Physikalisch - mechanische Betrachtungen, veranlasst durch eine Beobachtung der Thätigkeit des Vesuvs im Mai 1878.
(Mon.ber. d. Berl. Akad. v. 17. Oct.)
1878.
Der Vesuv trug während meiner Anwesenheit in Neapel im Mai d. J. eine Dampfkrone, welche sich hin und wieder bei windstillem Wetter etwa bis auf 1/3 seiner Höhe über dem Meeres- spiegel erhob. Während der Nacht erschien die Dampfkrone schwach leuchtend. Auffallend war mir hierbei, dass dieselbe, mit einem guten Fernrohre betrachtet, aus schnell auf einander fol- genden Dampfringen zu bestehen schien. Der Lichtschein war nicht constant. Seine Helligkeit war sehr veränderlich und hin und wieder schien er intermittirend zu sein.
Als ich am 14. Mai die recht beschwerliche Aufsteigung bis zum alten Kraterrande überwunden hatte, war ich im höchsten Masse überrascht durch den sich mir darbietenden Anblick. Auf der höchsten Spitze des Aschenkegels, welcher sich in der Mitte des grossen Kraters etwa bis zur halben Höhe seines Ran- des erhob, sah man eine hellglühende Oeffnung, aus welcher in ziemlich regelmässiger Folge alle 2 bis 3 Secunden heftige Ex- plosionen hervorbrachen. Die Stärke dieser Explosionen liess sich ohngefähr daraus ermessen, dass durch dieselben glühende Steine und Schlackenstücke in Menge bis bedeutend über meinen Standpunkt auf dem Rande des alten Kraters emporgeschleudert wurden und nach ihrem fast senkrecht erfolgenden Niederfalle auf der Oberfläche des inneren Axenkegels niederrollten. Die hellglühende Oeffnung des thätigen Kraters bildete ein unregel-
Physikalisch ‒ mechanische Betrachtungen, veranlasst durch eine Beobachtung der Thätigkeit des Vesuvs im Mai 1878.
(Mon.ber. d. Berl. Akad. v. 17. Oct.)
1878.
Der Vesuv trug während meiner Anwesenheit in Neapel im Mai d. J. eine Dampfkrone, welche sich hin und wieder bei windstillem Wetter etwa bis auf ⅓ seiner Höhe über dem Meeres- spiegel erhob. Während der Nacht erschien die Dampfkrone schwach leuchtend. Auffallend war mir hierbei, dass dieselbe, mit einem guten Fernrohre betrachtet, aus schnell auf einander fol- genden Dampfringen zu bestehen schien. Der Lichtschein war nicht constant. Seine Helligkeit war sehr veränderlich und hin und wieder schien er intermittirend zu sein.
Als ich am 14. Mai die recht beschwerliche Aufsteigung bis zum alten Kraterrande überwunden hatte, war ich im höchsten Masse überrascht durch den sich mir darbietenden Anblick. Auf der höchsten Spitze des Aschenkegels, welcher sich in der Mitte des grossen Kraters etwa bis zur halben Höhe seines Ran- des erhob, sah man eine hellglühende Oeffnung, aus welcher in ziemlich regelmässiger Folge alle 2 bis 3 Secunden heftige Ex- plosionen hervorbrachen. Die Stärke dieser Explosionen liess sich ohngefähr daraus ermessen, dass durch dieselben glühende Steine und Schlackenstücke in Menge bis bedeutend über meinen Standpunkt auf dem Rande des alten Kraters emporgeschleudert wurden und nach ihrem fast senkrecht erfolgenden Niederfalle auf der Oberfläche des inneren Axenkegels niederrollten. Die hellglühende Oeffnung des thätigen Kraters bildete ein unregel-
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[[443]/0465]
Physikalisch ‒ mechanische Betrachtungen,
veranlasst durch eine Beobachtung der
Thätigkeit des Vesuvs im Mai 1878.
(Mon.ber. d. Berl. Akad. v. 17. Oct.)
1878.
Der Vesuv trug während meiner Anwesenheit in Neapel im
Mai d. J. eine Dampfkrone, welche sich hin und wieder bei
windstillem Wetter etwa bis auf ⅓ seiner Höhe über dem Meeres-
spiegel erhob. Während der Nacht erschien die Dampfkrone
schwach leuchtend. Auffallend war mir hierbei, dass dieselbe, mit
einem guten Fernrohre betrachtet, aus schnell auf einander fol-
genden Dampfringen zu bestehen schien. Der Lichtschein war
nicht constant. Seine Helligkeit war sehr veränderlich und hin
und wieder schien er intermittirend zu sein.
Als ich am 14. Mai die recht beschwerliche Aufsteigung bis
zum alten Kraterrande überwunden hatte, war ich im höchsten
Masse überrascht durch den sich mir darbietenden Anblick.
Auf der höchsten Spitze des Aschenkegels, welcher sich in der
Mitte des grossen Kraters etwa bis zur halben Höhe seines Ran-
des erhob, sah man eine hellglühende Oeffnung, aus welcher in
ziemlich regelmässiger Folge alle 2 bis 3 Secunden heftige Ex-
plosionen hervorbrachen. Die Stärke dieser Explosionen liess
sich ohngefähr daraus ermessen, dass durch dieselben glühende
Steine und Schlackenstücke in Menge bis bedeutend über meinen
Standpunkt auf dem Rande des alten Kraters emporgeschleudert
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Siemens, Werner von: Gesammelte Abhandlungen und Vorträge. Berlin, 1881, S. [443]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/siemens_abhandlungen_1881/465>, abgerufen am 18.04.2024.
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