ihm wieder nach Brügge zurück, wo er nach längst überstandnen Lehrjahren, zünftig und ansässig war. Wenigstens spricht der Umstand für diese Vermuthung, daß Morellos anonymer Reisende Hemlings Arbeiten nur in Venedig und Padua antraf, und sonst in keiner italienischen Stadt.
Die Miniaturmalerei, dieser jetzt so sehr ver- nachlässigte und gesunkene Zweig der Kunst, stand damals so hoch, daß selbst Meister wie Hemling ihn nicht verschmähen durften; der anonyme Reisende liefert uns einen Beweis davon in der Beschreibung eines kostbaren lateinischen Manuscripts, welches noch gegenwärtig in Venedig aufbewahrt wird. So wie wir den prunkvollen Gottesdienst der katho- lischen Kirche überhaupt als den Quell der Erhal- tung moderner Kunst anzusehen haben, so verdankte damals besonders die Miniaturmalerei unendlich viel dem Luxus und der Pracht, welche in jenen Zeiten Fürsten und vornehme Geistliche mit ihren Gebet- büchern trieben. Mehrere bedeutende Meister vereinten sich gewöhnlich um einige Blätter Perga- ment durch ihre Kunst zu einem unschätzbaren Kleinod
ihm wieder nach Brügge zurück, wo er nach längſt überſtandnen Lehrjahren, zünftig und anſäſſig war. Wenigſtens ſpricht der Umſtand für dieſe Vermuthung, daß Morellos anonymer Reiſende Hemlings Arbeiten nur in Venedig und Padua antraf, und ſonſt in keiner italieniſchen Stadt.
Die Miniaturmalerei, dieſer jetzt ſo ſehr ver- nachläſſigte und geſunkene Zweig der Kunſt, ſtand damals ſo hoch, daß ſelbſt Meiſter wie Hemling ihn nicht verſchmähen durften; der anonyme Reiſende liefert uns einen Beweis davon in der Beſchreibung eines koſtbaren lateiniſchen Manuſcripts, welches noch gegenwärtig in Venedig aufbewahrt wird. So wie wir den prunkvollen Gottesdienſt der katho- liſchen Kirche überhaupt als den Quell der Erhal- tung moderner Kunſt anzuſehen haben, ſo verdankte damals beſonders die Miniaturmalerei unendlich viel dem Luxus und der Pracht, welche in jenen Zeiten Fürſten und vornehme Geiſtliche mit ihren Gebet- büchern trieben. Mehrere bedeutende Meiſter vereinten ſich gewöhnlich um einige Blätter Perga- ment durch ihre Kunſt zu einem unſchätzbaren Kleinod
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ihm wieder nach Brügge zurück, wo er nach längſt
überſtandnen Lehrjahren, zünftig und anſäſſig
war. Wenigſtens ſpricht der Umſtand für dieſe
Vermuthung, daß Morellos anonymer Reiſende
Hemlings Arbeiten nur in Venedig und Padua
antraf, und ſonſt in keiner italieniſchen Stadt.
Die Miniaturmalerei, dieſer jetzt ſo ſehr ver-
nachläſſigte und geſunkene Zweig der Kunſt, ſtand
damals ſo hoch, daß ſelbſt Meiſter wie Hemling ihn
nicht verſchmähen durften; der anonyme Reiſende
liefert uns einen Beweis davon in der Beſchreibung
eines koſtbaren lateiniſchen Manuſcripts, welches
noch gegenwärtig in Venedig aufbewahrt wird.
So wie wir den prunkvollen Gottesdienſt der katho-
liſchen Kirche überhaupt als den Quell der Erhal-
tung moderner Kunſt anzuſehen haben, ſo verdankte
damals beſonders die Miniaturmalerei unendlich viel
dem Luxus und der Pracht, welche in jenen Zeiten
Fürſten und vornehme Geiſtliche mit ihren Gebet-
büchern trieben. Mehrere bedeutende Meiſter
vereinten ſich gewöhnlich um einige Blätter Perga-
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Schopenhauer, Johanna: Johann van Eyck und seine Nachfolger. Bd. 1. Frankfurt (Main), 1822, S. 125. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schopenhauer_eyck01_1822/137>, abgerufen am 25.04.2024.
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