Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 1. Halle (Saale), 1700.

Bild:
<< vorherige Seite

ARTIC. VI. SECT. XXXIII.
so nicht geschiehet/ wenn nach der ordnung eintzele/ wie bey der beicht selbs/ zu-
kommen gewohnet sind. Also habe meinen werthen Bruder und den jenigen
mit ihm den der HErr gnade gegeben hat/ solches mit belieben ihrer beichtkin-
der (welche wo sie Christlich gesinnet sind/ den nutzen bald selbs sehen und be-
lieben werden) einzuführen/ hertzlich zu gratuliren/ sie hierinnen zustärcken/ und
zu ihren pflantzen und begiessen das göttliche gedeyen anzuwünschen. Ja ich ver-
langte hertzlich/ das viel andere solchen exempel folgeten/ oder zu seiner zeit durch
der obern treue aufsicht durch gewisse verordnungen dazu angewiessen würden/ in
denn einmal hierdurch den verdorbenen wesen zimlich gesteuret würde können.
Jch hoffe auch/ daß der Herr Superintendens auff reiflliche überlegung der sa-
che den nutzen der kirche darinnen erkennen/ und durch seine autorität ihro ei-
nen mehrern nachdruck geben werde. Wo auch derselbe es vor nötig hielte/
könte auch den Herrn Graffen selbs (dessen Ehristliches Hertz die erbauung sei-
ner kirchen so treulich verlanget) einiger vortrag davon geschehen. Der Herr
Herr befordere auch hierinnen/ was zu der erbauung der mit seinen blut er-
kaufften seelen aller orten dienlich seyn mag. 1685.

SECTIO XXXIII.
Von einem Land-Prediger der kein beicht-geld
nehmen wolte.

DAs derselbige sich des beichtgelds enthält/ kan ich nicht mißbillichen/ der
ich von hertzen wünschete/ daß es nirgend wäre/ und aller orten bequem
abgestellet werden könte. So sehe ich nicht/ wie das benachbarte stadt-
Ministerium demselben zu dessen annehmung wider seinen willen zwingen könne/
ja es solte mich betrüben/ da sie sich mit ernst widersetzten/ als welches mir leider
die betrübten gedancken machen würde/ daß es ihnen um das geld mehr als um
die seelen zu thun/ wäre/ welches ich aber von uns allen/ die wir diener Christi heis-
sen/ ferne zu seyn verlange. Die rationes, warum man denselben nicht nöthi-
gen kan/ mögen seyn nicht nur 1. absonderlich dessen vor diesem gethanes gelübde/
welches über eine sache/ welche an sich indifferent ist/ aus einer wichtigen ursach
gethan/ demselben in seinem gewissen verbindet/ daher auch niemand ohn sünde
denselben zu dessen brauch nöthigen kan. 2. Das beichtgeld an sich selbst oder
dessen nehmung ist zwar nicht/ abgezogen aller umstände/ sündlich oder unrecht/
gingegen auch nicht/ weder durch göttlichs gesetze/ noch durch die kirchen-ordnung
gebotenes/ sondern wo des beichtgelbes in den oodnungen gedacht wird/ wird es
allezeit allein angeführet/ als etwas denen die es nehmen erlaubtes. Wie ob
wohl in der Sächsischen kirchen wegen der insgemein fast alzugeringen besoldungen
der Prediger der beichtpfennig meistens gebräüchlich/ dannoch die ordnung ihn

nur

ARTIC. VI. SECT. XXXIII.
ſo nicht geſchiehet/ wenn nach der ordnung eintzele/ wie bey der beicht ſelbs/ zu-
kommen gewohnet ſind. Alſo habe meinen werthen Bruder und den jenigen
mit ihm den der HErr gnade gegeben hat/ ſolches mit belieben ihrer beichtkin-
der (welche wo ſie Chriſtlich geſinnet ſind/ den nutzen bald ſelbs ſehen und be-
lieben werden) einzufuͤhren/ hertzlich zu gratuliren/ ſie hierinnen zuſtaͤrcken/ und
zu ihren pflantzen und begieſſen das goͤttliche gedeyen anzuwuͤnſchen. Ja ich ver-
langte hertzlich/ das viel andere ſolchen exempel folgeten/ oder zu ſeiner zeit durch
der obern treue aufſicht durch gewiſſe verordnungen dazu angewieſſen wuͤrden/ in
denn einmal hierdurch den verdorbenen weſen zimlich geſteuret wuͤrde koͤnnen.
Jch hoffe auch/ daß der Herr Superintendens auff reiflliche uͤberlegung der ſa-
che den nutzen der kirche darinnen erkennen/ und durch ſeine autoritaͤt ihro ei-
nen mehrern nachdruck geben werde. Wo auch derſelbe es vor noͤtig hielte/
koͤnte auch den Herrn Graffen ſelbs (deſſen Ehriſtliches Hertz die erbauung ſei-
ner kirchen ſo treulich verlanget) einiger vortrag davon geſchehen. Der Herr
Herr befordere auch hierinnen/ was zu der erbauung der mit ſeinen blut er-
kaufften ſeelen aller orten dienlich ſeyn mag. 1685.

