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Schaumann, Johann Christian Gottlieb: Psyche oder Unterhaltungen über die Seele. Bd. 1. Halle, 1791.

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1.
Regel des Bewußtseyns und der Klarheit
desselben überhaupt.

Nur in dem Zustande, wo der Mensch der
Vorstellungen fähig ist, findet das Bewußt-
seyn statt. Je fähiger der Mensch zu Vor-
stellungen überhaupt ist, und je leichter er
dieselben fassen und von einander sondern
kann, desto klarer ist sein Bewußtseyn über-
haupt.

Denn nur dann ist das Bewußtseyn möglich,
wenn die Seele wirksam ist, und ihr Wirken
wahrnimmt. Nun kann nur in jenem Zustande
des Menschen, den ich in der Regel nannte, die
Seele wirksam seyn, mithin findet auch in diesem
nur das Bewußtseyn statt.*)

Daher fehlt im Schlaf und Ohnmacht, bey
betäubendem Schmerz, Tod, das Bewußtseyn
ganz.

Daher verliert es sich, wenn wir irgend et-
was sehn oder hören, oder überhaupt wahrneh-
men, welches auf unsre Seele so viele oder große,
oder neue Eindrücke macht, daß sie dieselben nicht
sogleich und auf einmal unter Vorstellungen brin-

gen
*) Eben so wird auch der Beweis für den Grad der
Klarheit das Bewußtseyn überhaupt geführt.
1.
Regel des Bewußtſeyns und der Klarheit
deſſelben uͤberhaupt.

Nur in dem Zuſtande, wo der Menſch der
Vorſtellungen faͤhig iſt, findet das Bewußt-
ſeyn ſtatt. Je faͤhiger der Menſch zu Vor-
ſtellungen uͤberhaupt iſt, und je leichter er
dieſelben faſſen und von einander ſondern
kann, deſto klarer iſt ſein Bewußtſeyn uͤber-
haupt.

Denn nur dann iſt das Bewußtſeyn moͤglich,
wenn die Seele wirkſam iſt, und ihr Wirken
wahrnimmt. Nun kann nur in jenem Zuſtande
des Menſchen, den ich in der Regel nannte, die
Seele wirkſam ſeyn, mithin findet auch in dieſem
nur das Bewußtſeyn ſtatt.*)

Daher fehlt im Schlaf und Ohnmacht, bey
betaͤubendem Schmerz, Tod, das Bewußtſeyn
ganz.

Daher verliert es ſich, wenn wir irgend et-
was ſehn oder hoͤren, oder uͤberhaupt wahrneh-
men, welches auf unſre Seele ſo viele oder große,
oder neue Eindruͤcke macht, daß ſie dieſelben nicht
ſogleich und auf einmal unter Vorſtellungen brin-

gen
*) Eben ſo wird auch der Beweis fuͤr den Grad der
Klarheit das Bewußtſeyn uͤberhaupt gefuͤhrt.
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[22/0046] 1. Regel des Bewußtſeyns und der Klarheit deſſelben uͤberhaupt. Nur in dem Zuſtande, wo der Menſch der Vorſtellungen faͤhig iſt, findet das Bewußt- ſeyn ſtatt. Je faͤhiger der Menſch zu Vor- ſtellungen uͤberhaupt iſt, und je leichter er dieſelben faſſen und von einander ſondern kann, deſto klarer iſt ſein Bewußtſeyn uͤber- haupt. Denn nur dann iſt das Bewußtſeyn moͤglich, wenn die Seele wirkſam iſt, und ihr Wirken wahrnimmt. Nun kann nur in jenem Zuſtande des Menſchen, den ich in der Regel nannte, die Seele wirkſam ſeyn, mithin findet auch in dieſem nur das Bewußtſeyn ſtatt. *) Daher fehlt im Schlaf und Ohnmacht, bey betaͤubendem Schmerz, Tod, das Bewußtſeyn ganz. Daher verliert es ſich, wenn wir irgend et- was ſehn oder hoͤren, oder uͤberhaupt wahrneh- men, welches auf unſre Seele ſo viele oder große, oder neue Eindruͤcke macht, daß ſie dieſelben nicht ſogleich und auf einmal unter Vorſtellungen brin- gen *) Eben ſo wird auch der Beweis fuͤr den Grad der Klarheit das Bewußtſeyn uͤberhaupt gefuͤhrt.

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Zitationshilfe: Schaumann, Johann Christian Gottlieb: Psyche oder Unterhaltungen über die Seele. Bd. 1. Halle, 1791, S. 22. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schaumann_psyche01_1791/46>, abgerufen am 28.03.2024.