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Seume, Johann Gottfried: Spaziergang nach Syrakus im Jahre 1802. Braunschweig u. a., 1803.

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schaft fand. Man nöthigte mich, mit den Damen et¬
was französisch und mit den geistlichen Herren, deren
einige zugegen waren, lateinisch zu sprechen. Als
man sich zum Spiel setzte -- c'est partout comme ches
nous
-- und ich daran nicht Theil nehmen wollte
noch konnte, da ich nie ein Kartenblatt anrühre, em¬
pfahl ich mich und befand mich in meinem Wirths¬
hause einsam recht wohl. In der schönen Abenddäm¬
merung machte ich noch einen Spaziergang an dem
Strande und sah der Fischerey zu. Die hiesige Rhede
muss für die Schiffe nicht viel werth seyn, so viel
ich von der Lage mit einem Ueberblick urtheilen
kann. Gleich vor Alikata, von Palma her, liegt ein
sich am Meere herziehender Berg, der von den Ge¬
lehrten mit Grund für den Eknomos der Alten gehal¬
ten wird. Jenseits des Salzflusses, oder des südlichen
Himera, denn der nördliche fliesst bey Termini, ist
ein anderer Berg, dessen Name, glaube ich, Phala¬
rius heisst: und diese beyden Berge paradieren in den
karthagischen Kriegen. Der Eknomos soll nach der
Erklärung Einiger seinen Namen davon haben, weil
der agrigentinische Tyrann Phalaris den Perillischen
Stier hier aufgestellt haben soll. Dieses scheint aber
mehr auf den Phalarius zu passen. Wenn Du mir er¬
laubst eine Konjektur zu machen, so will ich anneh¬
men, dass der Eknomos deswegen so genannt worden
sey, weil er ganz allein, isoliert, von der ganzen übri¬
gen Bergkette rund herum abgesondert liegt: die an¬
dern Berge hängen in einem grossen Amphitheater
alle zusammen. Der griechische Name, däucht mich,
könne diess bedeuten: ek tou nomou ton allon oron keitai

schaft fand. Man nöthigte mich, mit den Damen et¬
was französisch und mit den geistlichen Herren, deren
einige zugegen waren, lateinisch zu sprechen. Als
man sich zum Spiel setzte — c'est partout comme chés
nous
— und ich daran nicht Theil nehmen wollte
noch konnte, da ich nie ein Kartenblatt anrühre, em¬
pfahl ich mich und befand mich in meinem Wirths¬
hause einsam recht wohl. In der schönen Abenddäm¬
merung machte ich noch einen Spaziergang an dem
Strande und sah der Fischerey zu. Die hiesige Rhede
muſs für die Schiffe nicht viel werth seyn, so viel
ich von der Lage mit einem Ueberblick urtheilen
kann. Gleich vor Alikata, von Palma her, liegt ein
sich am Meere herziehender Berg, der von den Ge¬
lehrten mit Grund für den Eknomos der Alten gehal¬
ten wird. Jenseits des Salzflusses, oder des südlichen
Himera, denn der nördliche flieſst bey Termini, ist
ein anderer Berg, dessen Name, glaube ich, Phala¬
rius heiſst: und diese beyden Berge paradieren in den
karthagischen Kriegen. Der Eknomos soll nach der
Erklärung Einiger seinen Namen davon haben, weil
der agrigentinische Tyrann Phalaris den Perillischen
Stier hier aufgestellt haben soll. Dieses scheint aber
mehr auf den Phalarius zu passen. Wenn Du mir er¬
laubst eine Konjektur zu machen, so will ich anneh¬
men, daſs der Eknomos deswegen so genannt worden
sey, weil er ganz allein, isoliert, von der ganzen übri¬
gen Bergkette rund herum abgesondert liegt: die an¬
dern Berge hängen in einem groſsen Amphitheater
alle zusammen. Der griechische Name, däucht mich,
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[227/0253] schaft fand. Man nöthigte mich, mit den Damen et¬ was französisch und mit den geistlichen Herren, deren einige zugegen waren, lateinisch zu sprechen. Als man sich zum Spiel setzte — c'est partout comme chés nous — und ich daran nicht Theil nehmen wollte noch konnte, da ich nie ein Kartenblatt anrühre, em¬ pfahl ich mich und befand mich in meinem Wirths¬ hause einsam recht wohl. In der schönen Abenddäm¬ merung machte ich noch einen Spaziergang an dem Strande und sah der Fischerey zu. Die hiesige Rhede muſs für die Schiffe nicht viel werth seyn, so viel ich von der Lage mit einem Ueberblick urtheilen kann. Gleich vor Alikata, von Palma her, liegt ein sich am Meere herziehender Berg, der von den Ge¬ lehrten mit Grund für den Eknomos der Alten gehal¬ ten wird. Jenseits des Salzflusses, oder des südlichen Himera, denn der nördliche flieſst bey Termini, ist ein anderer Berg, dessen Name, glaube ich, Phala¬ rius heiſst: und diese beyden Berge paradieren in den karthagischen Kriegen. Der Eknomos soll nach der Erklärung Einiger seinen Namen davon haben, weil der agrigentinische Tyrann Phalaris den Perillischen Stier hier aufgestellt haben soll. Dieses scheint aber mehr auf den Phalarius zu passen. Wenn Du mir er¬ laubst eine Konjektur zu machen, so will ich anneh¬ men, daſs der Eknomos deswegen so genannt worden sey, weil er ganz allein, isoliert, von der ganzen übri¬ gen Bergkette rund herum abgesondert liegt: die an¬ dern Berge hängen in einem groſsen Amphitheater alle zusammen. Der griechische Name, däucht mich, könne dieſs bedeuten: εϰ τȣ νομȣ των αλλων οϱων ϰειται

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Zitationshilfe: Seume, Johann Gottfried: Spaziergang nach Syrakus im Jahre 1802. Braunschweig u. a., 1803, S. 227. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/seume_syrakus_1803/253>, abgerufen am 23.04.2024.