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Schlegel, Friedrich von: Lucinde. Berlin, 1799.

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und lächelt über ihre eigne Schlau-
heit und unsre Inferiorität. Über-
haupt hat sie viel Bouffonerie und
viel Sinn für Bouffonerie. Mache
ich ihre Gebehrden nach, so macht
sie mir gleich wieder mein Nachma-
chen nach; und so haben wir uns
eine mimische Sprache gebildet und
verständigen uns in den Hierogly-
phen der darstellenden Kunst. Zur
Poesie glaube ich hat sie weit mehr
Neigung als zur Philosophie; so
läßt sie sich auch lieber fahren und
reiset nur im Nothfall zu Fuß. Die
harten Übelklänge unsrer nordischen
Muttersprache verschmelzen auf ihrer
Zunge in den weichen und süßen
Wohllaut der Italiänischen und In-
dischen Mundart. Reime liebt sie

Lucinde I. C

und lächelt über ihre eigne Schlau-
heit und unſre Inferiorität. Über-
haupt hat ſie viel Bouffonerie und
viel Sinn für Bouffonerie. Mache
ich ihre Gebehrden nach, ſo macht
ſie mir gleich wieder mein Nachma-
chen nach; und ſo haben wir uns
eine mimiſche Sprache gebildet und
verſtändigen uns in den Hierogly-
phen der darſtellenden Kunſt. Zur
Poeſie glaube ich hat ſie weit mehr
Neigung als zur Philoſophie; ſo
läßt ſie ſich auch lieber fahren und
reiſet nur im Nothfall zu Fuß. Die
harten Übelklänge unſrer nordiſchen
Mutterſprache verſchmelzen auf ihrer
Zunge in den weichen und ſüßen
Wohllaut der Italiäniſchen und In-
diſchen Mundart. Reime liebt ſie

Lucinde I. C
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[33/0038] und lächelt über ihre eigne Schlau- heit und unſre Inferiorität. Über- haupt hat ſie viel Bouffonerie und viel Sinn für Bouffonerie. Mache ich ihre Gebehrden nach, ſo macht ſie mir gleich wieder mein Nachma- chen nach; und ſo haben wir uns eine mimiſche Sprache gebildet und verſtändigen uns in den Hierogly- phen der darſtellenden Kunſt. Zur Poeſie glaube ich hat ſie weit mehr Neigung als zur Philoſophie; ſo läßt ſie ſich auch lieber fahren und reiſet nur im Nothfall zu Fuß. Die harten Übelklänge unſrer nordiſchen Mutterſprache verſchmelzen auf ihrer Zunge in den weichen und ſüßen Wohllaut der Italiäniſchen und In- diſchen Mundart. Reime liebt ſie Lucinde I. C

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Zitationshilfe: Schlegel, Friedrich von: Lucinde. Berlin, 1799, S. 33. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schlegel_lucinde_1799/38>, abgerufen am 20.04.2024.