Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schlegel, Friedrich von: Ueber die Sprache und Weisheit der Indier. Heidelberg, 1808.

Bild:
<< vorherige Seite

auch für andre nicht ganz so evidente Fälle. Nur
muß man, wie gesagt, die Mittelglieder oder die
allgemeine Analogie historisch nachweisen können;
nach Grundsätzen erdichtet darf nichts werden,
und die Uebereinstimmung muß schon sehr groß
und einleuchtend sein, um auch nur geringe Form-
verschiedenheiten gestatten zu dürfen.

Ich führe zunächst einige indische Worte an,
welche dem Deutschen eigenthümlich sind. Shri-
tyoti
-- er schreitet, vindoti -- er findet,
shlißyoti -- er umschließet; Onto -- das
Ende, Monuschyo -- der Mensch, Shvosa,
Svostri
-- die Schwester, Rotho -- das
Rad, Bhruvo -- die Brauen der Augen,
Torsho -- der Durst, Tandovon -- der
Tanz, Ondani -- die Enten, Noko -- der
Nagel, sthiro -- unbeweglich, stier, Osho-
non
-- das Essen u. s. w.

Andre Wurzeln stimmen mehr mit der Form
der Worte überein, die sich in den verwandten
Mundarten darbietet. Yuyon -- ihr, Englisch
you; shvopno -- der Schlaf, Isländisch
sveffn; lokote -- er sieht, das altdeutsche
Lugen. Upo -- auf, stimmt mit dem Nieder-

auch fuͤr andre nicht ganz ſo evidente Faͤlle. Nur
muß man, wie geſagt, die Mittelglieder oder die
allgemeine Analogie hiſtoriſch nachweiſen koͤnnen;
nach Grundſaͤtzen erdichtet darf nichts werden,
und die Uebereinſtimmung muß ſchon ſehr groß
und einleuchtend ſein, um auch nur geringe Form-
verſchiedenheiten geſtatten zu duͤrfen.

Ich fuͤhre zunaͤchſt einige indiſche Worte an,
welche dem Deutſchen eigenthuͤmlich ſind. Shri-
tyoti
— er ſchreitet, vindoti — er findet,
ſhlißyoti — er umſchließet; Onto — das
Ende, Monuſchyo — der Menſch, Shvoſa,
Svoſtri
— die Schweſter, Rotho — das
Rad, Bhruvo — die Brauen der Augen,
Torſho — der Durſt, Tandovon — der
Tanz, Ondani — die Enten, Noko — der
Nagel, ſthiro — unbeweglich, ſtier, Oſho-
non
— das Eſſen u. ſ. w.

