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Schopenhauer, Johanna: Johann van Eyck und seine Nachfolger. Bd. 1. Frankfurt (Main), 1822.

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geahnet, welche er mit ihrer Hülfe einst für die Ma-
lerei erringen würde. Hohe Klarheit des Geistes,
unglaublich schnelles Fassungsvermögen erleichterten
diesem seltnen Menschen jedes wissenschaftliche und
künstlerische Streben; sein verständiges Wesen, die
Anmuth, die Güte seines Karackters, die anspruchlose
edle Zierlichkeit seiner Sitten erwarben ihm überall
Achtung und Liebe, wo er auch erschien, bei Großen
und Kleinen. Hubert, der weit ältere Bruder,
Anfangs Johannes und auch wohl Margarethens
väterlicher Freund und Lehrer, ward bald der würdige
neidlose Gehülfe des hochbegabten jüngern Bruders,
und dieser hing dafür mit unsäglicher Liebe und
Ehrfurcht an ihm, dem er die Entwickelung seiner
Kräfte in so hohem Grade verdankte. Mehrere
seiner herrlichsten Werke, in denen er die Gestalt
des geliebten Bruders auf die ehrendste Weise
verewigte, geben uns noch bis auf den heutigen
Tag die sprechendsten Beweise dieses von Dankbarkeit
und Liebe festgeschlungnen brüderlichen Vereins.

Unter Huberts Leitung, an der Seite seiner
Schwester Margarethe, verlebte Johannes van


geahnet, welche er mit ihrer Hülfe einſt für die Ma-
lerei erringen würde. Hohe Klarheit des Geiſtes,
unglaublich ſchnelles Faſſungsvermögen erleichterten
dieſem ſeltnen Menſchen jedes wiſſenſchaftliche und
künſtleriſche Streben; ſein verſtändiges Weſen, die
Anmuth, die Güte ſeines Karackters, die anſpruchloſe
edle Zierlichkeit ſeiner Sitten erwarben ihm überall
Achtung und Liebe, wo er auch erſchien, bei Großen
und Kleinen. Hubert, der weit ältere Bruder,
Anfangs Johannes und auch wohl Margarethens
väterlicher Freund und Lehrer, ward bald der würdige
neidloſe Gehülfe des hochbegabten jüngern Bruders,
und dieſer hing dafür mit unſäglicher Liebe und
Ehrfurcht an ihm, dem er die Entwickelung ſeiner
Kräfte in ſo hohem Grade verdankte. Mehrere
ſeiner herrlichſten Werke, in denen er die Geſtalt
des geliebten Bruders auf die ehrendſte Weiſe
verewigte, geben uns noch bis auf den heutigen
Tag die ſprechendſten Beweiſe dieſes von Dankbarkeit
und Liebe feſtgeſchlungnen brüderlichen Vereins.

Unter Huberts Leitung, an der Seite ſeiner
Schweſter Margarethe, verlebte Johannes van

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[21/0033] geahnet, welche er mit ihrer Hülfe einſt für die Ma- lerei erringen würde. Hohe Klarheit des Geiſtes, unglaublich ſchnelles Faſſungsvermögen erleichterten dieſem ſeltnen Menſchen jedes wiſſenſchaftliche und künſtleriſche Streben; ſein verſtändiges Weſen, die Anmuth, die Güte ſeines Karackters, die anſpruchloſe edle Zierlichkeit ſeiner Sitten erwarben ihm überall Achtung und Liebe, wo er auch erſchien, bei Großen und Kleinen. Hubert, der weit ältere Bruder, Anfangs Johannes und auch wohl Margarethens väterlicher Freund und Lehrer, ward bald der würdige neidloſe Gehülfe des hochbegabten jüngern Bruders, und dieſer hing dafür mit unſäglicher Liebe und Ehrfurcht an ihm, dem er die Entwickelung ſeiner Kräfte in ſo hohem Grade verdankte. Mehrere ſeiner herrlichſten Werke, in denen er die Geſtalt des geliebten Bruders auf die ehrendſte Weiſe verewigte, geben uns noch bis auf den heutigen Tag die ſprechendſten Beweiſe dieſes von Dankbarkeit und Liebe feſtgeſchlungnen brüderlichen Vereins. Unter Huberts Leitung, an der Seite ſeiner Schweſter Margarethe, verlebte Johannes van

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Zitationshilfe: Schopenhauer, Johanna: Johann van Eyck und seine Nachfolger. Bd. 1. Frankfurt (Main), 1822, S. 21. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schopenhauer_eyck01_1822/33>, abgerufen am 18.04.2024.