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Schopenhauer, Johanna: Johann van Eyck und seine Nachfolger. Bd. 1. Frankfurt (Main), 1822.

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die Abbildung der heiligen Katharina, das andere
die der heiligen Barbara, beide fürstlich geschmückt,
mit Juwelen, Gold, Perlen und hellfarbigen glän-
zenden Gewändern. Nichts kann lieblicher seyn
als diese beiden jugendlichen Köpfchen, besonders
das der heiligen Barbara; ein zarter durchsichtiger,
leicht geschlungner Schleier bildet ihren höchst ge-
fälligen Kopfputz. Eigne Erfindung bei der Darstel-
lung bedeutender Momente in seinen größern Kom-
positionen war indessen nicht die glänzendste Seite
dieses sonst so trefflichen Meisters. Oft bei der
Zusammenstellung seiner Gruppen in Verlegenheit,
half er sich mit seinen aus Jtalien gebrachten
Studien, mit Erinnerungen aus den Werken seiner
dortigen berühmtesten Kunstgenossen. Deshalb war
er höchst unzufrieden als Hieronymus Cock eine
Sammlung Kupferstiche nach Raphaels Werken her-
ausgab, weil dadurch offenbar wurde, wie sehr er
diese, besonders bei seiner Darstellung der sterben-
den Maria, benutzt hatte.

Bei seinem großen Reichthum ward Michael
Coxcis dennoch nicht lässig im Erwerb und ver-


die Abbildung der heiligen Katharina, das andere
die der heiligen Barbara, beide fürſtlich geſchmückt,
mit Juwelen, Gold, Perlen und hellfarbigen glän-
zenden Gewändern. Nichts kann lieblicher ſeyn
als dieſe beiden jugendlichen Köpfchen, beſonders
das der heiligen Barbara; ein zarter durchſichtiger,
leicht geſchlungner Schleier bildet ihren höchſt ge-
fälligen Kopfputz. Eigne Erfindung bei der Darſtel-
lung bedeutender Momente in ſeinen größern Kom-
poſitionen war indeſſen nicht die glänzendſte Seite
dieſes ſonſt ſo trefflichen Meiſters. Oft bei der
Zuſammenſtellung ſeiner Gruppen in Verlegenheit,
half er ſich mit ſeinen aus Jtalien gebrachten
Studien, mit Erinnerungen aus den Werken ſeiner
dortigen berühmteſten Kunſtgenoſſen. Deshalb war
er höchſt unzufrieden als Hieronymus Cock eine
Sammlung Kupferſtiche nach Raphaels Werken her-
ausgab, weil dadurch offenbar wurde, wie ſehr er
dieſe, beſonders bei ſeiner Darſtellung der ſterben-
den Maria, benutzt hatte.

Bei ſeinem großen Reichthum ward Michael
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[218/0230] die Abbildung der heiligen Katharina, das andere die der heiligen Barbara, beide fürſtlich geſchmückt, mit Juwelen, Gold, Perlen und hellfarbigen glän- zenden Gewändern. Nichts kann lieblicher ſeyn als dieſe beiden jugendlichen Köpfchen, beſonders das der heiligen Barbara; ein zarter durchſichtiger, leicht geſchlungner Schleier bildet ihren höchſt ge- fälligen Kopfputz. Eigne Erfindung bei der Darſtel- lung bedeutender Momente in ſeinen größern Kom- poſitionen war indeſſen nicht die glänzendſte Seite dieſes ſonſt ſo trefflichen Meiſters. Oft bei der Zuſammenſtellung ſeiner Gruppen in Verlegenheit, half er ſich mit ſeinen aus Jtalien gebrachten Studien, mit Erinnerungen aus den Werken ſeiner dortigen berühmteſten Kunſtgenoſſen. Deshalb war er höchſt unzufrieden als Hieronymus Cock eine Sammlung Kupferſtiche nach Raphaels Werken her- ausgab, weil dadurch offenbar wurde, wie ſehr er dieſe, beſonders bei ſeiner Darſtellung der ſterben- den Maria, benutzt hatte. Bei ſeinem großen Reichthum ward Michael Coxcis dennoch nicht läſſig im Erwerb und ver-

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Zitationshilfe: Schopenhauer, Johanna: Johann van Eyck und seine Nachfolger. Bd. 1. Frankfurt (Main), 1822, S. 218. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schopenhauer_eyck01_1822/230>, abgerufen am 19.04.2024.