Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 3. Berlin, 1840.

Bild:
<< vorherige Seite
§. 136. Erklärung ohne Willen. Unabsichtliche. (Fortsetzung)
§. 136.
III. Willenserklärungen. -- Erklärung ohne Willen.
Unabsichtliche
. (Fortsetzung.)

Unter den Fällen des wesentlichen, also den Willen
ausschließenden Irrthums ist der erste und unzweifelhaf-
teste der, welcher die Natur des Rechtsverhältnisses be-
trifft. Wenn also Einer eine Sache zu leihen verspricht,
der Andere nimmt das Versprechen an, welches er von
einer Schenkung versteht, so entsteht keine Verbindlichkeit;
eben so, wenn Einer Geld schenken will, der Andere nimmt
es als Darlehen an, entsteht nicht die dem Darlehen ei-
genthümliche Verbindlichkeit (a).

Ein zweyter Fall des Irrthums, welcher eben so all-
gemein für wesentlich gehalten werden muß, ist der wel-
cher die in dem Rechtsverhältniß uns gegenüber stehende
Person betrifft. In manchen Anwendungen ist dieses nie-
mals bezweifelt worden. So wenn ein Testator einen
Erben schriftlich ernennt, während er erweislich eine an-
dere Person in Gedanken hat, die er mit jenem ernann-
ten Erben verwechselt; hier ist die Erbeinsetzung für Kei-
nen von Beiden gültig (b). Noch leichter läßt sich dieses

(a) L. 3 § 1 de O. et A. (44.
7.). ".. non obligabor ei, quia
non hoc inter nos actum est."
L. 9 pr. de contr. emt. (18. 1.).
".. sive in ipsa emtione dis-
sentient .. emtio imperfecta
est"
.. -- Die besondere Anwen-
dung dieses Satzes auf die Schen-
kung wird unten dargestellt wer-
den (§ 161).
(b) L. 9 pr. de her. inst. (28.
5.). "Quotiens volens alium
heredem scribere, alium scrip-
serit, in corpore hominis er-
rans"
...
§. 136. Erklärung ohne Willen. Unabſichtliche. (Fortſetzung)
§. 136.
III. Willenserklärungen. — Erklärung ohne Willen.
Unabſichtliche
. (Fortſetzung.)

Unter den Fällen des weſentlichen, alſo den Willen
ausſchließenden Irrthums iſt der erſte und unzweifelhaf-
teſte der, welcher die Natur des Rechtsverhältniſſes be-
trifft. Wenn alſo Einer eine Sache zu leihen verſpricht,
der Andere nimmt das Verſprechen an, welches er von
einer Schenkung verſteht, ſo entſteht keine Verbindlichkeit;
eben ſo, wenn Einer Geld ſchenken will, der Andere nimmt
es als Darlehen an, entſteht nicht die dem Darlehen ei-
genthümliche Verbindlichkeit (a).

Ein zweyter Fall des Irrthums, welcher eben ſo all-
gemein für weſentlich gehalten werden muß, iſt der wel-
cher die in dem Rechtsverhältniß uns gegenüber ſtehende
Perſon betrifft. In manchen Anwendungen iſt dieſes nie-
mals bezweifelt worden. So wenn ein Teſtator einen
Erben ſchriftlich ernennt, während er erweislich eine an-
dere Perſon in Gedanken hat, die er mit jenem ernann-
ten Erben verwechſelt; hier iſt die Erbeinſetzung für Kei-
nen von Beiden gültig (b). Noch leichter läßt ſich dieſes

