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Schwappach, Adam: Forstpolitik, Jagd- und Fischereipolitik. Leipzig, 1894.

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A. Erster (allgemeiner) Teil.

Die in der Anmerkung 1) beigefügten Definitionen verschiedener Au-
toren über den Begriff des absoluten Waldbodens lassen ersehen, dass
dieser Begriff in einem doppelten Sinne aufgefasst werden kann, näm-
lich in einem technischen und in einem wirtschaftlichen.

Absoluter Waldboden im technischen Sinne ist nur in geringem Masse
vorhanden, wenn lediglich darauf Rücksicht genommen wird, ob auf der
betreffenden Fläche überhaupt ein anderer bodenwirtschaftlicher Be-
trieb möglich ist oder nicht.

In rauhen und steilen Lagen ist, wie bereits bemerkt, fast stets noch
Weidebetrieb zulässig (Wildheuern im steilsten Gelände), und die gerin-
gen Sandböden würden bei Anwendung der nötigen Mengen Dung, bei
Meliorierung mit besseren Bodenarten oder beim Anbau geeigneter
Gewächse wohl ebenfalls meist auch der landwirtschaftlichen Kultur
fähig sein.

Wesentlich anders stellt sich aber das Verhältnis bei der Würdi-
gung vom wirtschaftlichen Gesichtspunkte aus. Hiernach ist Land-
wirtschaft auf ausgedehnten Flächen nicht möglich, welche technisch
hierzu jedenfalls geeignet wären. Die Bevölkerungsverhältnisse, ver-
fügbare Geldmittel, Preis der landwirtschaftlichen Produkte, das Vor-
handensein geeigneter Gewächse (Lupine, Seradella, Esparsette) fallen
hierbei ins Gewicht.

Der relative Waldboden muss behufs Umwandlung in landwirtschaft-
lich benutztes Gelände nicht nur fähig sein, landwirtschaftliche Kul-
turgewächse zu ernähren, sondern er muss auch denselben mit Hülfe
von Arbeit und Düngung eine Entwicklung ermöglichen, welche
noch einen die aufgewandten Kosten übersteigenden Ertrag erwarten
lässt. Hierbei spielt aber nicht bloss die landwirtschaftliche Intelligenz

1) Der Ausdruck "absoluter" und "relativer" Waldboden rührt von Hundes-
hagen
her, welcher in einer Anmerkung zu § 767 seiner 1821 erschienenen Encyclo-
pädie der Forstwissenschaft sagt: Jeden für den Feldbau untauglichen Boden kann
man hiernach unbedingten Waldboden im engeren Sinne nennen; im weiteren Sinne
gehört aber auch jedes für die Gesundheitserhaltung der Länder notwendige Wald-
stück hinzu. Dagegen lässt sich jede zur Feldkultur fähige und für gewisse Zeiten-
Verhältnisse zu unseren Bedürfnissen noch notwendige Waldfläche durch bedingten
Waldboden bezeichnen.
Bergt (a. a. O. S. 54) sagt: Absoluter Waldboden ist solcher, wo eine andere Boden-
kultur nicht ausführbar ist, sei es nun wegen seiner geringen Fruchtbarkeit oder
wegen seiner Lage; oft kommt auch beides zusammen, z. B. auf Flugsand, an Roll-
steinwänden, auf nassem Bruchboden oder bei rauher Gebirgslage, bei der Exposi-
tion an Seeküsten, am hohen Norden oder wegen der Steilheit der Lage.
Albert (a. a. O. S. 128) nennt absoluten Waldboden jenen, welcher nach den klima-
tischen Verhältnissen sowie vermöge seiner Lage, Beschaffenheit und Entfernung von
menschlichen Wohnungen für eine andere Kulturart nicht tauglich ist.
Vgl. ferner: Fischbach, Über die Grenze zwischen relativem und absolutem
Waldboden, in der Zeitschr. f. ges. Staatswissenschaft 1894 S. 86.
A. Erster (allgemeiner) Teil.

