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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 5. Berlin, 1841.

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Buch II. Rechtsverhältnisse. Kap. IV. Verletzung.
geht dahin, daß bey der ersten Klasse von Klagen schon
vor der Verletzung die Person des allein möglichen Ver-
letzers und Beklagten, nämlich des Schuldners, bestimmt
und bekannt ist, anstatt daß bey den Klagen in rem ur-
sprünglich jeder Mensch der Verletzung, die eine solche
Klage veranlassen kann, fähig ist, so daß diese Unbestimmt-
heit in der Person des Beklagten erst durch die wirklich
eingetretene Verletzung aufgehoben wird. Auch in ande-
ren Anwendungen, als bey den Klagen, werden die Aus-
drücke in personam und in rem gebraucht, um die Rich-
tung eines Rechtsgeschäfts oder einer Rede auf eine be-
stimmte Person auszudrücken oder zu verneinen (a).

Allein das Zusammentreffen dieses Gegensatzes mit dem
der beiden Arten von Klagen ist keinesweges allgemein,
und es darf davon nur mit Vorsicht Anwendung gemacht
werden. So giebt es auf der einen Seite mehrere per-
sönliche Klagen, die dennoch gegen einen unbestimmten
Gegner, namentlich gegen jeden Besitzer einer Sache, ge-

(a) Pactum in rem. L. 7 § 8
L. 57 § 1 de pactis (2. 14.). --
Nunciatio in rem fit. L. 10 de
O. n. n.
(39. 1.). -- Praetor in
rem loquitur, edictum in rem
scriptum est. L. 9 § 1 quod
metus
(4. 2), L. 5 § 3 quibus
ex causis
(42. 4.). Der Aus-
druck in rem bezeichnet also das
Unpersönliche. -- So kann man
auch von einer intentio in rem
oder in personam concepta spre-
chen, je nachdem darin die Person
des Gegners ausgedrückt ist oder
nicht; man muß dann sagen, jede
in rem actio habe eine in rem
concepta intentio,
aber eine in
personam actio
könne nach Um-
ständen bald in personam, bald
in rem concepta intentio haben.
Jedoch gilt Dieses nur von den
prätorischen Klagen. L. 1 § 3
de interd. (43. 1), L. 5 § 13
quod vi
(43. 24.). Bey den Ci-
vilklagen war die Natur der Klage
stets aus der Fassung der Formel
unmittelbar zu erkennen. Vgl. un-
ten § 216. w.

Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. IV. Verletzung.
geht dahin, daß bey der erſten Klaſſe von Klagen ſchon
vor der Verletzung die Perſon des allein möglichen Ver-
letzers und Beklagten, nämlich des Schuldners, beſtimmt
und bekannt iſt, anſtatt daß bey den Klagen in rem ur-
ſprünglich jeder Menſch der Verletzung, die eine ſolche
Klage veranlaſſen kann, fähig iſt, ſo daß dieſe Unbeſtimmt-
heit in der Perſon des Beklagten erſt durch die wirklich
eingetretene Verletzung aufgehoben wird. Auch in ande-
ren Anwendungen, als bey den Klagen, werden die Aus-
drücke in personam und in rem gebraucht, um die Rich-
tung eines Rechtsgeſchäfts oder einer Rede auf eine be-
ſtimmte Perſon auszudrücken oder zu verneinen (a).

Allein das Zuſammentreffen dieſes Gegenſatzes mit dem
der beiden Arten von Klagen iſt keinesweges allgemein,
und es darf davon nur mit Vorſicht Anwendung gemacht
werden. So giebt es auf der einen Seite mehrere per-
ſönliche Klagen, die dennoch gegen einen unbeſtimmten
Gegner, namentlich gegen jeden Beſitzer einer Sache, ge-

(a) Pactum in rem. L. 7 § 8
L. 57 § 1 de pactis (2. 14.). —
Nunciatio in rem fit. L. 10 de
O. n. n.
(39. 1.). — Praetor in
rem loquitur, edictum in rem
scriptum est. L. 9 § 1 quod
metus
(4. 2), L. 5 § 3 quibus
ex causis
(42. 4.). Der Aus-
druck in rem bezeichnet alſo das
Unperſönliche. — So kann man
auch von einer intentio in rem
oder in personam concepta ſpre-
chen, je nachdem darin die Perſon
des Gegners ausgedrückt iſt oder
nicht; man muß dann ſagen, jede
in rem actio habe eine in rem
concepta intentio,
aber eine in
personam actio
könne nach Um-
ſtänden bald in personam, bald
in rem concepta intentio haben.
Jedoch gilt Dieſes nur von den
prätoriſchen Klagen. L. 1 § 3
de interd. (43. 1), L. 5 § 13
quod vi
(43. 24.). Bey den Ci-
vilklagen war die Natur der Klage
ſtets aus der Faſſung der Formel
unmittelbar zu erkennen. Vgl. un-
ten § 216. w.
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[24/0038] Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. IV. Verletzung. geht dahin, daß bey der erſten Klaſſe von Klagen ſchon vor der Verletzung die Perſon des allein möglichen Ver- letzers und Beklagten, nämlich des Schuldners, beſtimmt und bekannt iſt, anſtatt daß bey den Klagen in rem ur- ſprünglich jeder Menſch der Verletzung, die eine ſolche Klage veranlaſſen kann, fähig iſt, ſo daß dieſe Unbeſtimmt- heit in der Perſon des Beklagten erſt durch die wirklich eingetretene Verletzung aufgehoben wird. Auch in ande- ren Anwendungen, als bey den Klagen, werden die Aus- drücke in personam und in rem gebraucht, um die Rich- tung eines Rechtsgeſchäfts oder einer Rede auf eine be- ſtimmte Perſon auszudrücken oder zu verneinen (a). Allein das Zuſammentreffen dieſes Gegenſatzes mit dem der beiden Arten von Klagen iſt keinesweges allgemein, und es darf davon nur mit Vorſicht Anwendung gemacht werden. So giebt es auf der einen Seite mehrere per- ſönliche Klagen, die dennoch gegen einen unbeſtimmten Gegner, namentlich gegen jeden Beſitzer einer Sache, ge- (a) Pactum in rem. L. 7 § 8 L. 57 § 1 de pactis (2. 14.). — Nunciatio in rem fit. L. 10 de O. n. n. (39. 1.). — Praetor in rem loquitur, edictum in rem scriptum est. L. 9 § 1 quod metus (4. 2), L. 5 § 3 quibus ex causis (42. 4.). Der Aus- druck in rem bezeichnet alſo das Unperſönliche. — So kann man auch von einer intentio in rem oder in personam concepta ſpre- chen, je nachdem darin die Perſon des Gegners ausgedrückt iſt oder nicht; man muß dann ſagen, jede in rem actio habe eine in rem concepta intentio, aber eine in personam actio könne nach Um- ſtänden bald in personam, bald in rem concepta intentio haben. Jedoch gilt Dieſes nur von den prätoriſchen Klagen. L. 1 § 3 de interd. (43. 1), L. 5 § 13 quod vi (43. 24.). Bey den Ci- vilklagen war die Natur der Klage ſtets aus der Faſſung der Formel unmittelbar zu erkennen. Vgl. un- ten § 216. w.

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Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 5. Berlin, 1841, S. 24. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system05_1841/38>, abgerufen am 28.03.2024.