Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schmidt, Johann Georg: Die gestriegelte Rocken-Philosophia, oder auffrichtige Untersuchung derer von vielen super-klugen Weibern hochgehaltenen Aberglauben. Bd. 2. Chemnitz, 1705.

Bild:
<< vorherige Seite

Untersuchung/ derer von super-klugen
ne Kammer. Dieser machte seinen Beutel
weit auff/ und ließ einem nach dem andern hinein
sehen/ fragte auch letzlich: Ob sie den Teuffel ge-
sehen hätten? Sie antworteten alle mit Nein;
er ließ sie alle noch einmahl hinein sehen/ mit der
Bedeutung/ daß sie sich nicht zu fürchten hätten/
(denn er merckte/ daß etliche gantz zitternd und
von ferne nur ein wenig guckten) und fragte:
Was sie nun gesehen hätten? und bekam die
Antwort: Nichts; ey/ sagte er: Das ist eben
der Teuffel daß nichts darinnen ist; drum sollen
die Herren bedanckt seyn/ daß sie mir mit
ihrem Groschen den unsichtbaren Vogel her-
aus jagen/ und steckte das empfangene Geld
hinein. Also auch/ wer in der Nacht in Fin-
stern vor einem Spiegel treten und hinein sehen
wolte/ zu dem könte man eben auch sagen: Das
müste der Teuffel seyn/ wenn er etwas darinnen
sähe. Wenn aber einer mit einem Lichte in
Spiegel siehet/ dem ist es so weit nicht gut/ weil
durch dergleichen Spiegel-Gucken die Augen
vom Glantz Schaden leiden können; dahero auch
nicht ohne Ursach die Spiegel des Nachts pfle-
gen verdeckt zu werden. Der Teuffel aber hat
im Spiegel nichts zu thun. Jedoch/ damit die
Weiber/ welche solch Vorgeben glauben/ auch
einmahl recht behalten/ so will ich ihnen sagen/
welcher gestalt der Teuffel im Spiegel zu sehen

sey.

Unterſuchung/ derer von ſuper-klugen
ne Kammer. Dieſer machte ſeinen Beutel
weit auff/ und ließ einem nach dem andern hinein
ſehen/ fragte auch letzlich: Ob ſie den Teuffel ge-
ſehen haͤtten? Sie antworteten alle mit Nein;
er ließ ſie alle noch einmahl hinein ſehen/ mit der
Bedeutung/ daß ſie ſich nicht zu fuͤrchten haͤtten/
(denn er merckte/ daß etliche gantz zitternd und
von ferne nur ein wenig guckten) und fragte:
Was ſie nun geſehen haͤtten? und bekam die
Antwort: Nichts; ey/ ſagte er: Das iſt eben
der Teuffel daß nichts darinnen iſt; drum ſollen
die Herren bedanckt ſeyn/ daß ſie mir mit
ihrem Groſchen den unſichtbaren Vogel her-
aus jagen/ und ſteckte das empfangene Geld
hinein. Alſo auch/ wer in der Nacht in Fin-
ſtern vor einem Spiegel treten und hinein ſehen
wolte/ zu dem koͤnte man eben auch ſagen: Das
muͤſte der Teuffel ſeyn/ wenn er etwas darinnen
ſaͤhe. Wenn aber einer mit einem Lichte in
Spiegel ſiehet/ dem iſt es ſo weit nicht gut/ weil
durch dergleichen Spiegel-Gucken die Augen
vom Glantz Schaden leiden koͤñen; dahero auch
nicht ohne Urſach die Spiegel des Nachts pfle-
gen verdeckt zu werden. Der Teuffel aber hat
im Spiegel nichts zu thun. Jedoch/ damit die
Weiber/ welche ſolch Vorgeben glauben/ auch
einmahl recht behalten/ ſo will ich ihnen ſagen/
welcher geſtalt der Teuffel im Spiegel zu ſehen

