Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schmidt, Johann Georg: Die gestriegelte Rocken-Philosophia, oder auffrichtige Untersuchung derer von vielen super-klugen Weibern hochgehaltenen Aberglauben. Bd. 1. Chemnitz, 1705.

Bild:
<< vorherige Seite

Untersuchung/ derer von super-klugen
set die Ruhe drauff fallen und liegen/ so behalten
die Kinder die Ruhe. Gegentheils aber/ wenn
sich der Frembde nicht niedersetzet/ so muß sich die
Ruhe/ so in Hindersten eingeklemmet/ wieder
lassen mit wegtragen. Wenn nun das Ge-
heimniß dieser Sache also beschaffen ist/ so mö-
gen die super-klugen Weiber/ bey unruhigen
Kindern/ fleißig sich nach denen Qvartiren der
Kinder-Ruhe umsehen/ und solche aus denen
verborgenen Löchern ausstöbern; ich will ihnen
gern Glauben geben/ daß sich die Sache also ver-
halte/ denn wenn ich ihnen/ wie in andern Pun-
cten/ wieder spräche/ müste ich gewärtig seyn/ daß
sie mich zur Versicherung der Sache/ mit pa-
trollir
en zu gehen/ provocirten. Also behal-
ten sie in diesem Puncte recht übrig.

Das 16. Capitel.

Es ist nicht gut/ daß man den Tisch
decket/ wenn nicht stracks das Brod auch
drauff gelegt wird/ und soll demnach/ in
Ermangelung des Brods/ ein Zipffel
vom Tischtuche über geschlagen
werden.

DAs ist eine schlimme Sache/ wenn man es-
sen will und hat kein Brod. Was ist a-
ber zu thun? aus der Noth muß man eine
Tugend machen; und darzu können die super-

klugen

Unterſuchung/ derer von ſuper-klugen
ſet die Ruhe drauff fallen und liegen/ ſo behalten
die Kinder die Ruhe. Gegentheils aber/ wenn
ſich der Frembde nicht niederſetzet/ ſo muß ſich die
Ruhe/ ſo in Hinderſten eingeklemmet/ wieder
laſſen mit wegtragen. Wenn nun das Ge-
heimniß dieſer Sache alſo beſchaffen iſt/ ſo moͤ-
gen die ſuper-klugen Weiber/ bey unruhigen
Kindern/ fleißig ſich nach denen Qvartiren der
Kinder-Ruhe umſehen/ und ſolche aus denen
verborgenen Loͤchern ausſtoͤbern; ich will ihnen
gern Glauben geben/ daß ſich die Sache alſo ver-
halte/ denn wenn ich ihnen/ wie in andern Pun-
cten/ wieder ſpraͤche/ muͤſte ich gewaͤrtig ſeyn/ daß
ſie mich zur Verſicherung der Sache/ mit pa-
trollir
en zu gehen/ provocirten. Alſo behal-
ten ſie in dieſem Puncte recht uͤbrig.

Das 16. Capitel.

Es iſt nicht gut/ daß man den Tiſch
decket/ wenn nicht ſtracks das Brod auch
drauff gelegt wird/ und ſoll demnach/ in
Ermangelung des Brods/ ein Zipffel
vom Tiſchtuche uͤber geſchlagen
werden.

DAs iſt eine ſchlimme Sache/ wenn man eſ-
ſen will und hat kein Brod. Was iſt a-
ber zu thun? aus der Noth muß man eine
Tugend machen; und darzu koͤnnen die ſuper-

