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Schmidt, Johann Georg: Die gestriegelte Rocken-Philosophia, oder auffrichtige Untersuchung derer von vielen super-klugen Weibern hochgehaltenen Aberglauben. Bd. 2. Chemnitz, 1705.

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Weibern hochgehaltenen Aberglauben.

EIn hungeriger Wolff wird kaum so begie-
rig auff den Raub seyn/ als eine geile
Magd begierig nach einem Manne ist.
Was vor Hertz brechende Gebetgen und tieff-
geholte Seufftzer sie zu dem St. Andreas schi-
cken/ wenn der Tag Andreä heran kömmt/ sol-
ches ist zwar leider! im gantzen Teutschlande be-
kandt/ kan aber doch kaum mit Worten ausge-
sprochen werden. Sie knien oder treten gantz
nackend in der Mitternacht vor ihr Bette/ oder
an einen andern Ort/ und seuffzen so wehmüthig
nach einem Mann/ daß kein Wunder wäre/ die
Lufft erbarmete sich über die armen Nymphen/
und hülffe ihnen aus ihrer Noth. Ach du goldi-
ges Andreßgen! du liebes Mann-Bescherer-
gen! sagen sie/ ach! laß mir doch erschein'n den
Hertzallerliebsten mein! wird er reich seyn/ so
laß mir ihn erscheinen mit einem Glaß Wein;
ist es aber ein armer Mann/ so laß ihn erscheinen
mit einer Kofends-Kann! und was vor durch-
dringende Stoß-Gebetgen mehr gefallen/ wor-
bey sie noch viel hundert heisse Thränen vergies-
sen/ den lieben Andream gleichsam damit zu bal-
samir
en/ und seine Gunst zu gewinnen; sie win-
den die Hände in einander/ daß die Haut möchte
herab gehen/ scheuen auch weder Frost noch an-
der Ungemach/ und lassen sich an ihrem verfluch-
ten Teuffels-Dienst nicht irren. Wie ich mich

denn
Weibern hochgehaltenen Aberglauben.

EIn hungeriger Wolff wird kaum ſo begie-
rig auff den Raub ſeyn/ als eine geile
Magd begierig nach einem Manne iſt.
Was vor Hertz brechende Gebetgen und tieff-
geholte Seufftzer ſie zu dem St. Andreas ſchi-
cken/ wenn der Tag Andreaͤ heran koͤmmt/ ſol-
ches iſt zwar leider! im gantzen Teutſchlande be-
kandt/ kan aber doch kaum mit Worten ausge-
ſprochen werden. Sie knien oder treten gantz
nackend in der Mitternacht vor ihr Bette/ oder
an einen andern Ort/ und ſeuffzen ſo wehmuͤthig
nach einem Mann/ daß kein Wunder waͤre/ die
Lufft erbarmete ſich uͤber die armen Nymphen/
und huͤlffe ihnen aus ihrer Noth. Ach du goldi-
ges Andreßgen! du liebes Mann-Beſcherer-
gen! ſagen ſie/ ach! laß mir doch erſchein’n den
Hertzallerliebſten mein! wird er reich ſeyn/ ſo
laß mir ihn erſcheinen mit einem Glaß Wein;
iſt es aber ein armer Mann/ ſo laß ihn erſcheinen
mit einer Kofends-Kann! und was vor durch-
dringende Stoß-Gebetgen mehr gefallen/ wor-
bey ſie noch viel hundert heiſſe Thraͤnen vergieſ-
ſen/ den lieben Andream gleichſam damit zu bal-
ſamir
en/ und ſeine Gunſt zu gewinnen; ſie win-
den die Haͤnde in einander/ daß die Haut moͤchte
herab gehen/ ſcheuen auch weder Froſt noch an-
der Ungemach/ und laſſen ſich an ihrem verfluch-
ten Teuffels-Dienſt nicht irren. Wie ich mich

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[187/0011] Weibern hochgehaltenen Aberglauben. EIn hungeriger Wolff wird kaum ſo begie- rig auff den Raub ſeyn/ als eine geile Magd begierig nach einem Manne iſt. Was vor Hertz brechende Gebetgen und tieff- geholte Seufftzer ſie zu dem St. Andreas ſchi- cken/ wenn der Tag Andreaͤ heran koͤmmt/ ſol- ches iſt zwar leider! im gantzen Teutſchlande be- kandt/ kan aber doch kaum mit Worten ausge- ſprochen werden. Sie knien oder treten gantz nackend in der Mitternacht vor ihr Bette/ oder an einen andern Ort/ und ſeuffzen ſo wehmuͤthig nach einem Mann/ daß kein Wunder waͤre/ die Lufft erbarmete ſich uͤber die armen Nymphen/ und huͤlffe ihnen aus ihrer Noth. Ach du goldi- ges Andreßgen! du liebes Mann-Beſcherer- gen! ſagen ſie/ ach! laß mir doch erſchein’n den Hertzallerliebſten mein! wird er reich ſeyn/ ſo laß mir ihn erſcheinen mit einem Glaß Wein; iſt es aber ein armer Mann/ ſo laß ihn erſcheinen mit einer Kofends-Kann! und was vor durch- dringende Stoß-Gebetgen mehr gefallen/ wor- bey ſie noch viel hundert heiſſe Thraͤnen vergieſ- ſen/ den lieben Andream gleichſam damit zu bal- ſamiren/ und ſeine Gunſt zu gewinnen; ſie win- den die Haͤnde in einander/ daß die Haut moͤchte herab gehen/ ſcheuen auch weder Froſt noch an- der Ungemach/ und laſſen ſich an ihrem verfluch- ten Teuffels-Dienſt nicht irren. Wie ich mich denn

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Zitationshilfe: Schmidt, Johann Georg: Die gestriegelte Rocken-Philosophia, oder auffrichtige Untersuchung derer von vielen super-klugen Weibern hochgehaltenen Aberglauben. Bd. 2. Chemnitz, 1705, S. 187. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schmidt_rockenphilosophia02_1705/11>, abgerufen am 24.04.2024.