von Wingen</persName> nicht. Endlich sagte <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-4152">Johann Mathisen</persName>/ so in gleicher Gesellschaft ware/ dieser ist <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-1004 http://d-nb.info/gnd/118540610 http://www.getty.edu/vow/ULANFullDisplay?find=&amp;role=&amp;nation=&amp;subjectid=500023327 http://viaf.org/viaf/19737376"><hi rendition="#aq">Golzius</hi></persName> mit dem ihr redet/ worüber der <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-2145 http://d-nb.info/gnd/119433079 http://viaf.org/viaf/3280490">von Wingen</persName>
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[[II, Buch 3 (niederl. u. dt. Künstler), S. 282]/0088] zwey Jahr schon sich daselbst aufgehalten/ oder unter Spanischem Gebiet wären/ sich bey Lebens-Straf davon machen solten/ weil viele aus Niderland wegen der Religion oder Bilder-Stürmung flüchtig waren/ muste also unser Künstler/ weil ihm keine andere Gelegenheit aufstoßen wolte/ nach Haus ziehen/ und daselbst sechs ganzer Jahr verbleiben/ allwo ihme zwar viele liebkosende Syrenen unterschiedlich anreitzende Liedlein erdichtet/ weil aber bey selbigen Kriegs-Zeiten nicht viel daselbst zuthun ware/ verreißte er Anno 1573. nach Engelland/ und kame zu Londen an/ in dem Haus seines Landsmanns/ der ein Bildschneider/ Architect und großer Freund seines Lehrmeisters war/ und ihn ganz höflich empfieng. Als er nun etliche Stucke verkauft/ wurde er dardurch alsobald allenthalben kundbar und berühmt/ daß ihme unterschiedliche Contrafäte angedinget worden; daselbst verheurahtete er sich/ und wohnte ungefähr acht Jahr allda. Er machte ein Stuck mit Bildern in Lebens-Größe/ so die Vorsichtigkeit/ Weisheit und Stärke praesentirte/ die ihme ein junger Engelländischer Kaufmann/ genant Peter Hachten/ abhandlete/ und es Herrn Christoph Hatten/ Hoch-Canzlern in Engelland verehrte. Anno 1578. contrafätete er die Engelländische Königin und den Grafen von Oxfort/ samt vielen andern adelichen Manns- und Weibs-Personen/ in Lebens-Größe. Anno 1581. Reißte er wider nach Holland/ und machte sich wohnhaft zu Amsterdam/ hatte auch viel zu arbeiten. Endlich zoge er auf Venedig/ hielte sich daselbst ein Jahr auf/ und so viel ungefehr auch zu Rom/ wo er sich dergestalt perfectionirt/ daß man ihme den Gipfel der Vollkommenheit in der Kunst erreicht zu haben geglaubet/ starbe zimlich jung an einem hizigen Fieber/ da er den König in Dennemark Lebens-groß contrafäten muste. Reißet in Engelland/ und macht unterschiedliche Werke daselbst. HEnrich Golzius ware gebohren zu Mülbrecht in einem Dorf des Lands Gülch/ von furtreflichen Eltern Anno 1558. und kame nach Harlem kurtz nach dem großen Brand ungefähr nach S. Johannis Tag/ allwo ihn Leonhard nach seinem bästen Vermögen in der Kunst unterwiesen/ entzwischen sind seine Eltern von dar nacher Teutschland gezogen/ er aber bliebe daselbst/ und vermählte sich mit einer Wittfrauen/ die einen Sohn/ Namens Jacob Matthan, hatte/ den er das Kupferstechen gelehret/ und durch großen Fleiß zur Kunst gebracht; Als aber Golzius seine junge Jahre/ indem er erst das ein und zwanzigste erreicht/ und hingegen auch die Mühseligkeiten des Ehestands/ in den er getretten/ betrachtete/ faßte er selbigen so schwer zu Herzen/ daß ihn große Kümmernis überfiel/ und schier keinen gesunden Tag hatte/ sondern allstets das helle Blut durch den Mund drey ganzer Jahr von sich gab/ unerachtet von denen Medicis alle Mittel angewandt wurden. CIIX. Henrich Golzius/ Mahler/ Kupferstecher und Glaßmahler von Mülbrecht. Heuratet gar jung. Da sich nun sein Ubel zu keiner Bäßerung schicken wolte/ entschloße er sich in Italien zu begeben/ um daselbst/ wo nicht eine Bäßerung