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Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 1. Halle (Saale), 1700.

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SECTIO XVIII.
dem aber der HErr in seine herrlichkeit eingegangen/ so hat er den vollkomme-
nen gebrauch der allwissenheit so wol als anderer eigenschafften wieder ange-
treten/ den er auch in ewigkeit behält. Diese gantze lehr steht in der F. C.
nach allen stücken (nach dem Teutschen f. 245. b.) da es heisset: Welche Ma-
jestat er nach der persönlichen vereinigung allwege gehabt/
(ist das
1. die wirckliche mittheilung und besitzung der göttlichen eigenschafften/ die
mit der empfängnüß anhebet) und sich doch im stand seiner erniedri-
gung geeussert/ und der ursach wahrhafftig an alter/ weißheit und
gnade bey Gott und den menschen zugenommen/
(ist das 2. daß er thät-
lich nicht alles gewust/ indem sonsten kein wachsthum platz gehabt hätte)
darum daß er solche Majestät nicht allezeit/ sondern wenn es ihm
gefallen/ erzeigt
(dieses ist das 3. von den zuweilen vorgeschossenen strahlen)
biß er die knechts-gestalt/ und nicht die natur/ nach seiner aufferste-
hung gantz und gar hingelegt/ und in den völligen gebrauch/ offen-
bahrung und erweisung der göttlichen Majestät gesetzet/ und also in
seine herrlichkeit eingegangen/ daß er jetzt nicht allein als GOtt/ son-
dern auch als mensch/ alles weiß/ alles vermag/ allen creaturen ge-
genwärtig ist etc.
Dieses letztere ist endlich das vierdte von mir angerech-
nete stück/ und also daraus klahr/ daß wir nichts anders lehren/ als was in
dieser formula Concordiae vorgeschrieben wird/ und in der schrifft gegründet
ist: auch wie dasjenige/ das in der materie einander entgegen zu seyn schei-
net/ mit einander zu vergleichen seye/ also daß kein weiter zweiffel mehr
bleiben kan. 1699.

SECTIO XIX.
Ob Christus wesentlich in allen menschen wohne?

JCh bin nicht in abrede/ daß ich sein schreiben von dem Oct. wol erhalten/
aber zu antworten nicht in willens gehabt habe/ nachdem mir nicht zu-
kommen will/ mich in frembde händel einzumischen/ so vielmehr da es
derselbe jetzt mit ihrem würdigen ministerio zuthun/ an das denselben viel-
mehr weisen/ als von dem was aller seits vorgegangen ist/ zu urtheilen ei-
ne mir nicht gegebene macht selbs nehmen solle. Nachdem es aber in den
letzten brieffen eine andere bewandnüß bekommet/ nicht nur daß er nachricht
verlanget/ was ich von der einwohnung Christi in den hertzen der
menschen glaube oder zu glauben achte/
sondern auch sich auff einen ort
aus meiner postill über Rom. 8. beruffet/ so habe mit wenigen meine er-
klährung thun sollen.

1. Jst

SECTIO XVIII.
dem aber der HErr in ſeine herrlichkeit eingegangen/ ſo hat er den vollkomme-
nen gebrauch der allwiſſenheit ſo wol als anderer eigenſchafften wieder ange-
treten/ den er auch in ewigkeit behaͤlt. Dieſe gantze lehr ſteht in der F. C.
nach allen ſtuͤcken (nach dem Teutſchen f. 245. b.) da es heiſſet: Welche Ma-
jeſtat er nach der perſoͤnlichen vereinigung allwege gehabt/
(iſt das
1. die wirckliche mittheilung und beſitzung der goͤttlichen eigenſchafften/ die
mit der empfaͤngnuͤß anhebet) und ſich doch im ſtand ſeiner erniedri-
gung geeuſſert/ und der urſach wahrhafftig an alter/ weißheit und
gnade bey Gott und den menſchen zugenommen/
(iſt das 2. daß er thaͤt-
lich nicht alles gewuſt/ indem ſonſten kein wachsthum platz gehabt haͤtte)
darum daß er ſolche Majeſtaͤt nicht allezeit/ ſondern wenn es ihm
gefallen/ erzeigt
(dieſes iſt das 3. von den zuweilen vorgeſchoſſenen ſtrahlẽ)
biß er die knechts-geſtalt/ und nicht die natur/ nach ſeiner aufferſte-
hung gantz und gar hingelegt/ und in den voͤlligen gebrauch/ offen-
bahrung und erweiſung der goͤttlichen Majeſtaͤt geſetzet/ und alſo in
ſeine herrlichkeit eingegangen/ daß er jetzt nicht allein als GOtt/ ſon-
dern auch als menſch/ alles weiß/ alles vermag/ allen creaturen ge-
genwaͤrtig iſt etc.
Dieſes letztere iſt endlich das vierdte von mir angerech-
nete ſtuͤck/ und alſo daraus klahr/ daß wir nichts anders lehren/ als was in
dieſer formula Concordiæ vorgeſchrieben wird/ und in der ſchrifft gegruͤndet
iſt: auch wie dasjenige/ das in der materie einander entgegen zu ſeyn ſchei-
net/ mit einander zu vergleichen ſeye/ alſo daß kein weiter zweiffel mehr
bleiben kan. 1699.

