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Schwann, Theodor: Mikroskopische Untersuchungen über die Uebereinstimmung in der Struktur und dem Wachsthum der Thiere und Pflanzen. Berlin, 1839.

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(S. Tab. III. Fig. 10.), dass vielleicht beides Cytoblasten
einer Zelle sind, indem der um beide Kerne sich bildende,
die Zellenbildung vorbereitende Niederschlag sich so in
seiner äussern Schichte kondensirte, dass beide Kerne von
der Membran eingeschlossen wurden. Indessen fehlt dar-
über die Nachweisung durch die Beobachtung, und es ist
noch eine andere Erklärung der gleichen Lage dieser beiden
Zellenkerne möglich. Das Fett drängt nämlich jeden mit
Wasser imbibirten Körper nach aussen, um seine Kugel-
gestalt anzunehmen. Entsteht also auch in einer solchen
Fettzelle später ein zweiter Kern, so wird er durch das
Fett nach aussen gedrückt, und muss die Zellenmembran
allmählich hügelförmig in die Höhe heben. Es ist übrigens
noch zu bemerken, dass es auch wirklich nachweisbar vor-
kommt, dass die ausgebildete Scheidewand zwischen zwei
Zellen resorbirt werden kann, z. B. bei den Spiralgefässen
der Pflanzen.

Theorie der Zellen.

Die ganze bisherige Untersuchung hatte den Zweck,
die Bildungsweise der Elementartheile der Organismen rein
nach Beobachtungen darzustellen. Theoretische Ansichten
wurden entweder ganz ausgeschlossen, oder wo sie, wie
in dem letzten Resume über das Zellenleben, entweder
zur Deutlichmachung der Thatsachen oder zur Vermeidung
späterer Wiederhohlungen nöthig waren, so dargestellt, dass
man leicht erkennt, was Beobachtung und was Raisonnement
ist. Es drängt sich aber unabweisbar die Frage nach dem
Grunde all dieser Erscheinungen auf, und ein Versuch,
die Lösung dieser Frage vorzubereiten, wird daher um so
eher erlaubt sein, als durch die scharfe Trennung der
Theorie von den Beobachtungen das Hypothetische von
dem Sicheren deutlich unterschieden werden kann. Eine
Hypothese ist nie nachtheilig, so lange man sich des Gra-
des ihrer Zuverlässigkeit und der Gründe bewusst bleibt,
auf der sie beruht. Es ist selbst für die Wissenschaft vor-
theilhaft, ja nothwendig, wenn ein gewisser Cyklus von Er-

(S. Tab. III. Fig. 10.), daſs vielleicht beides Cytoblasten
einer Zelle sind, indem der um beide Kerne sich bildende,
die Zellenbildung vorbereitende Niederschlag sich so in
seiner äuſsern Schichte kondensirte, daſs beide Kerne von
der Membran eingeschlossen wurden. Indessen fehlt dar-
über die Nachweisung durch die Beobachtung, und es ist
noch eine andere Erklärung der gleichen Lage dieser beiden
Zellenkerne möglich. Das Fett drängt nämlich jeden mit
Wasser imbibirten Körper nach auſsen, um seine Kugel-
gestalt anzunehmen. Entsteht also auch in einer solchen
Fettzelle später ein zweiter Kern, so wird er durch das
Fett nach auſsen gedrückt, und muſs die Zellenmembran
allmählich hügelförmig in die Höhe heben. Es ist übrigens
noch zu bemerken, daſs es auch wirklich nachweisbar vor-
kommt, daſs die ausgebildete Scheidewand zwischen zwei
Zellen resorbirt werden kann, z. B. bei den Spiralgefäſsen
der Pflanzen.

Theorie der Zellen.

Die ganze bisherige Untersuchung hatte den Zweck,
die Bildungsweise der Elementartheile der Organismen rein
nach Beobachtungen darzustellen. Theoretische Ansichten
wurden entweder ganz ausgeschlossen, oder wo sie, wie
in dem letzten Resumé über das Zellenleben, entweder
zur Deutlichmachung der Thatsachen oder zur Vermeidung
späterer Wiederhohlungen nöthig waren, so dargestellt, daſs
man leicht erkennt, was Beobachtung und was Raisonnement
ist. Es drängt sich aber unabweisbar die Frage nach dem
Grunde all dieser Erscheinungen auf, und ein Versuch,
die Lösung dieser Frage vorzubereiten, wird daher um so
eher erlaubt sein, als durch die scharfe Trennung der
Theorie von den Beobachtungen das Hypothetische von
dem Sicheren deutlich unterschieden werden kann. Eine
Hypothese ist nie nachtheilig, so lange man sich des Gra-
des ihrer Zuverlässigkeit und der Gründe bewuſst bleibt,
auf der sie beruht. Es ist selbst für die Wissenschaft vor-
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[220/0244] (S. Tab. III. Fig. 10.), daſs vielleicht beides Cytoblasten einer Zelle sind, indem der um beide Kerne sich bildende, die Zellenbildung vorbereitende Niederschlag sich so in seiner äuſsern Schichte kondensirte, daſs beide Kerne von der Membran eingeschlossen wurden. Indessen fehlt dar- über die Nachweisung durch die Beobachtung, und es ist noch eine andere Erklärung der gleichen Lage dieser beiden Zellenkerne möglich. Das Fett drängt nämlich jeden mit Wasser imbibirten Körper nach auſsen, um seine Kugel- gestalt anzunehmen. Entsteht also auch in einer solchen Fettzelle später ein zweiter Kern, so wird er durch das Fett nach auſsen gedrückt, und muſs die Zellenmembran allmählich hügelförmig in die Höhe heben. Es ist übrigens noch zu bemerken, daſs es auch wirklich nachweisbar vor- kommt, daſs die ausgebildete Scheidewand zwischen zwei Zellen resorbirt werden kann, z. B. bei den Spiralgefäſsen der Pflanzen. Theorie der Zellen. Die ganze bisherige Untersuchung hatte den Zweck, die Bildungsweise der Elementartheile der Organismen rein nach Beobachtungen darzustellen. Theoretische Ansichten wurden entweder ganz ausgeschlossen, oder wo sie, wie in dem letzten Resumé über das Zellenleben, entweder zur Deutlichmachung der Thatsachen oder zur Vermeidung späterer Wiederhohlungen nöthig waren, so dargestellt, daſs man leicht erkennt, was Beobachtung und was Raisonnement ist. Es drängt sich aber unabweisbar die Frage nach dem Grunde all dieser Erscheinungen auf, und ein Versuch, die Lösung dieser Frage vorzubereiten, wird daher um so eher erlaubt sein, als durch die scharfe Trennung der Theorie von den Beobachtungen das Hypothetische von dem Sicheren deutlich unterschieden werden kann. Eine Hypothese ist nie nachtheilig, so lange man sich des Gra- des ihrer Zuverlässigkeit und der Gründe bewuſst bleibt, auf der sie beruht. Es ist selbst für die Wissenschaft vor- theilhaft, ja nothwendig, wenn ein gewisser Cyklus von Er-

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Zitationshilfe: Schwann, Theodor: Mikroskopische Untersuchungen über die Uebereinstimmung in der Struktur und dem Wachsthum der Thiere und Pflanzen. Berlin, 1839, S. 220. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schwann_mikroskopische_1839/244>, abgerufen am 29.03.2024.