Die in der Anmerkung 1) beigefügten Definitionen verschiedener Au-
toren über den Begriff des absoluten Waldbodens lassen ersehen, daſs
dieser Begriff in einem doppelten Sinne aufgefaſst werden kann, näm-
lich in einem technischen und in einem wirtschaftlichen.

Absoluter Waldboden im technischen Sinne ist nur in geringem Maſse
vorhanden, wenn lediglich darauf Rücksicht genommen wird, ob auf der
betreffenden Fläche überhaupt ein anderer bodenwirtschaftlicher Be-
trieb möglich ist oder nicht.

In rauhen und steilen Lagen ist, wie bereits bemerkt, fast stets noch
Weidebetrieb zulässig (Wildheuern im steilsten Gelände), und die gerin-
gen Sandböden würden bei Anwendung der nötigen Mengen Dung, bei
Meliorierung mit besseren Bodenarten oder beim Anbau geeigneter
Gewächse wohl ebenfalls meist auch der landwirtschaftlichen Kultur
fähig sein.

Wesentlich anders stellt sich aber das Verhältnis bei der Würdi-
gung vom wirtschaftlichen Gesichtspunkte aus. Hiernach ist Land-
wirtschaft auf ausgedehnten Flächen nicht möglich, welche technisch
hierzu jedenfalls geeignet wären. Die Bevölkerungsverhältnisse, ver-
fügbare Geldmittel, Preis der landwirtschaftlichen Produkte, das Vor-
handensein geeigneter Gewächse (Lupine, Seradella, Esparsette) fallen
hierbei ins Gewicht.

Der relative Waldboden muſs behufs Umwandlung in landwirtschaft-
lich benutztes Gelände nicht nur fähig sein, landwirtschaftliche Kul-
turgewächse zu ernähren, sondern er muſs auch denselben mit Hülfe
von Arbeit und Düngung eine Entwicklung ermöglichen, welche
noch einen die aufgewandten Kosten übersteigenden Ertrag erwarten
läſst. Hierbei spielt aber nicht bloſs die landwirtschaftliche Intelligenz