ſey.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0022" n="198"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#fr">Unter&#x017F;uchung/ derer von</hi><hi rendition="#i"><hi rendition="#aq">&#x017F;uper-</hi></hi><hi rendition="#fr">klugen</hi></fw><lb/>
ne Kammer. Die&#x017F;er machte &#x017F;einen Beutel<lb/>
weit auff/ und ließ einem nach dem andern hinein<lb/>
&#x017F;ehen/ fragte auch letzlich: Ob &#x017F;ie den Teuffel ge-<lb/>
&#x017F;ehen ha&#x0364;tten? Sie antworteten alle mit Nein;<lb/>
er ließ &#x017F;ie alle noch einmahl hinein &#x017F;ehen/ mit der<lb/>
Bedeutung/ daß &#x017F;ie &#x017F;ich nicht zu fu&#x0364;rchten ha&#x0364;tten/<lb/>
(denn er merckte/ daß etliche gantz zitternd und<lb/>
von ferne nur ein wenig guckten) und fragte:<lb/>
Was &#x017F;ie nun ge&#x017F;ehen ha&#x0364;tten? und bekam die<lb/>
Antwort: Nichts; ey/ &#x017F;agte er: Das i&#x017F;t eben<lb/>
der Teuffel daß nichts darinnen i&#x017F;t; drum &#x017F;ollen<lb/>
die Herren bedanckt &#x017F;eyn/ daß &#x017F;ie mir mit<lb/>
ihrem Gro&#x017F;chen den un&#x017F;ichtbaren Vogel her-<lb/>
aus jagen/ und &#x017F;teckte das empfangene Geld<lb/>
hinein. Al&#x017F;o auch/ wer in der Nacht in Fin-<lb/>
&#x017F;tern vor einem Spiegel treten und hinein &#x017F;ehen<lb/>
wolte/ zu dem ko&#x0364;nte man eben auch &#x017F;agen: Das<lb/>
mu&#x0364;&#x017F;te der Teuffel &#x017F;eyn/ wenn er etwas darinnen<lb/>
&#x017F;a&#x0364;he. Wenn aber einer mit einem Lichte in<lb/>
Spiegel &#x017F;iehet/ dem i&#x017F;t es &#x017F;o weit nicht gut/ weil<lb/>
durch dergleichen Spiegel-Gucken die Augen<lb/>
vom Glantz Schaden leiden ko&#x0364;n&#x0303;en; dahero auch<lb/>
nicht ohne Ur&#x017F;ach die Spiegel des Nachts pfle-<lb/>
gen verdeckt zu werden. Der Teuffel aber hat<lb/>
im Spiegel nichts zu thun. Jedoch/ damit die<lb/>
Weiber/ welche &#x017F;olch Vorgeben glauben/ auch<lb/>
einmahl recht behalten/ &#x017F;o will ich ihnen &#x017F;agen/<lb/>
welcher ge&#x017F;talt der Teuffel im Spiegel zu &#x017F;ehen<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">&#x017F;ey.</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[198/0022] Unterſuchung/ derer von ſuper-klugen ne Kammer. Dieſer machte ſeinen Beutel weit auff/ und ließ einem nach dem andern hinein ſehen/ fragte auch letzlich: Ob ſie den Teuffel ge- ſehen haͤtten? Sie antworteten alle mit Nein; er ließ ſie alle noch einmahl hinein ſehen/ mit der Bedeutung/ daß ſie ſich nicht zu fuͤrchten haͤtten/ (denn er merckte/ daß etliche gantz zitternd und von ferne nur ein wenig guckten) und fragte: Was ſie nun geſehen haͤtten? und bekam die Antwort: Nichts; ey/ ſagte er: Das iſt eben der Teuffel daß nichts darinnen iſt; drum ſollen die Herren bedanckt ſeyn/ daß ſie mir mit ihrem Groſchen den unſichtbaren Vogel her- aus jagen/ und ſteckte das empfangene Geld hinein. Alſo auch/ wer in der Nacht in Fin- ſtern vor einem Spiegel treten und hinein ſehen wolte/ zu dem koͤnte man eben auch ſagen: Das muͤſte der Teuffel ſeyn/ wenn er etwas darinnen ſaͤhe. Wenn aber einer mit einem Lichte in Spiegel ſiehet/ dem iſt es ſo weit nicht gut/ weil durch dergleichen Spiegel-Gucken die Augen vom Glantz Schaden leiden koͤñen; dahero auch nicht ohne Urſach die Spiegel des Nachts pfle- gen verdeckt zu werden. Der Teuffel aber hat im Spiegel nichts zu thun. Jedoch/ damit die Weiber/ welche ſolch Vorgeben glauben/ auch einmahl recht behalten/ ſo will ich ihnen ſagen/ welcher geſtalt der Teuffel im Spiegel zu ſehen ſey.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schmidt_rockenphilosophia02_1705
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schmidt_rockenphilosophia02_1705/22
Zitationshilfe: Schmidt, Johann Georg: Die gestriegelte Rocken-Philosophia, oder auffrichtige Untersuchung derer von vielen super-klugen Weibern hochgehaltenen Aberglauben. Bd. 2. Chemnitz, 1705, S. 198. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schmidt_rockenphilosophia02_1705/22>, abgerufen am 28.03.2024.