Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schaumann, Johann Christian Gottlieb: Psyche oder Unterhaltungen über die Seele. Bd. 2. Halle, 1791.

Bild:
<< vorherige Seite
hen. Aber jedermann wisse, daß dies nicht ge-
schähe.
2) Es müßte die ausgebreitetste Achtung (l'esti-
me, qui nous seroit accordee par le plus grand
nombre d'hommes
) die schmeichelhafteste seyn. --
Aber setzt, daß die Planeten bewohnt wären, und
ihre Bewohner mit denen der Erde in Verbindung
ständen; so würde doch ein jeder die Achtung seiner
Nation derjenigen der Planetenbürger vorziehen.
3) Man müßte sich in diesem Fall aus Ehren-
stellen nichts machen, wenn man an ihrer guten
Verwaltung
durch irgend etwas gehindert würde;
allein selbst zu den Zeiten, wo Jntrigue, Cabale
u. s. w. verhindern, in Ehrenämtern durch gute
Verwaltung sich Ruhm zu erwerben, würden sie
gesucht.
4) Man müßte sich nicht sowohl um die Werth-
schätzung solcher, die äußre Vortheile gewähren
können, z. B. Fürsten, sondern um die Achtung de-
rer bewerben, welche uns von unserm Werth überzeu-
gen könnten, und es müßten in Zeiten wo Ehre nicht
mit äußern Vortheilen verknüpft ist, so viele große
Männer seyn, als sonst. --
Jch antworte:
1) Nicht jedermann zieht den Ruhm der Waffen,
dem der Gelehrsamkeit vor, sondern vielleicht ist die
Anzahl derer, welche diesen suchen, der, welche je-
nen suchen, überlegen. -- Und wenn dies auch
nicht wäre; so läge der Grund davon in der Mey-
nung der Menschen von dem, was sie am meisten
ehrt, und da ist freylich die Menge derer, welche
äußern
hen. Aber jedermann wiſſe, daß dies nicht ge-
ſchaͤhe.
2) Es muͤßte die ausgebreitetſte Achtung (l'eſti-
me, qui nous ſeroit accordée par le plus grand
nombre d'hommes
) die ſchmeichelhafteſte ſeyn. —
Aber ſetzt, daß die Planeten bewohnt waͤren, und
ihre Bewohner mit denen der Erde in Verbindung
ſtaͤnden; ſo wuͤrde doch ein jeder die Achtung ſeiner
Nation derjenigen der Planetenbuͤrger vorziehen.
3) Man muͤßte ſich in dieſem Fall aus Ehren-
ſtellen nichts machen, wenn man an ihrer guten
Verwaltung
durch irgend etwas gehindert wuͤrde;
allein ſelbſt zu den Zeiten, wo Jntrigue, Cabale
u. ſ. w. verhindern, in Ehrenaͤmtern durch gute
Verwaltung ſich Ruhm zu erwerben, wuͤrden ſie
geſucht.
4) Man muͤßte ſich nicht ſowohl um die Werth-
ſchaͤtzung ſolcher, die aͤußre Vortheile gewaͤhren
koͤnnen, z. B. Fuͤrſten, ſondern um die Achtung de-
rer bewerben, welche uns von unſerm Werth uͤberzeu-
gen koͤnnten, und es muͤßten in Zeiten wo Ehre nicht
mit aͤußern Vortheilen verknuͤpft iſt, ſo viele große
Maͤnner ſeyn, als ſonſt. —
Jch antworte:
1) Nicht jedermann zieht den Ruhm der Waffen,
dem der Gelehrſamkeit vor, ſondern vielleicht iſt die
Anzahl derer, welche dieſen ſuchen, der, welche je-
nen ſuchen, uͤberlegen. — Und wenn dies auch
nicht waͤre; ſo laͤge der Grund davon in der Mey-
nung der Menſchen von dem, was ſie am meiſten
ehrt, und da iſt freylich die Menge derer, welche
aͤußern
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0115" n="399"/>
        <note next="#seg2pn_10_3" xml:id="seg2pn_10_2" prev="#seg2pn_10_1" place="foot" n="*)">
          <p>hen. Aber jedermann wi&#x017F;&#x017F;e, daß dies nicht ge-<lb/>
&#x017F;cha&#x0364;he.</p><lb/>
          <p>2) Es mu&#x0364;ßte die <hi rendition="#fr">ausgebreitet&#x017F;te</hi> Achtung (<hi rendition="#aq">l'e&#x017F;ti-<lb/>
me, qui nous &#x017F;eroit accordée par le plus grand<lb/>
nombre d'hommes</hi>) die &#x017F;chmeichelhafte&#x017F;te &#x017F;eyn. &#x2014;<lb/>
Aber &#x017F;etzt, daß die Planeten bewohnt wa&#x0364;ren, und<lb/>
ihre Bewohner mit denen der Erde in Verbindung<lb/>
