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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 5. Berlin, 1841.

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§. 204. Einleitung.
allgemeinen und eines besonderen Actionenrechts. So zum
Beyspiel ist die hypothecaria actio die besondere Gestalt,
worin das Pfandrecht in Folge einer Verletzung erscheint,
und es gehört dazu namentlich eine sehr eigenthümlich be-
stimmte Klagverjährung; es ist aber nicht möglich, diese
besondere Lehre zu verstehen, wenn nicht die allgemeine
Natur der Klage und der Klagverjährung zuvor erkannt
worden ist. Das, was ich hier als das besondere Actio-
nenrecht bezeichnet habe, kann nur stückweise, in Verbindung
mit den einzelnen Rechtsinstituten worauf es sich jedesmal
bezieht, zweckmäßig mitgetheilt werden; die Darstellung des
allgemeinen Actionenrechts ist die Aufgabe des gegenwär-
tigen Kapitels.

Manche haben die Klagenrechte als eine selbstständige
Klasse von Rechten, auf gleicher Linie stehend mit den
Rechten der Familie, dem Eigenthum u. s. w., ansehen
wollen, und es muß hier an den Widerspruch erinnert
werden, der schon oben (§ 59) gegen diese Auffassung er-
hoben worden ist. Es gehören vielmehr diese Rechte nur
zu dem Entwicklungsprozeß oder der Metamorphose, die
in jedem selbstständigen Rechte eintreten kann, und sie ste-
hen daher auf gleicher Linie mit der Entstehung und dem
Untergang der Rechte, welche gleichfalls nur als einzelne
Momente in dem Lebensprozeß der Rechte, nicht als Rechte
für sich, aufgefaßt werden dürfen.

Die Veränderungen der Rechte, welche nunmehr dar-
gestellt werden sollen, zerfallen in zwey Klassen.


1*

§. 204. Einleitung.
allgemeinen und eines beſonderen Actionenrechts. So zum
Beyſpiel iſt die hypothecaria actio die beſondere Geſtalt,
worin das Pfandrecht in Folge einer Verletzung erſcheint,
und es gehört dazu namentlich eine ſehr eigenthümlich be-
ſtimmte Klagverjährung; es iſt aber nicht möglich, dieſe
beſondere Lehre zu verſtehen, wenn nicht die allgemeine
Natur der Klage und der Klagverjährung zuvor erkannt
worden iſt. Das, was ich hier als das beſondere Actio-
nenrecht bezeichnet habe, kann nur ſtückweiſe, in Verbindung
mit den einzelnen Rechtsinſtituten worauf es ſich jedesmal
bezieht, zweckmäßig mitgetheilt werden; die Darſtellung des
allgemeinen Actionenrechts iſt die Aufgabe des gegenwär-
tigen Kapitels.

Manche haben die Klagenrechte als eine ſelbſtſtändige
Klaſſe von Rechten, auf gleicher Linie ſtehend mit den
Rechten der Familie, dem Eigenthum u. ſ. w., anſehen
wollen, und es muß hier an den Widerſpruch erinnert
werden, der ſchon oben (§ 59) gegen dieſe Auffaſſung er-
hoben worden iſt. Es gehören vielmehr dieſe Rechte nur
zu dem Entwicklungsprozeß oder der Metamorphoſe, die
in jedem ſelbſtſtändigen Rechte eintreten kann, und ſie ſte-
hen daher auf gleicher Linie mit der Entſtehung und dem
Untergang der Rechte, welche gleichfalls nur als einzelne
Momente in dem Lebensprozeß der Rechte, nicht als Rechte
für ſich, aufgefaßt werden dürfen.

Die Veränderungen der Rechte, welche nunmehr dar-
geſtellt werden ſollen, zerfallen in zwey Klaſſen.


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[3/0017] §. 204. Einleitung. allgemeinen und eines beſonderen Actionenrechts. So zum Beyſpiel iſt die hypothecaria actio die beſondere Geſtalt, worin das Pfandrecht in Folge einer Verletzung erſcheint, und es gehört dazu namentlich eine ſehr eigenthümlich be- ſtimmte Klagverjährung; es iſt aber nicht möglich, dieſe beſondere Lehre zu verſtehen, wenn nicht die allgemeine Natur der Klage und der Klagverjährung zuvor erkannt worden iſt. Das, was ich hier als das beſondere Actio- nenrecht bezeichnet habe, kann nur ſtückweiſe, in Verbindung mit den einzelnen Rechtsinſtituten worauf es ſich jedesmal bezieht, zweckmäßig mitgetheilt werden; die Darſtellung des allgemeinen Actionenrechts iſt die Aufgabe des gegenwär- tigen Kapitels. Manche haben die Klagenrechte als eine ſelbſtſtändige Klaſſe von Rechten, auf gleicher Linie ſtehend mit den Rechten der Familie, dem Eigenthum u. ſ. w., anſehen wollen, und es muß hier an den Widerſpruch erinnert werden, der ſchon oben (§ 59) gegen dieſe Auffaſſung er- hoben worden iſt. Es gehören vielmehr dieſe Rechte nur zu dem Entwicklungsprozeß oder der Metamorphoſe, die in jedem ſelbſtſtändigen Rechte eintreten kann, und ſie ſte- hen daher auf gleicher Linie mit der Entſtehung und dem Untergang der Rechte, welche gleichfalls nur als einzelne Momente in dem Lebensprozeß der Rechte, nicht als Rechte für ſich, aufgefaßt werden dürfen. Die Veränderungen der Rechte, welche nunmehr dar- geſtellt werden ſollen, zerfallen in zwey Klaſſen. 1*

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Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 5. Berlin, 1841, S. 3. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system05_1841/17>, abgerufen am 29.03.2024.