SECTIO XXXIII.
Von einem Land-Prediger der kein beicht-geld
nehmen wolte.

DAs derſelbige ſich des beichtgelds enthaͤlt/ kan ich nicht mißbillichen/ der
ich von hertzen wuͤnſchete/ daß es nirgend waͤre/ und aller orten bequem
abgeſtellet werden koͤnte. So ſehe ich nicht/ wie das benachbarte ſtadt-
Miniſterium demſelben zu deſſen annehmung wider ſeinen willen zwingen koͤnne/
ja es ſolte mich betruͤben/ da ſie ſich mit ernſt widerſetzten/ als welches mir leider
die betruͤbten gedancken machen wuͤrde/ daß es ihnen um das geld mehr als um
die ſeelen zu thun/ waͤre/ welches ich aber von uns allen/ die wir diener Chriſti heiſ-
ſen/ ferne zu ſeyn verlange. Die rationes, warum man denſelben nicht noͤthi-
gen kan/ moͤgen ſeyn nicht nur 1. abſonderlich deſſen vor dieſem gethanes geluͤbde/
welches uͤber eine ſache/ welche an ſich indifferent iſt/ aus einer wichtigen urſach
gethan/ demſelben in ſeinem gewiſſen verbindet/ daher auch niemand ohn ſuͤnde
denſelben zu deſſen brauch noͤthigen kan. 2. Das beichtgeld an ſich ſelbſt oder
deſſen nehmung iſt zwar nicht/ abgezogen aller umſtaͤnde/ ſuͤndlich oder unrecht/
gingegen auch nicht/ weder durch goͤttlichs geſetze/ noch durch die kirchen-ordnung
gebotenes/ ſondern wo des beichtgelbes in den oodnungen gedacht wird/ wird es
allezeit allein angefuͤhret/ als etwas denen die es nehmen erlaubtes. Wie ob
wohl in der Saͤchſiſchen kirchen wegen der insgemein faſt alzugeringen beſoldungen
der Prediger der beichtpfennig meiſtens gebraͤuͤchlich/ dannoch die ordnung ihn

