Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schopenhauer, Johanna: Johann van Eyck und seine Nachfolger. Bd. 1. Frankfurt (Main), 1822.

Bild:
<< vorherige Seite


Hemling, als Krieger gekleidet, nach der Flucht
bei Granson oder Murten die Heimath wieder
auf, vielleicht that er auch wirklich Kriegsdienste,
nachdem er die Niederlage seines Fürsten gesehen,
und floh erst nach der unglücklichen Schlacht die im
Jahr 1477 am sechsten Januar bei Nancy geschlagen
ward, in Noth und Ungemach mitten im härtesten
Winter nach Hause. Gewiß ist es, daß um diese
Zeit von Damm aus ein Krieger, krank und ent-
stellt, in ärmliche Lumpen gehüllt, durch die Thore
von Brügge hereinwankte und das Mitleid der
Bürger in Anspruch nahm, die in ihm ihren ehema-
ligen Mitbürger und Zunftgenossen erkannten. Sie
führten den Armen in das von dem Stifter zu
solchem Behufe errichtete Johannis-Hospital. Dort
ward er verpflegt und geheilt; der Genesene ergriff
Pinsel und Palette, um das Haus, das ihn aufge-
nommen hatte, zum Beweise seiner Dankbarkeit
mit seiner Arbeit zu schmücken, und mit frohem
Erstaunen erkannte man jetzt in ihm den großen
Hemling wieder.

Bewundernswerthe Gebilde gingen von nun


Hemling, als Krieger gekleidet, nach der Flucht
bei Granſon oder Murten die Heimath wieder
auf, vielleicht that er auch wirklich Kriegsdienſte,
nachdem er die Niederlage ſeines Fürſten geſehen,
und floh erſt nach der unglücklichen Schlacht die im
Jahr 1477 am ſechſten Januar bei Nancy geſchlagen
ward, in Noth und Ungemach mitten im härteſten
Winter nach Hauſe. Gewiß iſt es, daß um dieſe
Zeit von Damm aus ein Krieger, krank und ent-
ſtellt, in ärmliche Lumpen gehüllt, durch die Thore
von Brügge hereinwankte und das Mitleid der
Bürger in Anſpruch nahm, die in ihm ihren ehema-
ligen Mitbürger und Zunftgenoſſen erkannten. Sie
führten den Armen in das von dem Stifter zu
ſolchem Behufe errichtete Johannis-Hoſpital. Dort
ward er verpflegt und geheilt; der Geneſene ergriff
Pinſel und Palette, um das Haus, das ihn aufge-
nommen hatte, zum Beweiſe ſeiner Dankbarkeit
mit ſeiner Arbeit zu ſchmücken, und mit frohem
Erſtaunen erkannte man jetzt in ihm den großen
Hemling wieder.

Bewundernswerthe Gebilde gingen von nun

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0145" n="133"/><lb/>
Hemling, als Krieger gekleidet, nach der Flucht<lb/>
bei Gran&#x017F;on oder Murten die Heimath wieder<lb/>
auf, vielleicht that er auch wirklich Kriegsdien&#x017F;te,<lb/>
nachdem er die Niederlage &#x017F;eines Für&#x017F;ten ge&#x017F;ehen,<lb/>
und floh er&#x017F;t nach der unglücklichen Schlacht die im<lb/>
Jahr 1477 am &#x017F;ech&#x017F;ten Januar bei Nancy ge&#x017F;chlagen<lb/>
ward, in Noth und Ungemach mitten im härte&#x017F;ten<lb/>
Winter nach Hau&#x017F;e. Gewiß i&#x017F;t es, daß um die&#x017F;e<lb/>
Zeit von Damm aus ein Krieger, krank und ent-<lb/>
&#x017F;tellt, in ärmliche Lumpen gehüllt, durch die Thore<lb/>
von Brügge hereinwankte und das Mitleid der<lb/>
Bürger in An&#x017F;pruch nahm, die in ihm ihren ehema-<lb/>
ligen Mitbürger und Zunftgeno&#x017F;&#x017F;en erkannten. Sie<lb/>
führten den Armen in das von dem Stifter zu<lb/>
&#x017F;olchem Behufe errichtete Johannis-Ho&#x017F;pital. Dort<lb/>
ward er verpflegt und geheilt; der Gene&#x017F;ene ergriff<lb/>
Pin&#x017F;el und Palette, um das Haus, das ihn aufge-<lb/>
nommen hatte, zum Bewei&#x017F;e &#x017F;einer Dankbarkeit<lb/>
mit &#x017F;einer Arbeit zu &#x017F;chmücken, und mit frohem<lb/>
Er&#x017F;taunen erkannte man jetzt in ihm den großen<lb/>
Hemling wieder.</p><lb/>
        <p>Bewundernswerthe Gebilde gingen von nun<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[133/0145] Hemling, als Krieger gekleidet, nach der Flucht bei Granſon oder Murten die Heimath wieder auf, vielleicht that er auch wirklich Kriegsdienſte, nachdem er die Niederlage ſeines Fürſten geſehen, und floh erſt nach der unglücklichen Schlacht die im Jahr 1477 am ſechſten Januar bei Nancy geſchlagen ward, in Noth und Ungemach mitten im härteſten Winter nach Hauſe. Gewiß iſt es, daß um dieſe Zeit von Damm aus ein Krieger, krank und ent- ſtellt, in ärmliche Lumpen gehüllt, durch die Thore von Brügge hereinwankte und das Mitleid der Bürger in Anſpruch nahm, die in ihm ihren ehema- ligen Mitbürger und Zunftgenoſſen erkannten. Sie führten den Armen in das von dem Stifter zu ſolchem Behufe errichtete Johannis-Hoſpital. Dort ward er verpflegt und geheilt; der Geneſene ergriff Pinſel und Palette, um das Haus, das ihn aufge- nommen hatte, zum Beweiſe ſeiner Dankbarkeit mit ſeiner Arbeit zu ſchmücken, und mit frohem Erſtaunen erkannte man jetzt in ihm den großen Hemling wieder. Bewundernswerthe Gebilde gingen von nun

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schopenhauer_eyck01_1822
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schopenhauer_eyck01_1822/145
Zitationshilfe: Schopenhauer, Johanna: Johann van Eyck und seine Nachfolger. Bd. 1. Frankfurt (Main), 1822, S. 133. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schopenhauer_eyck01_1822/145>, abgerufen am 29.03.2024.