&#x017F;ta&#x0364;nden; &#x017F;o wu&#x0364;rde doch ein jeder die Achtung &#x017F;einer<lb/>
Nation derjenigen der Planetenbu&#x0364;rger vorziehen.</p><lb/>
          <p>3) Man mu&#x0364;ßte &#x017F;ich in die&#x017F;em Fall aus Ehren-<lb/>
&#x017F;tellen nichts machen, wenn man an ihrer <hi rendition="#fr">guten<lb/>
Verwaltung</hi> durch irgend etwas <hi rendition="#fr">gehindert</hi> wu&#x0364;rde;<lb/>
allein &#x017F;elb&#x017F;t zu den Zeiten, wo Jntrigue, Cabale<lb/>
u. &#x017F;. w. verhindern, in Ehrena&#x0364;mtern durch gute<lb/>
Verwaltung &#x017F;ich Ruhm zu erwerben, wu&#x0364;rden &#x017F;ie<lb/>
ge&#x017F;ucht.</p><lb/>
          <p>4) Man mu&#x0364;ßte &#x017F;ich nicht &#x017F;owohl um die Werth-<lb/>
&#x017F;cha&#x0364;tzung &#x017F;olcher, die <hi rendition="#fr">a&#x0364;ußre Vortheile gewa&#x0364;hren</hi><lb/>
ko&#x0364;nnen, z. B. Fu&#x0364;r&#x017F;ten, &#x017F;ondern um die Achtung de-<lb/>
rer bewerben, welche uns von un&#x017F;erm Werth u&#x0364;berzeu-<lb/>
gen ko&#x0364;nnten, und es mu&#x0364;ßten in Zeiten wo Ehre nicht<lb/>
mit a&#x0364;ußern Vortheilen verknu&#x0364;pft i&#x017F;t, &#x017F;o viele große<lb/>
Ma&#x0364;nner &#x017F;eyn, als &#x017F;on&#x017F;t. &#x2014;</p><lb/>
          <p>Jch antworte:</p><lb/>
          <p>1) Nicht jedermann zieht den Ruhm der Waffen,<lb/>
dem der Gelehr&#x017F;amkeit vor, &#x017F;ondern vielleicht i&#x017F;t die<lb/>
Anzahl derer, welche die&#x017F;en &#x017F;uchen, der, welche je-<lb/>
nen &#x017F;uchen, u&#x0364;berlegen. &#x2014; Und wenn dies auch<lb/>
nicht wa&#x0364;re; &#x017F;o la&#x0364;ge der Grund davon in der Mey-<lb/>
nung der Men&#x017F;chen von dem, was &#x017F;ie am mei&#x017F;ten<lb/>
ehrt, und da i&#x017F;t freylich die Menge derer, welche</p><lb/>
          <fw place="bottom" type="catch">a&#x0364;ußern</fw>
        </note>
      </div><lb/>
    </body>
  </text>
</TEI>
[399/0115] *) *) hen. Aber jedermann wiſſe, daß dies nicht ge- ſchaͤhe. 2) Es muͤßte die ausgebreitetſte Achtung (l'eſti- me, qui nous ſeroit accordée par le plus grand nombre d'hommes) die ſchmeichelhafteſte ſeyn. — Aber ſetzt, daß die Planeten bewohnt waͤren, und ihre Bewohner mit denen der Erde in Verbindung ſtaͤnden; ſo wuͤrde doch ein jeder die Achtung ſeiner Nation derjenigen der Planetenbuͤrger vorziehen. 3) Man muͤßte ſich in dieſem Fall aus Ehren- ſtellen nichts machen, wenn man an ihrer guten Verwaltung durch irgend etwas gehindert wuͤrde; allein ſelbſt zu den Zeiten, wo Jntrigue, Cabale u. ſ. w. verhindern, in Ehrenaͤmtern durch gute Verwaltung ſich Ruhm zu erwerben, wuͤrden ſie geſucht. 4) Man muͤßte ſich nicht ſowohl um die Werth- ſchaͤtzung ſolcher, die aͤußre Vortheile gewaͤhren koͤnnen, z. B. Fuͤrſten, ſondern um die Achtung de- rer bewerben, welche uns von unſerm Werth uͤberzeu- gen koͤnnten, und es muͤßten in Zeiten wo Ehre nicht mit aͤußern Vortheilen verknuͤpft iſt, ſo viele große Maͤnner ſeyn, als ſonſt. — Jch antworte: 1) Nicht jedermann zieht den Ruhm der Waffen, dem der Gelehrſamkeit vor, ſondern vielleicht iſt die Anzahl derer, welche dieſen ſuchen, der, welche je- nen ſuchen, uͤberlegen. — Und wenn dies auch nicht waͤre; ſo laͤge der Grund davon in der Mey- nung der Menſchen von dem, was ſie am meiſten ehrt, und da iſt freylich die Menge derer, welche aͤußern

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schaumann_psyche02_1791
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schaumann_psyche02_1791/115
Zitationshilfe: Schaumann, Johann Christian Gottlieb: Psyche oder Unterhaltungen über die Seele. Bd. 2. Halle, 1791, S. 399. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schaumann_psyche02_1791/115>, abgerufen am 29.03.2024.