Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schopenhauer, Johanna: Johann van Eyck und seine Nachfolger. Bd. 1. Frankfurt (Main), 1822.

Bild:
<< vorherige Seite


eine abermalige Verwechselung des im funfzehnten
Jahrhundert üblichen Zeichens L für sieben, mit
der römischen V vermuthen ließe, so daß man 1450
statt 1470 las, welche Jahrzahl mit allem Übrigen
was wir von Hemling wissen, vollkommen überein-
stimmt.

Diese Gemälde sind wahrscheinlich alle längst
untergegangen, wenigstens nicht mehr an den Orten
zu finden, wo jener Reisende vor mehr als zwei-
hundert Jahren sie antraf. Doch aus ihrem einsti-
gen nicht zu bezweifelnden Daseyn, aus den Ähn-
lichkeiten mit den antiken Pferden des Markus-
platzes von Venedig, aus den Abbildungen des
Kolisäums und andrer römischen Alterthümer, welche
wir in Hemlings spätern Arbeiten antreffen, geht
wenigstens die höchste Wahrscheinlichkeit hervor,
daß er in seiner Jugend Jtalien gesehen habe, wo
freilich damals selbst Raphaels Lehrer, Pietro Peru-
gino, wohl kaum geboren war.

Vielleicht stand Hemling mit Antonello in Ver-
bindung, dessen Bekanntschaft er in Brügge gemacht
haben mußte, und kehrte nach einem Besuche bei


eine abermalige Verwechſelung des im funfzehnten
Jahrhundert üblichen Zeichens Λ für ſieben, mit
der römiſchen V vermuthen ließe, ſo daß man 1450
ſtatt 1470 las, welche Jahrzahl mit allem Übrigen
was wir von Hemling wiſſen, vollkommen überein-
ſtimmt.

Dieſe Gemälde ſind wahrſcheinlich alle längſt
untergegangen, wenigſtens nicht mehr an den Orten
zu finden, wo jener Reiſende vor mehr als zwei-
hundert Jahren ſie antraf. Doch aus ihrem einſti-
gen nicht zu bezweifelnden Daſeyn, aus den Ähn-
lichkeiten mit den antiken Pferden des Markus-
platzes von Venedig, aus den Abbildungen des
Koliſäums und andrer römiſchen Alterthümer, welche
wir in Hemlings ſpätern Arbeiten antreffen, geht
wenigſtens die höchſte Wahrſcheinlichkeit hervor,
daß er in ſeiner Jugend Jtalien geſehen habe, wo
freilich damals ſelbſt Raphaels Lehrer, Pietro Peru-
gino, wohl kaum geboren war.

Vielleicht ſtand Hemling mit Antonello in Ver-
bindung, deſſen Bekanntſchaft er in Brügge gemacht
haben mußte, und kehrte nach einem Beſuche bei

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0136" n="124"/><lb/>
eine abermalige Verwech&#x017F;elung des im funfzehnten<lb/>
Jahrhundert üblichen Zeichens &#x039B; für &#x017F;ieben, mit<lb/>
der römi&#x017F;chen <hi rendition="#aq">V</hi> vermuthen ließe, &#x017F;o daß man 1450<lb/>
&#x017F;tatt 1470 las, welche Jahrzahl mit allem Übrigen<lb/>
was wir von Hemling wi&#x017F;&#x017F;en, vollkommen überein-<lb/>
&#x017F;timmt.</p><lb/>
        <p>Die&#x017F;e Gemälde &#x017F;ind wahr&#x017F;cheinlich alle läng&#x017F;t<lb/>
untergegangen, wenig&#x017F;tens nicht mehr an den Orten<lb/>
zu finden, wo jener Rei&#x017F;ende vor mehr als zwei-<lb/>
hundert Jahren &#x017F;ie antraf. Doch aus ihrem ein&#x017F;ti-<lb/>
gen nicht zu bezweifelnden Da&#x017F;eyn, aus den Ähn-<lb/>
lichkeiten mit den antiken Pferden des Markus-<lb/>
platzes von Venedig, aus den Abbildungen des<lb/>
Koli&#x017F;äums und andrer römi&#x017F;chen Alterthümer, welche<lb/>
wir in Hemlings &#x017F;pätern Arbeiten antreffen, geht<lb/>
wenig&#x017F;tens die höch&#x017F;te Wahr&#x017F;cheinlichkeit hervor,<lb/>
daß er in &#x017F;einer Jugend Jtalien ge&#x017F;ehen habe, wo<lb/>
freilich damals &#x017F;elb&#x017F;t Raphaels Lehrer, Pietro Peru-<lb/>
gino, wohl kaum geboren war.</p><lb/>
        <p>Vielleicht &#x017F;tand Hemling mit Antonello in Ver-<lb/>
bindung, de&#x017F;&#x017F;en Bekannt&#x017F;chaft er in Brügge gemacht<lb/>
haben mußte, und kehrte nach einem Be&#x017F;uche bei<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[124/0136] eine abermalige Verwechſelung des im funfzehnten Jahrhundert üblichen Zeichens Λ für ſieben, mit der römiſchen V vermuthen ließe, ſo daß man 1450 ſtatt 1470 las, welche Jahrzahl mit allem Übrigen was wir von Hemling wiſſen, vollkommen überein- ſtimmt. Dieſe Gemälde ſind wahrſcheinlich alle längſt untergegangen, wenigſtens nicht mehr an den Orten zu finden, wo jener Reiſende vor mehr als zwei- hundert Jahren ſie antraf. Doch aus ihrem einſti- gen nicht zu bezweifelnden Daſeyn, aus den Ähn- lichkeiten mit den antiken Pferden des Markus- platzes von Venedig, aus den Abbildungen des Koliſäums und andrer römiſchen Alterthümer, welche wir in Hemlings ſpätern Arbeiten antreffen, geht wenigſtens die höchſte Wahrſcheinlichkeit hervor, daß er in ſeiner Jugend Jtalien geſehen habe, wo freilich damals ſelbſt Raphaels Lehrer, Pietro Peru- gino, wohl kaum geboren war. Vielleicht ſtand Hemling mit Antonello in Ver- bindung, deſſen Bekanntſchaft er in Brügge gemacht haben mußte, und kehrte nach einem Beſuche bei

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schopenhauer_eyck01_1822
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schopenhauer_eyck01_1822/136
Zitationshilfe: Schopenhauer, Johanna: Johann van Eyck und seine Nachfolger. Bd. 1. Frankfurt (Main), 1822, S. 124. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schopenhauer_eyck01_1822/136>, abgerufen am 28.03.2024.