nur
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f1111" n="311"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#b">ARTIC. VI. SECT. XXXIII.</hi></hi></fw><lb/>
&#x017F;o nicht ge&#x017F;chiehet/ wenn nach der ordnung eintzele/ wie bey der beicht &#x017F;elbs/ zu-<lb/>
kommen gewohnet &#x017F;ind. Al&#x017F;o habe meinen werthen Bruder und den jenigen<lb/>
mit ihm den der HErr gnade gegeben hat/ &#x017F;olches mit belieben ihrer beichtkin-<lb/>
der (welche wo &#x017F;ie Chri&#x017F;tlich ge&#x017F;innet &#x017F;ind/ den nutzen bald &#x017F;elbs &#x017F;ehen und be-<lb/>
lieben werden) einzufu&#x0364;hren/ hertzlich zu <hi rendition="#aq">gratulir</hi>en/ &#x017F;ie hierinnen zu&#x017F;ta&#x0364;rcken/ und<lb/>
zu ihren pflantzen und begie&#x017F;&#x017F;en das go&#x0364;ttliche gedeyen anzuwu&#x0364;n&#x017F;chen. Ja ich ver-<lb/>
langte hertzlich/ das viel andere &#x017F;olchen exempel folgeten/ oder zu &#x017F;einer zeit durch<lb/>
der obern treue auf&#x017F;icht durch gewi&#x017F;&#x017F;e verordnungen dazu angewie&#x017F;&#x017F;en wu&#x0364;rden/ in<lb/>
denn einmal hierdurch den verdorbenen we&#x017F;en zimlich ge&#x017F;teuret wu&#x0364;rde ko&#x0364;nnen.<lb/>
Jch hoffe auch/ daß der Herr <hi rendition="#aq">Superintendens</hi> auff reiflliche u&#x0364;berlegung der &#x017F;a-<lb/>
che den nutzen der kirche darinnen erkennen/ und durch &#x017F;eine <hi rendition="#aq">autorit</hi>a&#x0364;t ihro ei-<lb/>
nen mehrern nachdruck geben werde. Wo auch der&#x017F;elbe es vor no&#x0364;tig hielte/<lb/>
ko&#x0364;nte auch den Herrn Graffen &#x017F;elbs (de&#x017F;&#x017F;en Ehri&#x017F;tliches Hertz die erbauung &#x017F;ei-<lb/>
ner kirchen &#x017F;o treulich verlanget) einiger vortrag davon ge&#x017F;chehen. Der Herr<lb/>
Herr befordere auch hierinnen/ was zu der erbauung der mit &#x017F;einen blut er-<lb/>
kaufften &#x017F;eelen aller orten dienlich &#x017F;eyn mag. 1685.</p>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head> <hi rendition="#b"> <hi rendition="#aq"> <hi rendition="#g">SECTIO XXXIII.</hi> </hi> </hi><lb/> <hi rendition="#fr">Von einem Land-Prediger der kein beicht-geld<lb/>
nehmen wolte.</hi> </head><lb/>
            <p><hi rendition="#in">D</hi>As der&#x017F;elbige &#x017F;ich des beichtgelds entha&#x0364;lt/ kan ich nicht mißbillichen/ der<lb/>
ich von hertzen wu&#x0364;n&#x017F;chete/ daß es nirgend wa&#x0364;re/ und aller orten bequem<lb/>
abge&#x017F;tellet werden ko&#x0364;nte. So &#x017F;ehe ich nicht/ wie das benachbarte &#x017F;tadt-<lb/><hi rendition="#aq">Mini&#x017F;terium</hi> dem&#x017F;elben zu de&#x017F;&#x017F;en annehmung wider &#x017F;einen willen zwingen ko&#x0364;nne/<lb/>
ja es &#x017F;olte mich betru&#x0364;ben/ da &#x017F;ie &#x017F;ich mit ern&#x017F;t wider&#x017F;etzten/ als welches mir leider<lb/>
die betru&#x0364;bten gedancken machen wu&#x0364;rde/ daß es ihnen um das geld mehr als um<lb/>
die &#x017F;eelen zu thun/ wa&#x0364;re/ welches ich aber von uns allen/ die wir diener Chri&#x017F;ti hei&#x017F;-<lb/>
&#x017F;en/ ferne zu &#x017F;eyn verlange. Die <hi rendition="#aq">rationes,</hi> warum man den&#x017F;elben nicht no&#x0364;thi-<lb/>
gen kan/ mo&#x0364;gen &#x017F;eyn nicht nur 1. ab&#x017F;onderlich de&#x017F;&#x017F;en vor die&#x017F;em gethanes gelu&#x0364;bde/<lb/>
welches u&#x0364;ber eine &#x017F;ache/ welche an &#x017F;ich <hi rendition="#aq">indifferent</hi> i&#x017F;t/ aus einer wichtigen ur&#x017F;ach<lb/>
gethan/ dem&#x017F;elben in &#x017F;einem gewi&#x017F;&#x017F;en verbindet/ daher auch niemand ohn &#x017F;u&#x0364;nde<lb/>
den&#x017F;elben zu de&#x017F;&#x017F;en brauch no&#x0364;thigen kan. 2. Das beichtgeld an &#x017F;ich &#x017F;elb&#x017F;t oder<lb/>
de&#x017F;&#x017F;en nehmung i&#x017F;t zwar nicht/ abgezogen aller um&#x017F;ta&#x0364;nde/ &#x017F;u&#x0364;ndlich oder unrecht/<lb/>