klugen
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0054" n="32"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#fr">Unter&#x017F;uchung/ derer von</hi><hi rendition="#i"><hi rendition="#aq">&#x017F;uper-</hi></hi><hi rendition="#fr">klugen</hi></fw><lb/>
&#x017F;et die Ruhe drauff fallen und liegen/ &#x017F;o behalten<lb/>
die Kinder die Ruhe. Gegentheils aber/ wenn<lb/>
&#x017F;ich der Frembde nicht nieder&#x017F;etzet/ &#x017F;o muß &#x017F;ich die<lb/>
Ruhe/ &#x017F;o in Hinder&#x017F;ten eingeklemmet/ wieder<lb/>
la&#x017F;&#x017F;en mit wegtragen. Wenn nun das Ge-<lb/>
heimniß die&#x017F;er Sache al&#x017F;o be&#x017F;chaffen i&#x017F;t/ &#x017F;o mo&#x0364;-<lb/>
gen die <hi rendition="#aq">&#x017F;uper-</hi>klugen Weiber/ bey unruhigen<lb/>
Kindern/ fleißig &#x017F;ich nach denen Qvartiren der<lb/>
Kinder-Ruhe um&#x017F;ehen/ und &#x017F;olche aus denen<lb/>
verborgenen Lo&#x0364;chern aus&#x017F;to&#x0364;bern; ich will ihnen<lb/>
gern Glauben geben/ daß &#x017F;ich die Sache al&#x017F;o ver-<lb/>
halte/ denn wenn ich ihnen/ wie in andern Pun-<lb/>
cten/ wieder &#x017F;pra&#x0364;che/ mu&#x0364;&#x017F;te ich gewa&#x0364;rtig &#x017F;eyn/ daß<lb/>
&#x017F;ie mich zur Ver&#x017F;icherung der Sache/ mit <hi rendition="#aq">pa-<lb/>
trollir</hi>en zu gehen/ <hi rendition="#aq">provoci</hi>rten. Al&#x017F;o behal-<lb/>
ten &#x017F;ie in die&#x017F;em Puncte recht u&#x0364;brig.</p>
      </div><lb/>
      <div n="1">
        <head> <hi rendition="#b">Das 16. Capitel.</hi> </head><lb/>
        <argument>
          <p>Es i&#x017F;t nicht gut/ daß man den Ti&#x017F;ch<lb/>
decket/ wenn nicht &#x017F;tracks das Brod auch<lb/>
drauff gelegt wird/ und &#x017F;oll demnach/ in<lb/><hi rendition="#c">Ermangelung des Brods/ ein Zipffel<lb/>
vom Ti&#x017F;chtuche u&#x0364;ber ge&#x017F;chlagen<lb/>
werden.</hi></p>
        </argument><lb/>
        <p><hi rendition="#in">D</hi>As i&#x017F;t eine &#x017F;chlimme Sache/ wenn man e&#x017F;-<lb/>
&#x017F;en will und hat kein Brod. Was i&#x017F;t a-<lb/>
ber zu thun? aus der Noth muß man eine<lb/>
Tugend machen; und darzu ko&#x0364;nnen die <hi rendition="#aq">&#x017F;uper-</hi><lb/>
<fw place="bottom" type="catch">klugen</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[32/0054] Unterſuchung/ derer von ſuper-klugen ſet die Ruhe drauff fallen und liegen/ ſo behalten die Kinder die Ruhe. Gegentheils aber/ wenn ſich der Frembde nicht niederſetzet/ ſo muß ſich die Ruhe/ ſo in Hinderſten eingeklemmet/ wieder laſſen mit wegtragen. Wenn nun das Ge- heimniß dieſer Sache alſo beſchaffen iſt/ ſo moͤ- gen die ſuper-klugen Weiber/ bey unruhigen Kindern/ fleißig ſich nach denen Qvartiren der Kinder-Ruhe umſehen/ und ſolche aus denen verborgenen Loͤchern ausſtoͤbern; ich will ihnen gern Glauben geben/ daß ſich die Sache alſo ver- halte/ denn wenn ich ihnen/ wie in andern Pun- cten/ wieder ſpraͤche/ muͤſte ich gewaͤrtig ſeyn/ daß ſie mich zur Verſicherung der Sache/ mit pa- trolliren zu gehen/ provocirten. Alſo behal- ten ſie in dieſem Puncte recht uͤbrig. Das 16. Capitel. Es iſt nicht gut/ daß man den Tiſch decket/ wenn nicht ſtracks das Brod auch drauff gelegt wird/ und ſoll demnach/ in Ermangelung des Brods/ ein Zipffel vom Tiſchtuche uͤber geſchlagen werden. DAs iſt eine ſchlimme Sache/ wenn man eſ- ſen will und hat kein Brod. Was iſt a- ber zu thun? aus der Noth muß man eine Tugend machen; und darzu koͤnnen die ſuper- klugen

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schmidt_rockenphilosophia01_1705
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schmidt_rockenphilosophia01_1705/54
Zitationshilfe: Schmidt, Johann Georg: Die gestriegelte Rocken-Philosophia, oder auffrichtige Untersuchung derer von vielen super-klugen Weibern hochgehaltenen Aberglauben. Bd. 1. Chemnitz, 1705, S. 32. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schmidt_rockenphilosophia01_1705/54>, abgerufen am 29.03.2024.