SECTIO XIX.
Ob Chriſtus weſentlich in allen menſchen wohne?

JCh bin nicht in abrede/ daß ich ſein ſchreiben von dem Oct. wol erhalten/
aber zu antworten nicht in willens gehabt habe/ nachdem mir nicht zu-
kommen will/ mich in frembde haͤndel einzumiſchen/ ſo vielmehr da es
derſelbe jetzt mit ihrem wuͤrdigen miniſterio zuthun/ an das denſelben viel-
mehr weiſen/ als von dem was aller ſeits vorgegangen iſt/ zu urtheilen ei-
ne mir nicht gegebene macht ſelbs nehmen ſolle. Nachdem es aber in den
letzten brieffen eine andere bewandnuͤß bekommet/ nicht nur daß er nachricht
verlanget/ was ich von der einwohnung Chriſti in den hertzen der
menſchen glaube oder zu glauben achte/
ſondern auch ſich auff einen ort
aus meiner poſtill uͤber Rom. 8. beruffet/ ſo habe mit wenigen meine er-
klaͤhrung thun ſollen.

1. Jſt
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[151/0167] SECTIO XVIII. dem aber der HErr in ſeine herrlichkeit eingegangen/ ſo hat er den vollkomme- nen gebrauch der allwiſſenheit ſo wol als anderer eigenſchafften wieder ange- treten/ den er auch in ewigkeit behaͤlt. Dieſe gantze lehr ſteht in der F. C. nach allen ſtuͤcken (nach dem Teutſchen f. 245. b.) da es heiſſet: Welche Ma- jeſtat er nach der perſoͤnlichen vereinigung allwege gehabt/ (iſt das 1. die wirckliche mittheilung und beſitzung der goͤttlichen eigenſchafften/ die mit der empfaͤngnuͤß anhebet) und ſich doch im ſtand ſeiner erniedri- gung geeuſſert/ und der urſach wahrhafftig an alter/ weißheit und gnade bey Gott und den menſchen zugenommen/ (iſt das 2. daß er thaͤt- lich nicht alles gewuſt/ indem ſonſten kein wachsthum platz gehabt haͤtte) darum daß er ſolche Majeſtaͤt nicht allezeit/ ſondern wenn es ihm gefallen/ erzeigt (dieſes iſt das 3. von den zuweilen vorgeſchoſſenen ſtrahlẽ) biß er die knechts-geſtalt/ und nicht die natur/ nach ſeiner aufferſte- hung gantz und gar hingelegt/ und in den voͤlligen gebrauch/ offen- bahrung und erweiſung der goͤttlichen Majeſtaͤt geſetzet/ und alſo in ſeine herrlichkeit eingegangen/ daß er jetzt nicht allein als GOtt/ ſon- dern auch als menſch/ alles weiß/ alles vermag/ allen creaturen ge- genwaͤrtig iſt etc. Dieſes letztere iſt endlich das vierdte von mir angerech- nete ſtuͤck/ und alſo daraus klahr/ daß wir nichts anders lehren/ als was in dieſer formula Concordiæ vorgeſchrieben wird/ und in der ſchrifft gegruͤndet iſt: auch wie dasjenige/ das in der materie einander entgegen zu ſeyn ſchei- net/ mit einander zu vergleichen ſeye/ alſo daß kein weiter zweiffel mehr bleiben kan. 1699. SECTIO XIX. Ob Chriſtus weſentlich in allen menſchen wohne? JCh bin nicht in abrede/ daß ich ſein ſchreiben von dem Oct. wol erhalten/ aber zu antworten nicht in willens gehabt habe/ nachdem mir nicht zu- kommen will/ mich in frembde haͤndel einzumiſchen/ ſo vielmehr da es derſelbe jetzt mit ihrem wuͤrdigen miniſterio zuthun/ an das denſelben viel- mehr weiſen/ als von dem was aller ſeits vorgegangen iſt/ zu urtheilen ei- ne mir nicht gegebene macht ſelbs nehmen ſolle. Nachdem es aber in den letzten brieffen eine andere bewandnuͤß bekommet/ nicht nur daß er nachricht verlanget/ was ich von der einwohnung Chriſti in den hertzen der menſchen glaube oder zu glauben achte/ ſondern auch ſich auff einen ort aus meiner poſtill uͤber Rom. 8. beruffet/ ſo habe mit wenigen meine er- klaͤhrung thun ſollen. 1. Jſt

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Zitationshilfe: Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 1. Halle (Saale), 1700, S. 151. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken01_1700/167>, abgerufen am 16.04.2024.