gingegen auch nicht/ weder durch go&#x0364;ttlichs ge&#x017F;etze/ noch durch die kirchen-ordnung<lb/>
gebotenes/ &#x017F;ondern wo des beichtgelbes in den oodnungen gedacht wird/ wird es<lb/>
allezeit allein angefu&#x0364;hret/ als etwas denen die es nehmen erlaubtes. Wie ob<lb/>
wohl in der Sa&#x0364;ch&#x017F;i&#x017F;chen kirchen wegen der insgemein fa&#x017F;t alzugeringen be&#x017F;oldungen<lb/>
der Prediger der beichtpfennig mei&#x017F;tens gebra&#x0364;u&#x0364;chlich/ dannoch die ordnung ihn<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">nur</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[311/1111] ARTIC. VI. SECT. XXXIII. ſo nicht geſchiehet/ wenn nach der ordnung eintzele/ wie bey der beicht ſelbs/ zu- kommen gewohnet ſind. Alſo habe meinen werthen Bruder und den jenigen mit ihm den der HErr gnade gegeben hat/ ſolches mit belieben ihrer beichtkin- der (welche wo ſie Chriſtlich geſinnet ſind/ den nutzen bald ſelbs ſehen und be- lieben werden) einzufuͤhren/ hertzlich zu gratuliren/ ſie hierinnen zuſtaͤrcken/ und zu ihren pflantzen und begieſſen das goͤttliche gedeyen anzuwuͤnſchen. Ja ich ver- langte hertzlich/ das viel andere ſolchen exempel folgeten/ oder zu ſeiner zeit durch der obern treue aufſicht durch gewiſſe verordnungen dazu angewieſſen wuͤrden/ in denn einmal hierdurch den verdorbenen weſen zimlich geſteuret wuͤrde koͤnnen. Jch hoffe auch/ daß der Herr Superintendens auff reiflliche uͤberlegung der ſa- che den nutzen der kirche darinnen erkennen/ und durch ſeine autoritaͤt ihro ei- nen mehrern nachdruck geben werde. Wo auch derſelbe es vor noͤtig hielte/ koͤnte auch den Herrn Graffen ſelbs (deſſen Ehriſtliches Hertz die erbauung ſei- ner kirchen ſo treulich verlanget) einiger vortrag davon geſchehen. Der Herr Herr befordere auch hierinnen/ was zu der erbauung der mit ſeinen blut er- kaufften ſeelen aller orten dienlich ſeyn mag. 1685. SECTIO XXXIII. Von einem Land-Prediger der kein beicht-geld nehmen wolte. DAs derſelbige ſich des beichtgelds enthaͤlt/ kan ich nicht mißbillichen/ der ich von hertzen wuͤnſchete/ daß es nirgend waͤre/ und aller orten bequem abgeſtellet werden koͤnte. So ſehe ich nicht/ wie das benachbarte ſtadt- Miniſterium demſelben zu deſſen annehmung wider ſeinen willen zwingen koͤnne/ ja es ſolte mich betruͤben/ da ſie ſich mit ernſt widerſetzten/ als welches mir leider die betruͤbten gedancken machen wuͤrde/ daß es ihnen um das geld mehr als um die ſeelen zu thun/ waͤre/ welches ich aber von uns allen/ die wir diener Chriſti heiſ- ſen/ ferne zu ſeyn verlange. Die rationes, warum man denſelben nicht noͤthi- gen kan/ moͤgen ſeyn nicht nur 1. abſonderlich deſſen vor dieſem gethanes geluͤbde/ welches uͤber eine ſache/ welche an ſich indifferent iſt/ aus einer wichtigen urſach gethan/ demſelben in ſeinem gewiſſen verbindet/ daher auch niemand ohn ſuͤnde denſelben zu deſſen brauch noͤthigen kan. 2. Das beichtgeld an ſich ſelbſt oder deſſen nehmung iſt zwar nicht/ abgezogen aller umſtaͤnde/ ſuͤndlich oder unrecht/ gingegen auch nicht/ weder durch goͤttlichs geſetze/ noch durch die kirchen-ordnung gebotenes/ ſondern wo des beichtgelbes in den oodnungen gedacht wird/ wird es allezeit allein angefuͤhret/ als etwas denen die es nehmen erlaubtes. Wie ob wohl in der Saͤchſiſchen kirchen wegen der insgemein faſt alzugeringen beſoldungen der Prediger der beichtpfennig meiſtens gebraͤuͤchlich/ dannoch die ordnung ihn nur

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken01_1700
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken01_1700/1111
Zitationshilfe: Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 1. Halle (Saale), 1700, S. 311. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken01_1700/1111>, abgerufen am 19.04.2024.