(a) L. 3 § 1 de O. et A. (44.
7.). „.. non obligabor ei, quia
non hoc inter nos actum est.”
L. 9 pr. de contr. emt. (18. 1.).
„.. sive in ipsa emtione dis-
sentient .. emtio imperfecta
est”
.. — Die beſondere Anwen-
dung dieſes Satzes auf die Schen-
kung wird unten dargeſtellt wer-
den (§ 161).
(b) L. 9 pr. de her. inst. (28.
5.). „Quotiens volens alium
heredem scribere, alium scrip-
serit, in corpore hominis er-
rans”
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0281" n="269"/>
          <fw place="top" type="header">§. 136. Erklärung ohne Willen. Unab&#x017F;ichtliche. (Fort&#x017F;etzung)</fw><lb/>
          <div n="3">
            <head>§. 136.<lb/><hi rendition="#aq">III.</hi> <hi rendition="#g">Willenserklärungen. &#x2014; Erklärung ohne Willen.<lb/>
Unab&#x017F;ichtliche</hi>. (Fort&#x017F;etzung.)</head><lb/>
            <p>Unter den Fällen des we&#x017F;entlichen, al&#x017F;o den Willen<lb/>
aus&#x017F;chließenden Irrthums i&#x017F;t der er&#x017F;te und unzweifelhaf-<lb/>
te&#x017F;te der, welcher die Natur des Rechtsverhältni&#x017F;&#x017F;es be-<lb/>
trifft. Wenn al&#x017F;o Einer eine Sache zu leihen ver&#x017F;pricht,<lb/>
der Andere nimmt das Ver&#x017F;prechen an, welches er von<lb/>
einer Schenkung ver&#x017F;teht, &#x017F;o ent&#x017F;teht keine Verbindlichkeit;<lb/>
eben &#x017F;o, wenn Einer Geld &#x017F;chenken will, der Andere nimmt<lb/>
es als Darlehen an, ent&#x017F;teht nicht die dem Darlehen ei-<lb/>
genthümliche Verbindlichkeit <note place="foot" n="(a)"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">L.</hi> 3 § 1 <hi rendition="#i">de O. et A.</hi> (44.<lb/>
7.). &#x201E;.. non obligabor ei, quia<lb/>
non hoc inter nos actum est.&#x201D;<lb/><hi rendition="#i">L.</hi> 9 <hi rendition="#i">pr. de contr. emt.</hi> (18. 1.).<lb/>
&#x201E;.. sive in ipsa emtione dis-<lb/>
sentient .. emtio imperfecta<lb/>
est&#x201D;</hi> .. &#x2014; Die be&#x017F;ondere Anwen-<lb/>
dung die&#x017F;es Satzes auf die Schen-<lb/>
kung wird unten darge&#x017F;tellt wer-<lb/>
den (§ 161).</note>.</p><lb/>
            <p>Ein zweyter Fall des Irrthums, welcher eben &#x017F;o all-<lb/>
gemein für we&#x017F;entlich gehalten werden muß, i&#x017F;t der wel-<lb/>
cher die in dem Rechtsverhältniß uns gegenüber &#x017F;tehende<lb/>
Per&#x017F;on betrifft. In manchen Anwendungen i&#x017F;t die&#x017F;es nie-<lb/>
mals bezweifelt worden. So wenn ein Te&#x017F;tator einen<lb/>
Erben &#x017F;chriftlich ernennt, während er erweislich eine an-<lb/>
dere Per&#x017F;on in Gedanken hat, die er mit jenem ernann-<lb/>
ten Erben verwech&#x017F;elt; hier i&#x017F;t die Erbein&#x017F;etzung für Kei-<lb/>
nen von Beiden gültig <note place="foot" n="(b)"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">L.</hi> 9 <hi rendition="#i">pr. de her. inst.</hi> (28.<lb/>
5.). &#x201E;Quotiens volens alium<lb/>
heredem scribere, alium scrip-<lb/>
serit, in corpore hominis er-<lb/>
rans&#x201D;</hi> &#x2026;</note>. Noch leichter läßt &#x017F;ich die&#x017F;es<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[269/0281] §. 136. Erklärung ohne Willen. Unabſichtliche. (Fortſetzung) §. 136. III. Willenserklärungen. — Erklärung ohne Willen. Unabſichtliche. (Fortſetzung.) Unter den Fällen des weſentlichen, alſo den Willen ausſchließenden Irrthums iſt der erſte und unzweifelhaf- teſte der, welcher die Natur des Rechtsverhältniſſes be- trifft. Wenn alſo Einer eine Sache zu leihen verſpricht, der Andere nimmt das Verſprechen an, welches er von einer Schenkung verſteht, ſo entſteht keine Verbindlichkeit; eben ſo, wenn Einer Geld ſchenken will, der Andere nimmt es als Darlehen an, entſteht nicht die dem Darlehen ei- genthümliche Verbindlichkeit (a). Ein zweyter Fall des Irrthums, welcher eben ſo all- gemein für weſentlich gehalten werden muß, iſt der wel- cher die in dem Rechtsverhältniß uns gegenüber ſtehende Perſon betrifft. In manchen Anwendungen iſt dieſes nie- mals bezweifelt worden. So wenn ein Teſtator einen Erben ſchriftlich ernennt, während er erweislich eine an- dere Perſon in Gedanken hat, die er mit jenem ernann- ten Erben verwechſelt; hier iſt die Erbeinſetzung für Kei- nen von Beiden gültig (b). Noch leichter läßt ſich dieſes (a) L. 3 § 1 de O. et A. (44. 7.). „.. non obligabor ei, quia non hoc inter nos actum est.” L. 9 pr. de contr. emt. (18. 1.). „.. sive in ipsa emtione dis- sentient .. emtio imperfecta est” .. — Die beſondere Anwen- dung dieſes Satzes auf die Schen- kung wird unten dargeſtellt wer- den (§ 161). (b) L. 9 pr. de her. inst. (28. 5.). „Quotiens volens alium heredem scribere, alium scrip- serit, in corpore hominis er- rans” …

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system03_1840
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system03_1840/281
Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 3. Berlin, 1840, S. 269. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system03_1840/281>, abgerufen am 28.03.2024.