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Schmidt, Johann Georg: Die gestriegelte Rocken-Philosophia, oder auffrichtige Untersuchung derer von vielen super-klugen Weibern hochgehaltenen Aberglauben. Bd. 2. Chemnitz, 1705.

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Weibern hochgehaltenen Aberglauben.

BEsser ists/ wenn auff dem Roste ein paar
gute Bratwürste liegen/ und auff dem
Dreyfusse ein Kessel mit einem guten
Schincken oder fetten Karpffen stehet. Und sol-
cher Gestalt möchte dieser Glaubens-Punct
schon beantwortet seyn. Allein/ weil ich gleich-
wohl offt wahr genommen/ daß/ wenn an man-
chem Orte sind Fische gesotten worden/ die Kö-
chin/ so bald sie den Kessel vom Dreyfuß gehoben
gehabt/ einem andern dabey stehenden zugeruf-
fen/ daß er den Dreyfuß möchte umwerffen/
so habe ich nach solcher Bedeutung offt gefraget/
aber keinen andern Bescheid erhalten/ als daß es
nicht gut sey/ wenn der blosse Dreyfuß im Feuer
siehend bliebe. Endlich ist mir gesagt worden/
habe es auch in der dem grossen Planeten Buche
mit einverleibten alten Weiber-Philosophie ge-
funden/ daß es folgendes bedeuten selle: Nehm-
lich ein Weib/ welches den Rost oder Dreyfuß so
frey auff dem Feuer stehen liesse/ das würde un-
scheinbar/ runtzlich und alt. Ist demnach kein
Wunder/ daß die lieben Dinger so sor gfältig den
Dreyfuß aus dem Feuer thun; sintemahl ih-
nen an nichts mehr gelegen ist/ als an schöner
Gestalt/ weil sie wohl wissen/ daß so sie diese besi-
tzen/ ihnen das übrige/ was ihnen gefället/ auch
nicht leichte entstehen werde. Denn wenn sie
schön sind/ so sind sie denen Manns-Personen/

als
Weibern hochgehaltenen Aberglauben.

BEſſer iſts/ wenn auff dem Roſte ein paar
gute Bratwuͤrſte liegen/ und auff dem
Dreyfuſſe ein Keſſel mit einem guten
Schincken oder fetten Karpffen ſtehet. Und ſol-
cher Geſtalt moͤchte dieſer Glaubens-Punct
ſchon beantwortet ſeyn. Allein/ weil ich gleich-
wohl offt wahr genommen/ daß/ wenn an man-
chem Orte ſind Fiſche geſotten worden/ die Koͤ-
chin/ ſo bald ſie den Keſſel vom Dreyfuß gehoben
gehabt/ einem andern dabey ſtehenden zugeruf-
fen/ daß er den Dreyfuß moͤchte umwerffen/
ſo habe ich nach ſolcher Bedeutung offt gefraget/
aber keinen andern Beſcheid erhalten/ als daß es
nicht gut ſey/ wenn der bloſſe Dreyfuß im Feuer
ſiehend bliebe. Endlich iſt mir geſagt worden/
habe es auch in der dem groſſen Planeten Buche
mit einverleibten alten Weiber-Philoſophie ge-
funden/ daß es folgendes bedeuten ſelle: Nehm-
lich ein Weib/ welches den Roſt oder Dreyfuß ſo
frey auff dem Feuer ſtehen lieſſe/ das wuͤrde un-
ſcheinbar/ runtzlich und alt. Iſt demnach kein
Wunder/ daß die lieben Dinger ſo ſor gfaͤltig den
Dreyfuß aus dem Feuer thun; ſintemahl ih-
nen an nichts mehr gelegen iſt/ als an ſchoͤner
Geſtalt/ weil ſie wohl wiſſen/ daß ſo ſie dieſe beſi-
tzen/ ihnen das uͤbrige/ was ihnen gefaͤllet/ auch
nicht leichte entſtehen werde. Denn wenn ſie
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[221/0045] Weibern hochgehaltenen Aberglauben. BEſſer iſts/ wenn auff dem Roſte ein paar gute Bratwuͤrſte liegen/ und auff dem Dreyfuſſe ein Keſſel mit einem guten Schincken oder fetten Karpffen ſtehet. Und ſol- cher Geſtalt moͤchte dieſer Glaubens-Punct ſchon beantwortet ſeyn. Allein/ weil ich gleich- wohl offt wahr genommen/ daß/ wenn an man- chem Orte ſind Fiſche geſotten worden/ die Koͤ- chin/ ſo bald ſie den Keſſel vom Dreyfuß gehoben gehabt/ einem andern dabey ſtehenden zugeruf- fen/ daß er den Dreyfuß moͤchte umwerffen/ ſo habe ich nach ſolcher Bedeutung offt gefraget/ aber keinen andern Beſcheid erhalten/ als daß es nicht gut ſey/ wenn der bloſſe Dreyfuß im Feuer ſiehend bliebe. Endlich iſt mir geſagt worden/ habe es auch in der dem groſſen Planeten Buche mit einverleibten alten Weiber-Philoſophie ge- funden/ daß es folgendes bedeuten ſelle: Nehm- lich ein Weib/ welches den Roſt oder Dreyfuß ſo frey auff dem Feuer ſtehen lieſſe/ das wuͤrde un- ſcheinbar/ runtzlich und alt. Iſt demnach kein Wunder/ daß die lieben Dinger ſo ſor gfaͤltig den Dreyfuß aus dem Feuer thun; ſintemahl ih- nen an nichts mehr gelegen iſt/ als an ſchoͤner Geſtalt/ weil ſie wohl wiſſen/ daß ſo ſie dieſe beſi- tzen/ ihnen das uͤbrige/ was ihnen gefaͤllet/ auch nicht leichte entſtehen werde. Denn wenn ſie ſchoͤn ſind/ ſo ſind ſie denen Manns-Perſonen/ als

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Zitationshilfe: Schmidt, Johann Georg: Die gestriegelte Rocken-Philosophia, oder auffrichtige Untersuchung derer von vielen super-klugen Weibern hochgehaltenen Aberglauben. Bd. 2. Chemnitz, 1705, S. 221. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schmidt_rockenphilosophia02_1705/45>, abgerufen am 19.04.2024.