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Schopenhauer, Johanna: Johann van Eyck und seine Nachfolger. Bd. 1. Frankfurt (Main), 1822.

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eine der Seitentafeln stellte den heiligen Johannes,
die zweite die Tochter Herodes im Tanze dar, und
obgleich das Ganze ebenfalls auf den Effekt gemalt
war, so erregte es doch wegen seiner übrigen Treff-
lichkeit nicht nur allgemeine Bewunderung, sondern
ward auch von Kennern sehr hoch gehalten. Dieses
Gemälde gehörte ursprünglich der Tischlergilde zu
Antwerpen, für die Quyntin Meßis es gemalt hatte.
König Philipp der zweite von Spanien strebte eifrig
nach dessen Besitz; die Denous mögen damals doch
noch nicht ganz üblich gewesen seyn, denn er begnügte
sich, große Summen dafür zu bieten, ohne daß
jedoch die Tischlerzunft sich dazu bewegen ließ, das
Kunstwerk dafür hinzugeben. Neue Gefahren
drohten dem Meisterwerke bald darauf, als die
Bilderstürmer vernichtend herumzogen, doch es
ward sorgfältig verborgen und gerettet, wo so
vieles zu Grunde ging. Endlich im Jahr 1577,
zwangen die Umstände die Besitzer es an die Stadt
Antwerpen selbst zu verkaufen, welche ihm den
Ehrenplatz in der Marien-Kirche einräumte. Sie
erhielten die damals beträchtliche Summe von


eine der Seitentafeln ſtellte den heiligen Johannes,
die zweite die Tochter Herodes im Tanze dar, und
obgleich das Ganze ebenfalls auf den Effekt gemalt
war, ſo erregte es doch wegen ſeiner übrigen Treff-
lichkeit nicht nur allgemeine Bewunderung, ſondern
ward auch von Kennern ſehr hoch gehalten. Dieſes
Gemälde gehörte urſprünglich der Tiſchlergilde zu
Antwerpen, für die Quyntin Meßis es gemalt hatte.
König Philipp der zweite von Spanien ſtrebte eifrig
nach deſſen Beſitz; die Denous mögen damals doch
noch nicht ganz üblich geweſen ſeyn, denn er begnügte
ſich, große Summen dafür zu bieten, ohne daß
jedoch die Tiſchlerzunft ſich dazu bewegen ließ, das
Kunſtwerk dafür hinzugeben. Neue Gefahren
drohten dem Meiſterwerke bald darauf, als die
Bilderſtürmer vernichtend herumzogen, doch es
ward ſorgfältig verborgen und gerettet, wo ſo
vieles zu Grunde ging. Endlich im Jahr 1577,
zwangen die Umſtände die Beſitzer es an die Stadt
Antwerpen ſelbſt zu verkaufen, welche ihm den
Ehrenplatz in der Marien-Kirche einräumte. Sie
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[203/0215] eine der Seitentafeln ſtellte den heiligen Johannes, die zweite die Tochter Herodes im Tanze dar, und obgleich das Ganze ebenfalls auf den Effekt gemalt war, ſo erregte es doch wegen ſeiner übrigen Treff- lichkeit nicht nur allgemeine Bewunderung, ſondern ward auch von Kennern ſehr hoch gehalten. Dieſes Gemälde gehörte urſprünglich der Tiſchlergilde zu Antwerpen, für die Quyntin Meßis es gemalt hatte. König Philipp der zweite von Spanien ſtrebte eifrig nach deſſen Beſitz; die Denous mögen damals doch noch nicht ganz üblich geweſen ſeyn, denn er begnügte ſich, große Summen dafür zu bieten, ohne daß jedoch die Tiſchlerzunft ſich dazu bewegen ließ, das Kunſtwerk dafür hinzugeben. Neue Gefahren drohten dem Meiſterwerke bald darauf, als die Bilderſtürmer vernichtend herumzogen, doch es ward ſorgfältig verborgen und gerettet, wo ſo vieles zu Grunde ging. Endlich im Jahr 1577, zwangen die Umſtände die Beſitzer es an die Stadt Antwerpen ſelbſt zu verkaufen, welche ihm den Ehrenplatz in der Marien-Kirche einräumte. Sie erhielten die damals beträchtliche Summe von

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Zitationshilfe: Schopenhauer, Johanna: Johann van Eyck und seine Nachfolger. Bd. 1. Frankfurt (Main), 1822, S. 203. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schopenhauer_eyck01_1822/215>, abgerufen am 29.03.2024.