so kalt, Lucinde? -- Lieber, setze die Hyacinthen weiter weg, der Geruch betäubt mich. -- Wie fest und selbst- ständig, wie glatt und fein! Das ist harmonische Ausbildung. -- O nein, Julius! laß, ich bitte dich, ich will nicht. -- Darf ich nicht fühlen, ob du glühst wie ich? O so laß mich doch die Schläge deines Herzens lau- schen, die Lippen in dem Schnee des Busens kühlen!.... Kannst du mich wegdrücken? Ich werde mich rächen. Umarme mich fester, Kuß gegen Kuß; nein! nicht mehre einen ew- gen. Nimm meine Seele ganz und gieb mir deine!.... O schönes herrliches Zugleich! Sind wir nicht Kinder? Sprich doch! wie konn- test du nur erst so gleichgültig
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ſo kalt, Lucinde? — Lieber, ſetze die Hyacinthen weiter weg, der Geruch betäubt mich. — Wie feſt und ſelbſt- ſtändig, wie glatt und fein! Das iſt harmoniſche Ausbildung. — O nein, Julius! laß, ich bitte dich, ich will nicht. — Darf ich nicht fühlen, ob du glühſt wie ich? O ſo laß mich doch die Schläge deines Herzens lau- ſchen, die Lippen in dem Schnee des Buſens kühlen!.... Kannſt du mich wegdrücken? Ich werde mich rächen. Umarme mich feſter, Kuß gegen Kuß; nein! nicht mehre einen ew- gen. Nimm meine Seele ganz und gieb mir deine!.... O ſchönes herrliches Zugleich! Sind wir nicht Kinder? Sprich doch! wie konn- teſt du nur erſt ſo gleichgültig
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ſo kalt, Lucinde? — Lieber, ſetze die
Hyacinthen weiter weg, der Geruch
betäubt mich. — Wie feſt und ſelbſt-
ſtändig, wie glatt und fein! Das iſt
harmoniſche Ausbildung. — O nein,
Julius! laß, ich bitte dich, ich will
nicht. — Darf ich nicht fühlen, ob
du glühſt wie ich? O ſo laß mich
doch die Schläge deines Herzens lau-
ſchen, die Lippen in dem Schnee des
Buſens kühlen!.... Kannſt du mich
wegdrücken? Ich werde mich rächen.
Umarme mich feſter, Kuß gegen
Kuß; nein! nicht mehre einen ew-
gen. Nimm meine Seele ganz und
gieb mir deine!.... O ſchönes
herrliches Zugleich! Sind wir nicht
Kinder? Sprich doch! wie konn-
teſt du nur erſt ſo gleichgültig
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Schlegel, Friedrich von: Lucinde. Berlin, 1799, S. 99. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schlegel_lucinde_1799/104>, abgerufen am 19.04.2024.
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