1) Der Ausdruck „absoluter“ und „relativer“ Waldboden rührt von Hundes-
hagen
her, welcher in einer Anmerkung zu § 767 seiner 1821 erschienenen Encyclo-
pädie der Forstwissenschaft sagt: Jeden für den Feldbau untauglichen Boden kann
man hiernach unbedingten Waldboden im engeren Sinne nennen; im weiteren Sinne
gehört aber auch jedes für die Gesundheitserhaltung der Länder notwendige Wald-
stück hinzu. Dagegen läſst sich jede zur Feldkultur fähige und für gewisse Zeiten-
Verhältnisse zu unseren Bedürfnissen noch notwendige Waldfläche durch bedingten
Waldboden bezeichnen.
Bergt (a. a. O. S. 54) sagt: Absoluter Waldboden ist solcher, wo eine andere Boden-
kultur nicht ausführbar ist, sei es nun wegen seiner geringen Fruchtbarkeit oder
wegen seiner Lage; oft kommt auch beides zusammen, z. B. auf Flugsand, an Roll-
steinwänden, auf nassem Bruchboden oder bei rauher Gebirgslage, bei der Exposi-
tion an Seeküsten, am hohen Norden oder wegen der Steilheit der Lage.
Albert (a. a. O. S. 128) nennt absoluten Waldboden jenen, welcher nach den klima-
tischen Verhältnissen sowie vermöge seiner Lage, Beschaffenheit und Entfernung von
menschlichen Wohnungen für eine andere Kulturart nicht tauglich ist.
Vgl. ferner: Fischbach, Über die Grenze zwischen relativem und absolutem
Waldboden, in der Zeitschr. f. ges. Staatswissenschaft 1894 S. 86.
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[10/0028] A. Erster (allgemeiner) Teil. Die in der Anmerkung 1) beigefügten Definitionen verschiedener Au- toren über den Begriff des absoluten Waldbodens lassen ersehen, daſs dieser Begriff in einem doppelten Sinne aufgefaſst werden kann, näm- lich in einem technischen und in einem wirtschaftlichen. Absoluter Waldboden im technischen Sinne ist nur in geringem Maſse vorhanden, wenn lediglich darauf Rücksicht genommen wird, ob auf der betreffenden Fläche überhaupt ein anderer bodenwirtschaftlicher Be- trieb möglich ist oder nicht. In rauhen und steilen Lagen ist, wie bereits bemerkt, fast stets noch Weidebetrieb zulässig (Wildheuern im steilsten Gelände), und die gerin- gen Sandböden würden bei Anwendung der nötigen Mengen Dung, bei Meliorierung mit besseren Bodenarten oder beim Anbau geeigneter Gewächse wohl ebenfalls meist auch der landwirtschaftlichen Kultur fähig sein. Wesentlich anders stellt sich aber das Verhältnis bei der Würdi- gung vom wirtschaftlichen Gesichtspunkte aus. Hiernach ist Land- wirtschaft auf ausgedehnten Flächen nicht möglich, welche technisch hierzu jedenfalls geeignet wären. Die Bevölkerungsverhältnisse, ver- fügbare Geldmittel, Preis der landwirtschaftlichen Produkte, das Vor- handensein geeigneter Gewächse (Lupine, Seradella, Esparsette) fallen hierbei ins Gewicht. Der relative Waldboden muſs behufs Umwandlung in landwirtschaft- lich benutztes Gelände nicht nur fähig sein, landwirtschaftliche Kul- turgewächse zu ernähren, sondern er muſs auch denselben mit Hülfe von Arbeit und Düngung eine Entwicklung ermöglichen, welche noch einen die aufgewandten Kosten übersteigenden Ertrag erwarten läſst. Hierbei spielt aber nicht bloſs die landwirtschaftliche Intelligenz 1) Der Ausdruck „absoluter“ und „relativer“ Waldboden rührt von Hundes- hagen her, welcher in einer Anmerkung zu § 767 seiner 1821 erschienenen Encyclo- pädie der Forstwissenschaft sagt: Jeden für den Feldbau untauglichen Boden kann man hiernach unbedingten Waldboden im engeren Sinne nennen; im weiteren Sinne gehört aber auch jedes für die Gesundheitserhaltung der Länder notwendige Wald- stück hinzu. Dagegen läſst sich jede zur Feldkultur fähige und für gewisse Zeiten- Verhältnisse zu unseren Bedürfnissen noch notwendige Waldfläche durch bedingten Waldboden bezeichnen. Bergt (a. a. O. S. 54) sagt: Absoluter Waldboden ist solcher, wo eine andere Boden- kultur nicht ausführbar ist, sei es nun wegen seiner geringen Fruchtbarkeit oder wegen seiner Lage; oft kommt auch beides zusammen, z. B. auf Flugsand, an Roll- steinwänden, auf nassem Bruchboden oder bei rauher Gebirgslage, bei der Exposi- tion an Seeküsten, am hohen Norden oder wegen der Steilheit der Lage. Albert (a. a. O. S. 128) nennt absoluten Waldboden jenen, welcher nach den klima- tischen Verhältnissen sowie vermöge seiner Lage, Beschaffenheit und Entfernung von menschlichen Wohnungen für eine andere Kulturart nicht tauglich ist. Vgl. ferner: Fischbach, Über die Grenze zwischen relativem und absolutem Waldboden, in der Zeitschr. f. ges. Staatswissenschaft 1894 S. 86.

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Zitationshilfe: Schwappach, Adam: Forstpolitik, Jagd- und Fischereipolitik. Leipzig, 1894, S. 10. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schwappach_forstpolitik_1894/28>, abgerufen am 29.03.2024.