des Leibes/ zum wenigsten die schöne Fürtreflichkeit der Kunst zu erlangen/ zu diesem Ende nahme er mit sich einen Knecht/ und zoge/ viele Discipel zu Haus hinterlassend/ zu End des Octobris Anno 1590. von Amsterdam auf Hamburg/ bey unabläßlichem Ungewitter und Sturm/ gienge auch meistentheils zu Fuß/ biß daß er fast ganz Teutschland durchzogen/ und befande von Tag zu Tag eine Bäßerung wegen Veränderung der Luft und innerlichen Freude/ so er aus Besichtigung so schöner Landschaften und Vielfältigkeit der Nationen empfienge/ weil er bey denen Künstlern/ Mahlern und Kupferstechern/ sich unbekandt hielte/ und seinen Knecht den Meister spielen ließ/ worzwischen er sehr oft von denen Unverständigen in seinen Stucken stark getadelt/ und hingegen auch von denen Vernünftigen hoch gerühmet wurde/ ohne daß ihnen bewust/ daß er selbst zugegen seye/ welches ihn dann dermassen erfreuet/ und sein Gemüt also alterirt/ daß die vorige Seuche gänzlich nachgelassen/ und er zur völligen Gesundheit gelanget; sein Knecht wurde für den Herrn/ der Herr für den Knecht respectirt/ mit seiner höchsten Vergnügung. Reißt durch Teutschland Nach selbigem kame er in Italien/ auf Venedig/ Bolognen/ Florenz und endlich den 10. Jenner Anno 1591. in das verlangte Rom/ allwo er sich auch etliche Monat unbekandt hielt/ und in hochteutsch kleiden ließ/ und führte den Namen Heinrich von der Bracht/ vergaß anbey fast seiner selbst/ weil seine Gedanken gänzlich in die rare Werke/ so in Rom täglich zu sehen/ vertieffet waren/ daher er sich für einen scholar und discipel die bäste und antiche-Bilder zu contrafäten angabe: Als selbiges die junge Zeichner/ so daselbst gegenwärtig waren/ ersehen/ haben sie viel eher gehoft/ von diesem Teutschen was lächerliches als lobwürdiges zu erwarten/ aber seine Prob beschämte sie also/ daß sie mit Freuden Gelegenheit gesucht/ in seine Freundschaft zu tretten. Eben zu selbiger Zeit ware eine große Theurung in ganz Italien/ und in Rom eine jämmerliche Noht/ wegen der hitzigen Seuche/ so in kurzer Zeit etlich tausend Personen aufgeriben/ daß alle Plätze und Straßen mit todten Cörpern bedecket lagen/ auch nächst des Orts/ wo Golzius seine Antiche contrafätete/ welche Gefahr ihme dannoch den Lust/ so er zu diesen Bildern trug/ nicht benahme; ungeachtet die todte Leiber einen üblen Geruch von sich ließen. in Italien. Contrafätet die antiche-Bilder zu Rom. Zu End des Aprils folgenden Jahrs/ zoge er von Rom nach Neapel/ in Gesellschaft eines jungen Goldschmieds/ Johann Matthisen/ und Philipp von Wingen/ eines reichen Edelmanns von Brüssel/ diese drey hatten sich ganz verkleidet/ und schlechten Habit angethan/ wegen der Gefahr zu reisen/ da die Strassen mit Räubern und Mördern überlegt waren; dieser von Wingen ware ein großer Antiquarius, der indeß protocollirte/ was sich aller Orten zugetragen hatte/ als des Abraham Oertels Historien und Geschichtschreibers vertrautister Freund/ dieser wiese Golzio etliche Briefe/ des Innhalts/ daß Golzius in Italien sich aufhalte/ auch sein eignes Contrafät/ woraus Golzius wol zu erkennen war/ absonderlich bey der einen krummen Hand/ die er hatte/ doch kannte ihn der von Wingen nicht. Endlich sagte Johann Mathisen/ so in gleicher Gesellschaft ware/ dieser ist Golzius mit dem ihr redet/ worüber der von Wingen Reißet ferner nach Neapel.

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Zitationshilfe: Sandrart, Joachim von: L’Academia Todesca. della Architectura, Scultura & Pittura: Oder Teutsche Academie der Edlen Bau- Bild- und Mahlerey-Künste. Bd. 1,3. Nürnberg, 1675, S. [II, Buch 3 (niederl. u. dt. Künstler), S. 282]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sandrart_academie0103_1675/88>, abgerufen am 28.03.2024.