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Schmidt, Johann Georg: Die gestriegelte Rocken-Philosophia, oder auffrichtige Untersuchung derer von vielen super-klugen Weibern hochgehaltenen Aberglauben. Bd. 2. Chemnitz, 1705.

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Weibern hochgehaltenen Aberglauben.
sche Ceremonien in der neuen Zeit vor genom-
men. Hingegen/ so wir noch die alte Zeit-Rech-
nung hätten/ so richteten sie sich mit ihren Possen
nach dem alten Calender/ und würde in ietztlauf-
fendem Jahre die Baum-Beschneidung fünff
gantzer Wochen längsamer vorgenommen/ als
nun bey dem neuen Calender geschicht. Sol-
chem nach kan ja ein ieglicher selbst ermessen/ daß
dieses albere Vorgeben/ mit dem Obst-Bäum-
Beschneiden zu Fastnacht/ nicht den geringsten
Grund haben könne. Es ist auch daraus zu
schliessen/ daß diese Kunst nicht gar zu richtig seyn
müsse/ weil so wenig verständige Wirthe auff
Fastnacht die Bäume zu beschneiden pflegen/ da
doch die Kunst eben nicht so verborgen gehalten
wird/ und dahero ohn allen Zweiffel von ieder-
mann alle Jahr würde practiciret werden/ wenn
etwas daran wahr wäre.

Die gantz ungleiche Zeit/ wenn Fastnacht
pflegt zu seyn/
Die macht/ daß ich nicht glaub/ daß dieses
treffe ein/
Was hier in diesem Punct will werden vor-
gebracht.
Es ist ein albrer Wahn/ und hats ein Thor
erdacht.
Das

Weibern hochgehaltenen Aberglauben.
ſche Ceremonien in der neuen Zeit vor genom-
men. Hingegen/ ſo wir noch die alte Zeit-Rech-
nung haͤtten/ ſo richteten ſie ſich mit ihren Poſſen
nach dem alten Calender/ und wuͤrde in ietztlauf-
fendem Jahre die Baum-Beſchneidung fuͤnff
gantzer Wochen laͤngſamer vorgenommen/ als
nun bey dem neuen Calender geſchicht. Sol-
chem nach kan ja ein ieglicher ſelbſt ermeſſen/ daß
dieſes albere Vorgeben/ mit dem Obſt-Baͤum-
Beſchneiden zu Faſtnacht/ nicht den geringſten
Grund haben koͤnne. Es iſt auch daraus zu
ſchlieſſen/ daß dieſe Kunſt nicht gar zu richtig ſeyn
muͤſſe/ weil ſo wenig verſtaͤndige Wirthe auff
Faſtnacht die Baͤume zu beſchneiden pflegen/ da
doch die Kunſt eben nicht ſo verborgen gehalten
wird/ und dahero ohn allen Zweiffel von ieder-
mann alle Jahr wuͤrde practiciret werden/ weñ
etwas daran wahr waͤre.

Die gantz ungleiche Zeit/ wenn Faſtnacht
pflegt zu ſeyn/
Die macht/ daß ich nicht glaub/ daß dieſes
treffe ein/
Was hier in dieſem Punct will werden vor-
gebracht.
Es iſt ein albrer Wahn/ und hats ein Thor
erdacht.
Das
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[333/0157] Weibern hochgehaltenen Aberglauben. ſche Ceremonien in der neuen Zeit vor genom- men. Hingegen/ ſo wir noch die alte Zeit-Rech- nung haͤtten/ ſo richteten ſie ſich mit ihren Poſſen nach dem alten Calender/ und wuͤrde in ietztlauf- fendem Jahre die Baum-Beſchneidung fuͤnff gantzer Wochen laͤngſamer vorgenommen/ als nun bey dem neuen Calender geſchicht. Sol- chem nach kan ja ein ieglicher ſelbſt ermeſſen/ daß dieſes albere Vorgeben/ mit dem Obſt-Baͤum- Beſchneiden zu Faſtnacht/ nicht den geringſten Grund haben koͤnne. Es iſt auch daraus zu ſchlieſſen/ daß dieſe Kunſt nicht gar zu richtig ſeyn muͤſſe/ weil ſo wenig verſtaͤndige Wirthe auff Faſtnacht die Baͤume zu beſchneiden pflegen/ da doch die Kunſt eben nicht ſo verborgen gehalten wird/ und dahero ohn allen Zweiffel von ieder- mann alle Jahr wuͤrde practiciret werden/ weñ etwas daran wahr waͤre. Die gantz ungleiche Zeit/ wenn Faſtnacht pflegt zu ſeyn/ Die macht/ daß ich nicht glaub/ daß dieſes treffe ein/ Was hier in dieſem Punct will werden vor- gebracht. Es iſt ein albrer Wahn/ und hats ein Thor erdacht. Das

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Zitationshilfe: Schmidt, Johann Georg: Die gestriegelte Rocken-Philosophia, oder auffrichtige Untersuchung derer von vielen super-klugen Weibern hochgehaltenen Aberglauben. Bd. 2. Chemnitz, 1705, S. 333. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schmidt_rockenphilosophia02_1705/157>, abgerufen am 29.03.2024.