Andre Wurzeln ſtimmen mehr mit der Form
der Worte uͤberein, die ſich in den verwandten
Mundarten darbietet. Yūyon — ihr, Engliſch
you; ſhvopno — der Schlaf, Islaͤndiſch
ſveffn; lōkote — er ſieht, das altdeutſche
Lugen. Upo — auf, ſtimmt mit dem Nieder-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0026" n="7"/>
auch fu&#x0364;r andre nicht ganz &#x017F;o evidente Fa&#x0364;lle. Nur<lb/>
muß man, wie ge&#x017F;agt, die Mittelglieder oder die<lb/>
allgemeine Analogie hi&#x017F;tori&#x017F;ch nachwei&#x017F;en ko&#x0364;nnen;<lb/>
nach Grund&#x017F;a&#x0364;tzen erdichtet darf nichts werden,<lb/>
und die Ueberein&#x017F;timmung muß &#x017F;chon &#x017F;ehr groß<lb/>
und einleuchtend &#x017F;ein, um auch nur geringe Form-<lb/>
ver&#x017F;chiedenheiten ge&#x017F;tatten zu du&#x0364;rfen.</p><lb/>
          <p>Ich fu&#x0364;hre zuna&#x0364;ch&#x017F;t einige indi&#x017F;che Worte an,<lb/>
welche dem Deut&#x017F;chen eigenthu&#x0364;mlich &#x017F;ind. <hi rendition="#g">Shri-<lb/>
tyoti</hi> &#x2014; er &#x017F;chreitet, <hi rendition="#g">vindoti</hi> &#x2014; er findet,<lb/><hi rendition="#g">&#x017F;hlißyoti</hi> &#x2014; er um&#x017F;chließet; <hi rendition="#g">Onto</hi> &#x2014; das<lb/>
Ende, <hi rendition="#g">Monu&#x017F;chyo</hi> &#x2014; der Men&#x017F;ch, <hi rendition="#g">Shvo&#x017F;a,<lb/>
Svo&#x017F;tri</hi> &#x2014; die Schwe&#x017F;ter, <hi rendition="#g">Rotho</hi> &#x2014; das<lb/>
Rad, <hi rendition="#g">Bhruvo</hi> &#x2014; die Brauen der Augen,<lb/><hi rendition="#g">Tor&#x017F;ho</hi> &#x2014; der Dur&#x017F;t, <hi rendition="#g">Tandovon</hi> &#x2014; der<lb/>
Tanz, <hi rendition="#g">Ondani</hi> &#x2014; die Enten, <hi rendition="#g">Noko</hi> &#x2014; der<lb/>
Nagel, <hi rendition="#g">&#x017F;thiro</hi> &#x2014; unbeweglich, &#x017F;tier, <hi rendition="#g">O&#x017F;ho-<lb/>
non</hi> &#x2014; das E&#x017F;&#x017F;en u. &#x017F;. w.</p><lb/>
          <p>Andre Wurzeln &#x017F;timmen mehr mit der Form<lb/>
der Worte u&#x0364;berein, die &#x017F;ich in den verwandten<lb/>
Mundarten darbietet. <hi rendition="#g">Y&#x016B;yon</hi> &#x2014; ihr, Engli&#x017F;ch<lb/><hi rendition="#aq">you;</hi> <hi rendition="#g">&#x017F;hvopno</hi> &#x2014; der Schlaf, Isla&#x0364;ndi&#x017F;ch<lb/><hi rendition="#g">&#x017F;veffn; l&#x014D;kote</hi> &#x2014; er &#x017F;ieht, das altdeut&#x017F;che<lb/><hi rendition="#g">Lugen. Upo</hi> &#x2014; auf, &#x017F;timmt mit dem Nieder-<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[7/0026] auch fuͤr andre nicht ganz ſo evidente Faͤlle. Nur muß man, wie geſagt, die Mittelglieder oder die allgemeine Analogie hiſtoriſch nachweiſen koͤnnen; nach Grundſaͤtzen erdichtet darf nichts werden, und die Uebereinſtimmung muß ſchon ſehr groß und einleuchtend ſein, um auch nur geringe Form- verſchiedenheiten geſtatten zu duͤrfen. Ich fuͤhre zunaͤchſt einige indiſche Worte an, welche dem Deutſchen eigenthuͤmlich ſind. Shri- tyoti — er ſchreitet, vindoti — er findet, ſhlißyoti — er umſchließet; Onto — das Ende, Monuſchyo — der Menſch, Shvoſa, Svoſtri — die Schweſter, Rotho — das Rad, Bhruvo — die Brauen der Augen, Torſho — der Durſt, Tandovon — der Tanz, Ondani — die Enten, Noko — der Nagel, ſthiro — unbeweglich, ſtier, Oſho- non — das Eſſen u. ſ. w. Andre Wurzeln ſtimmen mehr mit der Form der Worte uͤberein, die ſich in den verwandten Mundarten darbietet. Yūyon — ihr, Engliſch you; ſhvopno — der Schlaf, Islaͤndiſch ſveffn; lōkote — er ſieht, das altdeutſche Lugen. Upo — auf, ſtimmt mit dem Nieder-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schlegel_indier_1808
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schlegel_indier_1808/26
Zitationshilfe: Schlegel, Friedrich von: Ueber die Sprache und Weisheit der Indier. Heidelberg, 1808, S. 7. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schlegel_indier_1808/26>, abgerufen am 28.03.2024.