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Schiller, Friedrich: Der Geisterseher. Leipzig, 1789.

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Baron von F*** an den Grafen
von O***.
Neunter Brief.

September.

Der Prinz ist mit seinem Hofe zerfallen, alle unsre
Ressourcen von daher abgeschnitten.

Die sechs Wochen, nach deren Verfluß mein
Herr den Marchese bezahlen sollte, waren schon
um einige Tage verstrichen, und noch keine Wech¬
sel weder von seinem Cousin, von dem er auf's
neue und auf's dringendste Vorschuß verlangt hat¬
te, noch von seiner Schwester. Sie können wohl
denken, daß Civitella nicht mahnte, ein desto
treueres Gedächtniß aber hatte der Prinz. Gestern
Mittag endlich kam eine Antwort vom regieren¬
den Hofe.

Wir hatten kurz vorher einen neuen Kontrakt
unsers Hotels wegen abgeschlossen, und der Prinz
hatte sein längeres Bleiben schon öffentlich deklarirt.
Ohne ein Wort zu sagen gab mein Herr mir den
Brief. Seine Augen funkelten, ich las den Inhalt
schon auf seiner Stirne.

Können Sie Sich vorstellen, lieber O***?
Man ist in **** von allen hiesigen Verhältnissen
meines Herrn unterrichtet, und die Verläumdung
hat ein abscheuliches Gewebe von Lügen daraus
gesponnen. "Man habe mißfällig vernommen,

heißt
N 3
Baron von F*** an den Grafen
von O***.
Neunter Brief.

September.

Der Prinz iſt mit ſeinem Hofe zerfallen, alle unſre
Reſſourcen von daher abgeſchnitten.

Die ſechs Wochen, nach deren Verfluß mein
Herr den Marcheſe bezahlen ſollte, waren ſchon
um einige Tage verſtrichen, und noch keine Wech¬
ſel weder von ſeinem Couſin, von dem er auf's
neue und auf's dringendſte Vorſchuß verlangt hat¬
te, noch von ſeiner Schweſter. Sie können wohl
denken, daß Civitella nicht mahnte, ein deſto
treueres Gedächtniß aber hatte der Prinz. Geſtern
Mittag endlich kam eine Antwort vom regieren¬
den Hofe.

Wir hatten kurz vorher einen neuen Kontrakt
unſers Hotels wegen abgeſchloſſen, und der Prinz
hatte ſein längeres Bleiben ſchon öffentlich deklarirt.
Ohne ein Wort zu ſagen gab mein Herr mir den
Brief. Seine Augen funkelten, ich las den Inhalt
ſchon auf ſeiner Stirne.

Können Sie Sich vorſtellen, lieber O***?
Man iſt in **** von allen hieſigen Verhältniſſen
meines Herrn unterrichtet, und die Verläumdung
hat ein abſcheuliches Gewebe von Lügen daraus
geſponnen. „Man habe mißfällig vernommen,

heißt
N 3
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[197/0205] Baron von F*** an den Grafen von O***. Neunter Brief. September. Der Prinz iſt mit ſeinem Hofe zerfallen, alle unſre Reſſourcen von daher abgeſchnitten. Die ſechs Wochen, nach deren Verfluß mein Herr den Marcheſe bezahlen ſollte, waren ſchon um einige Tage verſtrichen, und noch keine Wech¬ ſel weder von ſeinem Couſin, von dem er auf's neue und auf's dringendſte Vorſchuß verlangt hat¬ te, noch von ſeiner Schweſter. Sie können wohl denken, daß Civitella nicht mahnte, ein deſto treueres Gedächtniß aber hatte der Prinz. Geſtern Mittag endlich kam eine Antwort vom regieren¬ den Hofe. Wir hatten kurz vorher einen neuen Kontrakt unſers Hotels wegen abgeſchloſſen, und der Prinz hatte ſein längeres Bleiben ſchon öffentlich deklarirt. Ohne ein Wort zu ſagen gab mein Herr mir den Brief. Seine Augen funkelten, ich las den Inhalt ſchon auf ſeiner Stirne. Können Sie Sich vorſtellen, lieber O***? Man iſt in **** von allen hieſigen Verhältniſſen meines Herrn unterrichtet, und die Verläumdung hat ein abſcheuliches Gewebe von Lügen daraus geſponnen. „Man habe mißfällig vernommen, heißt N 3

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Zitationshilfe: Schiller, Friedrich: Der Geisterseher. Leipzig, 1789, S. 197. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schiller_geisterseher_1789/205>, abgerufen am 29.03.2024.