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Siebold, Carl Theodor Ernst von: Die Süsswasserfische von Mitteleuropa. Leipzig, 1863.

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Gattung: Squalius.
dem Hasel nur nahe verwandte Art sei, diesen Gedanken wird man aufgeben
müssen, so wie man sich mit den oben citirten Beschreibungen dieses Fisches
und zugleich mit der Neigung der meisten skandinavischen Zoologen, den
Cyprinus Grislagine mit dem Cyprinus Leuciscus zu vereinigen, näher vertraut
gemacht hat. Betrachtet man die Abbildung des Cyprinus Grislagine in "Skan-
dinaviens Fiskar" genauer, so wird man in derselben die stumpfnasige Form
des Hasel nicht verkennen, dennoch muss ich gestehen, dass an dieser
colorirten Abbildung die sehr schlanke Gestalt des Schwanzes und der gelbe
Glanz, welcher von der ganzen Oberfläche dieses Fisches ausgeht, mich an-
fangs stutzig machte, indessen erinnerte ich mich, dass ich auf unseren Fisch-
märkten öfters ausgelaichte Haseln mit ebenso schlankem Hinterleibe und
ähnlichem gelbem Glanze gesehen habe. Dass der Stämm gleich unserem Ha-
sel silberglänzende Färbung besitzt, geht aus der Beschreibung des Fries und
Ekstöm1) hervor, in welcher sie von dem Cyprinus Grislagine aussagen: "ar-
genteus, tempore coitus paullum flavescens".

Ich glaube hiermit hinreichend nachgewiesen zu haben, dass der Leu-
ciscus Grislagine
des Heckel als eine nicht in der Natur begründete Art aus
dem System der Cyprinoiden gestrichen werden müsse. Ich bin zu meiner
Freude in dieser Behauptung noch ganz kürzlich durch eine Fischsendung be-
stärkt worden, welche ich der Güte des Herrn Sundevall in Stockholm zu ver-
danken hatte. Diese Sendung enthielt ausser verschiedenen anderen schwe-
dischen von Sundevall sehr genau terminirten Fischen auch drei Exemplare
des echten Stämm unter der Bezeichnung Cyprinus Grislagine aus dem Mälar-
See und einem anderen See des mittleren Schweden. Eine Vergleichung die-
ser Stämms und ihrer doppelreihigen Schlundzähne mit unserem Hasel und
seinen ebenfalls doppelreihigen Schlundzähnen stellte auf den ersten Blick
die Identität zwischen Cyprinus Grislagine Arted. von Schweden und Squalius
Leuciscus
Lin. von Mitteleuropa heraus. Heckel wäre gewiss die Identität
dieser beiden Fische nicht entgangen, wenn er Gelegenheit gehabt hätte, den
Cyprinus Grislagine zu untersuchen, aber weder in dem Wiener noch Berliner
Cabinete, deren Material Heckel zu seinen Untersuchungen benutzt hatte,
wurde bisher ein Cyprinus Grislagine aufbewahrt, wie ich mich selbst über-
zeugt habe. Die Musterung der im Wiener Cabinete vorräthigen Cyprinoiden
erleichterte mir übrigens die Deutung der verschiedenen Squalien ausser-
ordentlich. Ich konnte durch eine Vergleichung des Sq. argenteus von
Teschen, des Sq. chalybaeus von Unteröstreich, des Sq. lepusculus von
Wien, des Sq. rostratus von Brixlegg, des Sq. lancastriensis von Eng-
land, des Sq. Leuciscus von Paris, von Belgien und Böhmen, des Sq. rodens
von Neuchatel die Ueberzeugung gewinnen, dass alle diese Squalien der

1) Vergl. Skandinav. Fiskar. a. a. O. pag. 38. lat. Text.
14*

Gattung: Squalius.
dem Hasel nur nahe verwandte Art sei, diesen Gedanken wird man aufgeben
müssen, so wie man sich mit den oben citirten Beschreibungen dieses Fisches
und zugleich mit der Neigung der meisten skandinavischen Zoologen, den
Cyprinus Grislagine mit dem Cyprinus Leuciscus zu vereinigen, näher vertraut
gemacht hat. Betrachtet man die Abbildung des Cyprinus Grislagine in »Skan-
dinaviens Fiskar« genauer, so wird man in derselben die stumpfnasige Form
des Hasel nicht verkennen, dennoch muss ich gestehen, dass an dieser
colorirten Abbildung die sehr schlanke Gestalt des Schwanzes und der gelbe
Glanz, welcher von der ganzen Oberfläche dieses Fisches ausgeht, mich an-
fangs stutzig machte, indessen erinnerte ich mich, dass ich auf unseren Fisch-
märkten öfters ausgelaichte Haseln mit ebenso schlankem Hinterleibe und
ähnlichem gelbem Glanze gesehen habe. Dass der Stämm gleich unserem Ha-
sel silberglänzende Färbung besitzt, geht aus der Beschreibung des Fries und
Ekstöm1) hervor, in welcher sie von dem Cyprinus Grislagine aussagen: »ar-
genteus, tempore coïtus paullum flavescens«.

