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Schopenhauer, Johanna: Johann van Eyck und seine Nachfolger. Bd. 1. Frankfurt (Main), 1822.

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heben sich zierlich geschnitzte Baldachine, genau wie
man es an den herrlichsten alten Kirchen sieht. Alles
dies scheint mit solcher täuschenden Wahrheit in
Stein gehauen, und ist von so vollendeter Aus-
führung, daß man sogar das Geäder des Holzwerks
an der offen stehenden Thüre, die Beschläge der-
selben, ja sogar die einzelnen Nägel erblickt. Hinter
der dieses Prachtgebäude krönenden Balustrade
stehen singende, musizirende, jubilirende, Blumen
hinabstreuende Engel, in reichen Meßgewändern;
etwas tiefer, auf zweien die Pfeiler umgebenden
Balkonen, auf jedem drei kleine wunderliebliche und
schön beschwingte Engel, ebenfalls in Meßgewän-
dern, welche von Gold und Juwelen strahlen; drei
von ihnen singen aus einem Buche, drei andere
spielen die Harfe, die Zither und die Geige. Wolken
umgeben das Gebäude von beiden Seiten, es
scheint sogar auf diesen zu ruhen, obgleich die letzte
der kristall- ähnlichen Stufen, welche zu denselben
führen, noch die Erde berührt, auf welcher zwischen
Kieseln und Kräutern Diamanten und Rubinen
umhergestreut liegen. Acht Geistliche haben schon


heben ſich zierlich geſchnitzte Baldachine, genau wie
man es an den herrlichſten alten Kirchen ſieht. Alles
dies ſcheint mit ſolcher täuſchenden Wahrheit in
Stein gehauen, und iſt von ſo vollendeter Aus-
führung, daß man ſogar das Geäder des Holzwerks
an der offen ſtehenden Thüre, die Beſchläge der-
ſelben, ja ſogar die einzelnen Nägel erblickt. Hinter
der dieſes Prachtgebäude krönenden Baluſtrade
ſtehen ſingende, muſizirende, jubilirende, Blumen
hinabſtreuende Engel, in reichen Meßgewändern;
etwas tiefer, auf zweien die Pfeiler umgebenden
Balkonen, auf jedem drei kleine wunderliebliche und
ſchön beſchwingte Engel, ebenfalls in Meßgewän-
dern, welche von Gold und Juwelen ſtrahlen; drei
von ihnen ſingen aus einem Buche, drei andere
ſpielen die Harfe, die Zither und die Geige. Wolken
umgeben das Gebäude von beiden Seiten, es
ſcheint ſogar auf dieſen zu ruhen, obgleich die letzte
der kriſtall- ähnlichen Stufen, welche zu denſelben
führen, noch die Erde berührt, auf welcher zwiſchen
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[92/0104] heben ſich zierlich geſchnitzte Baldachine, genau wie man es an den herrlichſten alten Kirchen ſieht. Alles dies ſcheint mit ſolcher täuſchenden Wahrheit in Stein gehauen, und iſt von ſo vollendeter Aus- führung, daß man ſogar das Geäder des Holzwerks an der offen ſtehenden Thüre, die Beſchläge der- ſelben, ja ſogar die einzelnen Nägel erblickt. Hinter der dieſes Prachtgebäude krönenden Baluſtrade ſtehen ſingende, muſizirende, jubilirende, Blumen hinabſtreuende Engel, in reichen Meßgewändern; etwas tiefer, auf zweien die Pfeiler umgebenden Balkonen, auf jedem drei kleine wunderliebliche und ſchön beſchwingte Engel, ebenfalls in Meßgewän- dern, welche von Gold und Juwelen ſtrahlen; drei von ihnen ſingen aus einem Buche, drei andere ſpielen die Harfe, die Zither und die Geige. Wolken umgeben das Gebäude von beiden Seiten, es ſcheint ſogar auf dieſen zu ruhen, obgleich die letzte der kriſtall- ähnlichen Stufen, welche zu denſelben führen, noch die Erde berührt, auf welcher zwiſchen Kieſeln und Kräutern Diamanten und Rubinen umhergeſtreut liegen. Acht Geiſtliche haben ſchon

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Zitationshilfe: Schopenhauer, Johanna: Johann van Eyck und seine Nachfolger. Bd. 1. Frankfurt (Main), 1822, S. 92. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schopenhauer_eyck01_1822/104>, abgerufen am 29.03.2024.