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Schiller, Friedrich: Die Räuber. [Stuttgart], Frankfurt u. a., 1781.

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ein Schauspiel.
mer wird wachsen mit Karln. Dieser Kummer
wird euer Leben untergraben.
D. a. Moor. Oh! er hat mich zu einem acht-
zigjährigen Manne gemacht.
Franz. Nun also -- wenn ihr dieses Sohnes
euch entäussertet?
D. a. Moor auffahrend. Franz! Franz! was
sagst du?
Franz. Jst es nicht diese Liebe zu ihm die euch
all den Gram macht. Ohne diese Liebe ist er für
euch nicht da. Ohne diese strafbare diese verdamm-
liche Liebe ist er euch gestorben -- ist er euch nie
gebohren. Nicht Fleisch und Blut, das Herz mache
uns zu Vätern und Söhnen. Liebt ihr ihn nicht mehr,
so ist diese Abart auch euer Sohn nicht mehr,
und wär er aus eurem Fleische geschnitten. Er ist
euer Augapfel gewesen bisher, nun aber, ärgert
dich dein Auge, sagt die Schrift, so reiß es aus.
Es ist besser einäugig gen Himmel, als mit zwey
Augen in die Hölle. Es ist besser Kinderlos gen
Himmel, als wenn beyde Vater und Sohn in die
Hölle fahren. So spricht die Gottheit!
D. a. Moor. Du willst ich soll meinen Sohn
verfluchen?
Franz. Nicht doch! nicht doch! -- Euren Sohn
sollt ihr nicht verfluchen. Was heißt ihr euren Sohn?
-- dem ihr das Leben gegeben habt, wenn er sich
auch alle ersinnliche Mühe gibt das eurige zu ver-
kürzen?
D. a.
A 5
ein Schauſpiel.
mer wird wachſen mit Karln. Dieſer Kummer
wird euer Leben untergraben.
D. a. Moor. Oh! er hat mich zu einem acht-
zigjaͤhrigen Manne gemacht.
Franz. Nun alſo — wenn ihr dieſes Sohnes
euch entaͤuſſertet?
D. a. Moor auffahrend. Franz! Franz! was
ſagſt du?
Franz. Jſt es nicht dieſe Liebe zu ihm die euch
all den Gram macht. Ohne dieſe Liebe iſt er fuͤr
euch nicht da. Ohne dieſe ſtrafbare dieſe verdamm-
liche Liebe iſt er euch geſtorben — iſt er euch nie
gebohren. Nicht Fleiſch und Blut, das Herz mache
uns zu Vaͤtern und Soͤhnen. Liebt ihr ihn nicht mehr,
ſo iſt dieſe Abart auch euer Sohn nicht mehr,
und waͤr er aus eurem Fleiſche geſchnitten. Er iſt
euer Augapfel geweſen bisher, nun aber, aͤrgert
dich dein Auge, ſagt die Schrift, ſo reiß es aus.
Es iſt beſſer einaͤugig gen Himmel, als mit zwey
Augen in die Hoͤlle. Es iſt beſſer Kinderlos gen
Himmel, als wenn beyde Vater und Sohn in die
Hoͤlle fahren. So ſpricht die Gottheit!
D. a. Moor. Du willſt ich ſoll meinen Sohn
verfluchen?
Franz. Nicht doch! nicht doch! — Euren Sohn
ſollt ihr nicht verfluchen. Was heißt ihr euren Sohn?
— dem ihr das Leben gegeben habt, wenn er ſich
auch alle erſinnliche Muͤhe gibt das eurige zu ver-
kuͤrzen?
D. a.
A 5
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[9/0031] ein Schauſpiel. mer wird wachſen mit Karln. Dieſer Kummer wird euer Leben untergraben. D. a. Moor. Oh! er hat mich zu einem acht- zigjaͤhrigen Manne gemacht. Franz. Nun alſo — wenn ihr dieſes Sohnes euch entaͤuſſertet? D. a. Moor auffahrend. Franz! Franz! was ſagſt du? Franz. Jſt es nicht dieſe Liebe zu ihm die euch all den Gram macht. Ohne dieſe Liebe iſt er fuͤr euch nicht da. Ohne dieſe ſtrafbare dieſe verdamm- liche Liebe iſt er euch geſtorben — iſt er euch nie gebohren. Nicht Fleiſch und Blut, das Herz mache uns zu Vaͤtern und Soͤhnen. Liebt ihr ihn nicht mehr, ſo iſt dieſe Abart auch euer Sohn nicht mehr, und waͤr er aus eurem Fleiſche geſchnitten. Er iſt euer Augapfel geweſen bisher, nun aber, aͤrgert dich dein Auge, ſagt die Schrift, ſo reiß es aus. Es iſt beſſer einaͤugig gen Himmel, als mit zwey Augen in die Hoͤlle. Es iſt beſſer Kinderlos gen Himmel, als wenn beyde Vater und Sohn in die Hoͤlle fahren. So ſpricht die Gottheit! D. a. Moor. Du willſt ich ſoll meinen Sohn verfluchen? Franz. Nicht doch! nicht doch! — Euren Sohn ſollt ihr nicht verfluchen. Was heißt ihr euren Sohn? — dem ihr das Leben gegeben habt, wenn er ſich auch alle erſinnliche Muͤhe gibt das eurige zu ver- kuͤrzen? D. a. A 5

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Zitationshilfe: Schiller, Friedrich: Die Räuber. [Stuttgart], Frankfurt u. a., 1781, S. 9. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schiller_raeuber_1781/31>, abgerufen am 29.03.2024.