Ich glaube hiermit hinreichend nachgewiesen zu haben, dass der Leu-
ciscus Grislagine
des Heckel als eine nicht in der Natur begründete Art aus
dem System der Cyprinoiden gestrichen werden müsse. Ich bin zu meiner
Freude in dieser Behauptung noch ganz kürzlich durch eine Fischsendung be-
stärkt worden, welche ich der Güte des Herrn Sundevall in Stockholm zu ver-
danken hatte. Diese Sendung enthielt ausser verschiedenen anderen schwe-
dischen von Sundevall sehr genau terminirten Fischen auch drei Exemplare
des echten Stämm unter der Bezeichnung Cyprinus Grislagine aus dem Mälar-
See und einem anderen See des mittleren Schweden. Eine Vergleichung die-
ser Stämms und ihrer doppelreihigen Schlundzähne mit unserem Hasel und
seinen ebenfalls doppelreihigen Schlundzähnen stellte auf den ersten Blick
die Identität zwischen Cyprinus Grislagine Arted. von Schweden und Squalius
Leuciscus
Lin. von Mitteleuropa heraus. Heckel wäre gewiss die Identität
dieser beiden Fische nicht entgangen, wenn er Gelegenheit gehabt hätte, den
Cyprinus Grislagine zu untersuchen, aber weder in dem Wiener noch Berliner
Cabinete, deren Material Heckel zu seinen Untersuchungen benutzt hatte,
wurde bisher ein Cyprinus Grislagine aufbewahrt, wie ich mich selbst über-
zeugt habe. Die Musterung der im Wiener Cabinete vorräthigen Cyprinoiden
erleichterte mir übrigens die Deutung der verschiedenen Squalien ausser-
ordentlich. Ich konnte durch eine Vergleichung des Sq. argenteus von
Teschen, des Sq. chalybaeus von Unteröstreich, des Sq. lepusculus von
Wien, des Sq. rostratus von Brixlegg, des Sq. lancastriensis von Eng-
land, des Sq. Leuciscus von Paris, von Belgien und Böhmen, des Sq. rodens
von Neuchâtel die Ueberzeugung gewinnen, dass alle diese Squalien der

1) Vergl. Skandinav. Fiskar. a. a. O. pag. 38. lat. Text.
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[211/0224] Gattung: Squalius. dem Hasel nur nahe verwandte Art sei, diesen Gedanken wird man aufgeben müssen, so wie man sich mit den oben citirten Beschreibungen dieses Fisches und zugleich mit der Neigung der meisten skandinavischen Zoologen, den Cyprinus Grislagine mit dem Cyprinus Leuciscus zu vereinigen, näher vertraut gemacht hat. Betrachtet man die Abbildung des Cyprinus Grislagine in »Skan- dinaviens Fiskar« genauer, so wird man in derselben die stumpfnasige Form des Hasel nicht verkennen, dennoch muss ich gestehen, dass an dieser colorirten Abbildung die sehr schlanke Gestalt des Schwanzes und der gelbe Glanz, welcher von der ganzen Oberfläche dieses Fisches ausgeht, mich an- fangs stutzig machte, indessen erinnerte ich mich, dass ich auf unseren Fisch- märkten öfters ausgelaichte Haseln mit ebenso schlankem Hinterleibe und ähnlichem gelbem Glanze gesehen habe. Dass der Stämm gleich unserem Ha- sel silberglänzende Färbung besitzt, geht aus der Beschreibung des Fries und Ekstöm 1) hervor, in welcher sie von dem Cyprinus Grislagine aussagen: »ar- genteus, tempore coïtus paullum flavescens«. Ich glaube hiermit hinreichend nachgewiesen zu haben, dass der Leu- ciscus Grislagine des Heckel als eine nicht in der Natur begründete Art aus dem System der Cyprinoiden gestrichen werden müsse. Ich bin zu meiner Freude in dieser Behauptung noch ganz kürzlich durch eine Fischsendung be- stärkt worden, welche ich der Güte des Herrn Sundevall in Stockholm zu ver- danken hatte. Diese Sendung enthielt ausser verschiedenen anderen schwe- dischen von Sundevall sehr genau terminirten Fischen auch drei Exemplare des echten Stämm unter der Bezeichnung Cyprinus Grislagine aus dem Mälar- See und einem anderen See des mittleren Schweden. Eine Vergleichung die- ser Stämms und ihrer doppelreihigen Schlundzähne mit unserem Hasel und seinen ebenfalls doppelreihigen Schlundzähnen stellte auf den ersten Blick die Identität zwischen Cyprinus Grislagine Arted. von Schweden und Squalius Leuciscus Lin. von Mitteleuropa heraus. Heckel wäre gewiss die Identität dieser beiden Fische nicht entgangen, wenn er Gelegenheit gehabt hätte, den Cyprinus Grislagine zu untersuchen, aber weder in dem Wiener noch Berliner Cabinete, deren Material Heckel zu seinen Untersuchungen benutzt hatte, wurde bisher ein Cyprinus Grislagine aufbewahrt, wie ich mich selbst über- zeugt habe. Die Musterung der im Wiener Cabinete vorräthigen Cyprinoiden erleichterte mir übrigens die Deutung der verschiedenen Squalien ausser- ordentlich. Ich konnte durch eine Vergleichung des Sq. argenteus von Teschen, des Sq. chalybaeus von Unteröstreich, des Sq. lepusculus von Wien, des Sq. rostratus von Brixlegg, des Sq. lancastriensis von Eng- land, des Sq. Leuciscus von Paris, von Belgien und Böhmen, des Sq. rodens von Neuchâtel die Ueberzeugung gewinnen, dass alle diese Squalien der 1) Vergl. Skandinav. Fiskar. a. a. O. pag. 38. lat. Text. 14*

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Zitationshilfe: Siebold, Carl Theodor Ernst von: Die Süsswasserfische von Mitteleuropa. Leipzig, 1863, S. 211. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/siebold_suesswasserfische_1863/224>, abgerufen am 28.03.2024.