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Seyfried, Johann Heinrich: Medulla Mirabilium Naturae. Nürnberg, 1679.

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Das erste Buch.
sollen sich legen deine stoltze Wellen. Haben sich
dir die Thore des Todes je aufgethan? Oder
hastu gesehen die Thore der Finsternis? Hastu
vernommen/ wie breit die Erde sey? Welches ist
der Weg da das Liecht wohnet/ und welches ist
die Stätt der Finsternis. Bistu gewesen/ da der
Schnee herkommt? Oder hast gesehen/ woher
der Hagel kommt? Wer ist des Regens Vat-
ter? Wer hat die Tropffen des Taues gezeu-
get? Kanst du die Bande der sieben Sterne zu-
samm binden; oder das Band des Orions auf-
lösen? Kanstu den Morgenstern herfür brin-
gen zu seiner Zeit? Oder den Wagen am Him-
mel über seine Kinder führen? Weistu wie der
Himmel zu regieren? Oder kanstu ihn meistern
auf Erden?

Haben nun nach dem Zeugnis GOttes/ des
H. Hiobs Freunde/ die doch wie aus ihren Re-
den abzunehmen/ sehr hochgelehrte Leute/ und
tiefsinnige erleuchte Naturkündiger gewesen/
also grob der Weißheit verfehlet/ so daß ihr gan-
tze Rede ein Unverstand genennet wird; wie ste-
het es dann üm die heidnische Lehrer/ die weder
GOtt oder die wahren anfänge der Natur je-
mals vollkommen erkannt; und auf was Grund
beruhen die principia ihrer Nachfolger? Solte
man denen auch wol sicherlich trauen dörffen?
Es scheinet/ ob hätte hierdurch die Göttliche
Maj. die Menschen/ wie tieff gelehrt und scharf-
sinnig sie immer seyn mögen/ oder wenigst sich

also

Das erſte Buch.
ſollen ſich legen deine ſtoltze Wellen. Haben ſich
dir die Thore des Todes je aufgethan? Oder
haſtu geſehen die Thore der Finſternis? Haſtu
vernommen/ wie breit die Erde ſey? Welches iſt
der Weg da das Liecht wohnet/ und welches iſt
die Stätt der Finſternis. Biſtu geweſen/ da der
Schnee herkommt? Oder haſt geſehen/ woher
der Hagel kommt? Wer iſt des Regens Vat-
ter? Wer hat die Tropffen des Taues gezeu-
get? Kanſt du die Bande der ſieben Sterne zu-
ſamm binden; oder das Band des Orions auf-
löſen? Kanſtu den Morgenſtern herfür brin-
gen zu ſeiner Zeit? Oder den Wagen am Him-
mel über ſeine Kinder führen? Weiſtu wie der
Himmel zu regieren? Oder kanſtu ihn meiſtern
auf Erden?

Haben nun nach dem Zeugnis GOttes/ des
H. Hiobs Freunde/ die doch wie aus ihren Re-
den abzunehmen/ ſehr hochgelehrte Leute/ und
tiefſinnige erleuchte Naturkündiger geweſen/
alſo grob der Weißheit verfehlet/ ſo daß ihr gan-
tze Rede ein Unverſtand genennet wird; wie ſte-
het es dann üm die heidniſche Lehrer/ die weder
GOtt oder die wahren anfänge der Natur je-
mals vollkommen erkannt; und auf was Grund
beruhen die principia ihrer Nachfolger? Solte
man denen auch wol ſicherlich trauen dörffen?
Es ſcheinet/ ob hätte hierdurch die Göttliche
Maj. die Menſchen/ wie tieff gelehrt und ſcharf-
ſinnig ſie immer ſeyn mögen/ oder wenigſt ſich

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[40/0130] Das erſte Buch. ſollen ſich legen deine ſtoltze Wellen. Haben ſich dir die Thore des Todes je aufgethan? Oder haſtu geſehen die Thore der Finſternis? Haſtu vernommen/ wie breit die Erde ſey? Welches iſt der Weg da das Liecht wohnet/ und welches iſt die Stätt der Finſternis. Biſtu geweſen/ da der Schnee herkommt? Oder haſt geſehen/ woher der Hagel kommt? Wer iſt des Regens Vat- ter? Wer hat die Tropffen des Taues gezeu- get? Kanſt du die Bande der ſieben Sterne zu- ſamm binden; oder das Band des Orions auf- löſen? Kanſtu den Morgenſtern herfür brin- gen zu ſeiner Zeit? Oder den Wagen am Him- mel über ſeine Kinder führen? Weiſtu wie der Himmel zu regieren? Oder kanſtu ihn meiſtern auf Erden? Haben nun nach dem Zeugnis GOttes/ des H. Hiobs Freunde/ die doch wie aus ihren Re- den abzunehmen/ ſehr hochgelehrte Leute/ und tiefſinnige erleuchte Naturkündiger geweſen/ alſo grob der Weißheit verfehlet/ ſo daß ihr gan- tze Rede ein Unverſtand genennet wird; wie ſte- het es dann üm die heidniſche Lehrer/ die weder GOtt oder die wahren anfänge der Natur je- mals vollkommen erkannt; und auf was Grund beruhen die principia ihrer Nachfolger? Solte man denen auch wol ſicherlich trauen dörffen? Es ſcheinet/ ob hätte hierdurch die Göttliche Maj. die Menſchen/ wie tieff gelehrt und ſcharf- ſinnig ſie immer ſeyn mögen/ oder wenigſt ſich alſo

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Zitationshilfe: Seyfried, Johann Heinrich: Medulla Mirabilium Naturae. Nürnberg, 1679, S. 40. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/seyfried_medulla_1679/130>, abgerufen am 25.04.2024.