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Schmidt, Johann Georg: Die gestriegelte Rocken-Philosophia, oder auffrichtige Untersuchung derer von vielen super-klugen Weibern hochgehaltenen Aberglauben. Bd. 1. Chemnitz, 1705.

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Untersuchung derer von super-klugen
daß ja nicht irgend eine ehrliche Person hier-
durch unverschuldter Weise in bösen Verdacht
gezogen werde. Denn der Teuffel ist ein böser
Schalck/ der gar zu gerne siehet/ wenn er ver-
hengen kan/ daß einen ehrlichen Menschen ein
Schand-Fleck seines sonst guten Leimuths/ an-
gehenget wird. Und stehe ich meines Orts in
denen Gedancken/ daß unter zwantzig solchen
obgemeldten Begebenheiten/ kaum zwey die
Warheit zum Grunde haben. Die übrigen
achtzehn aber/ wenn man alles wohl untersuche-
te/ würden auff einen Irthumb oder andere na-
türliche Ursachen ankommen. Und ohnerach-
tet ich hier wieder viel anzuführen getrauete/
und die gantze Sache ziemlich verdächtig ma-
chen könte/ so will ich euch doch eben hierbey nicht
auffhalten/ sondern komme auff das vorgesetzte
Propos, nehmlich die Kreide/ welche leider! hier
zu einen Hülff-reichen Gott oder Göttin/ weil
es Generis foemini, von unbesonnenen Leuten/
gemacht wird; aber/ o grosse Thorheit! meynet
man denn/ weil die Kreide weiß ist/ es werde der
sonst schwartze Teuffel sich davor fürchten/ weil
viel Narren an Walburgs-Abend Creutze da-
mit an die Thüren zu schreiben pflegen? Ach
nein/ den listigen Drachen dürffet ihr (so ferne
ihr nicht desto mehr wollet von ihm betrogen
werden) vor so einfältig und ohnmächtig nicht

anse-

Unterſuchung derer von ſuper-klugen
daß ja nicht irgend eine ehrliche Perſon hier-
durch unverſchuldter Weiſe in boͤſen Verdacht
gezogen werde. Denn der Teuffel iſt ein boͤſer
Schalck/ der gar zu gerne ſiehet/ wenn er ver-
hengen kan/ daß einen ehrlichen Menſchen ein
Schand-Fleck ſeines ſonſt guten Leimuths/ an-
gehenget wird. Und ſtehe ich meines Orts in
denen Gedancken/ daß unter zwantzig ſolchen
obgemeldten Begebenheiten/ kaum zwey die
Warheit zum Grunde haben. Die uͤbrigen
achtzehn aber/ wenn man alles wohl unterſuche-
te/ wuͤrden auff einen Irthumb oder andere na-
tuͤrliche Urſachen ankommen. Und ohnerach-
tet ich hier wieder viel anzufuͤhren getrauete/
und die gantze Sache ziemlich verdaͤchtig ma-
chen koͤnte/ ſo will ich euch doch eben hierbey nicht
auffhalten/ ſondern komme auff das vorgeſetzte
Propos, nehmlich die Kreide/ welche leider! hier
zu einen Huͤlff-reichen Gott oder Goͤttin/ weil
es Generis fœmini, von unbeſonnenen Leuten/
gemacht wird; aber/ o groſſe Thorheit! meynet
man denn/ weil die Kreide weiß iſt/ es werde der
ſonſt ſchwartze Teuffel ſich davor fuͤrchten/ weil
viel Narren an Walburgs-Abend Creutze da-
mit an die Thuͤren zu ſchreiben pflegen? Ach
nein/ den liſtigen Drachen duͤrffet ihr (ſo ferne
ihr nicht deſto mehr wollet von ihm betrogen
werden) vor ſo einfaͤltig und ohnmaͤchtig nicht

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[14/0036] Unterſuchung derer von ſuper-klugen daß ja nicht irgend eine ehrliche Perſon hier- durch unverſchuldter Weiſe in boͤſen Verdacht gezogen werde. Denn der Teuffel iſt ein boͤſer Schalck/ der gar zu gerne ſiehet/ wenn er ver- hengen kan/ daß einen ehrlichen Menſchen ein Schand-Fleck ſeines ſonſt guten Leimuths/ an- gehenget wird. Und ſtehe ich meines Orts in denen Gedancken/ daß unter zwantzig ſolchen obgemeldten Begebenheiten/ kaum zwey die Warheit zum Grunde haben. Die uͤbrigen achtzehn aber/ wenn man alles wohl unterſuche- te/ wuͤrden auff einen Irthumb oder andere na- tuͤrliche Urſachen ankommen. Und ohnerach- tet ich hier wieder viel anzufuͤhren getrauete/ und die gantze Sache ziemlich verdaͤchtig ma- chen koͤnte/ ſo will ich euch doch eben hierbey nicht auffhalten/ ſondern komme auff das vorgeſetzte Propos, nehmlich die Kreide/ welche leider! hier zu einen Huͤlff-reichen Gott oder Goͤttin/ weil es Generis fœmini, von unbeſonnenen Leuten/ gemacht wird; aber/ o groſſe Thorheit! meynet man denn/ weil die Kreide weiß iſt/ es werde der ſonſt ſchwartze Teuffel ſich davor fuͤrchten/ weil viel Narren an Walburgs-Abend Creutze da- mit an die Thuͤren zu ſchreiben pflegen? Ach nein/ den liſtigen Drachen duͤrffet ihr (ſo ferne ihr nicht deſto mehr wollet von ihm betrogen werden) vor ſo einfaͤltig und ohnmaͤchtig nicht anſe-

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Zitationshilfe: Schmidt, Johann Georg: Die gestriegelte Rocken-Philosophia, oder auffrichtige Untersuchung derer von vielen super-klugen Weibern hochgehaltenen Aberglauben. Bd. 1. Chemnitz, 1705, S. 14. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schmidt_rockenphilosophia01_1705/36>, abgerufen am 28.03.2024.