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Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 1. Halle (Saale), 1700.

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SECTIO XXIX.
und uns wie in stäter demuth erhält/ also auch zur rechten gründlichen gott-
seligkeit ernstlich anführet. Daß ich also nicht finde/ wie solche Evangelische
lehr einer GOtt hertzlich liebenden seele/ die sie recht eingenommen hat/ miß-
fällig seyn/ oder den geringsten scrupul verursachen solte. Stosset sich aber
jemand an den unrechten verstand/ den sich so viele davon machen/ und be-
sorglich auch einige lehrer davon nicht gantz frey seyn mögen/ so stehet nicht so
wol damit zu helffen/ daß man die übel verstandene lehr und wort ändern
und fahren lassen wolte/ sondern desto fleißiger ist darnach zu trachten/ daß
sie besser erklähret/ und von solcher verkehrung befreyet werde. Bitte also
nochmal/ geliebter bruder befreye mich und andre/ die ihn lieben/ dieser neu-
en sorgfalt/ und mache nicht mit widrigem diejenige hoffnung/ welche ich ha-
be zu dessen wiederberuff in den weinberg des Herrn/ zunichte oder schwehrer/
wie sie dann in dem fall einer solchen änderung der lehr allerdings niederge-
schlagen/ andern treumeinenden freunden ein neuer/ und ihnen sehr hinderli-
cher vorwurff/ ob verfielen alle/ die das rechtschaffene wesen in Christo JEsu
hertzlich treiben/ endlich auff irrige meinungen/ gemacht/ vielen Christlichen
seelen dadurch betrübnüß erwecket/ und schwehre seufftzen ausgetruckt/ ins-
gesamt aber vieles ärgernüß verursachet werden würde. Welches alles ja
der HErr in gnaden verhüten/ hingegen geliebten bruder durch seinen geist in
alle wahrheit leiten/ also auff seiner richtigen bahn erhalten und seine gaben
wiedrum bey seiner gemeinde fruchtbar werden lassen wolle. 1688.

SECTIO XXX.
Von müglichkeit und unmüglichkeit der haltung
göttlicher gebote.

DAß mein geliebter Herr bruder das übersandte sendschreiben/ wie
von andern vielen gottseligen Theologis geschehen/ beliebet/ ist mir
auch zu vernehmen eine freude gewesen. Einige andere haben hin und
wieder dagegen gemurret/ aber sich woran es eigentlich mangele/ auffs we-
nigste gegen mich/ nicht heraus gelassen/ da ich doch sonsten willig und bereit
bin/ jeglichem/ der aus Christlichem hertzen entweder eines bessern mich selbst
zu berichten/ oder aber von mir erklährung anzunehmen/ es von mir fordert/
rechenschafft zu geben desjenigen/ was ich lehre und thue. Von aussen wur-
de mir zu ohren gebracht/ daß einige gesaget/ es wäre denen libris symbolicis
und analogiae fidei zu nahe geredet/ was ich von haltung der gebote darinnen
geschrieben. Aber wie ich in meiner seelen versichert bin/ daß die sache und
wort göttliche wahrheit seyen/ also wüste ich nicht einen einigen ort unserer
Symbolischen bücher/ welcher meiner explication entgegen stünde. Und

wie
A a

SECTIO XXIX.
und uns wie in ſtaͤter demuth erhaͤlt/ alſo auch zur rechten gruͤndlichen gott-
ſeligkeit ernſtlich anfuͤhret. Daß ich alſo nicht finde/ wie ſolche Evangeliſche
lehr einer GOtt hertzlich liebenden ſeele/ die ſie recht eingenommen hat/ miß-
faͤllig ſeyn/ oder den geringſten ſcrupul verurſachen ſolte. Stoſſet ſich aber
jemand an den unrechten verſtand/ den ſich ſo viele davon machen/ und be-
ſorglich auch einige lehrer davon nicht gantz frey ſeyn moͤgen/ ſo ſtehet nicht ſo
wol damit zu helffen/ daß man die uͤbel verſtandene lehr und wort aͤndern
und fahren laſſen wolte/ ſondern deſto fleißiger iſt darnach zu trachten/ daß
ſie beſſer erklaͤhret/ und von ſolcher verkehrung befreyet werde. Bitte alſo
nochmal/ geliebter bruder befreye mich und andre/ die ihn lieben/ dieſer neu-
en ſorgfalt/ und mache nicht mit widrigem diejenige hoffnung/ welche ich ha-
be zu deſſen wiederberuff in den weinberg des Herrn/ zunichte oder ſchwehrer/
wie ſie dann in dem fall einer ſolchen aͤnderung der lehr allerdings niederge-
ſchlagen/ andern treumeinenden freunden ein neuer/ und ihnen ſehr hinderli-
cher vorwurff/ ob verfielen alle/ die das rechtſchaffene weſen in Chriſto JEſu
hertzlich treiben/ endlich auff irrige meinungen/ gemacht/ vielen Chriſtlichen
ſeelen dadurch betruͤbnuͤß erwecket/ und ſchwehre ſeufftzen ausgetruckt/ ins-
geſamt aber vieles aͤrgernuͤß verurſachet werden wuͤrde. Welches alles ja
der HErr in gnaden verhuͤten/ hingegen geliebten bruder durch ſeinen geiſt in
alle wahrheit leiten/ alſo auff ſeiner richtigen bahn erhalten und ſeine gaben
wiedrum bey ſeiner gemeinde fruchtbar werden laſſen wolle. 1688.

SECTIO XXX.
Von muͤglichkeit und unmuͤglichkeit der haltung
goͤttlicher gebote.

DAß mein geliebter Herr bruder das uͤberſandte ſendſchreiben/ wie
von andern vielen gottſeligen Theologis geſchehen/ beliebet/ iſt mir
auch zu vernehmen eine freude geweſen. Einige andere haben hin und
wieder dagegen gemurret/ aber ſich woran es eigentlich mangele/ auffs we-
nigſte gegen mich/ nicht heraus gelaſſen/ da ich doch ſonſten willig und bereit
bin/ jeglichem/ der aus Chriſtlichem hertzen entweder eines beſſern mich ſelbſt
zu berichten/ oder aber von mir erklaͤhrung anzunehmen/ es von mir fordert/
rechenſchafft zu geben desjenigen/ was ich lehre und thue. Von auſſen wur-
de mir zu ohren gebracht/ daß einige geſaget/ es waͤre denen libris ſymbolicis
und analogiæ fidei zu nahe geredet/ was ich von haltung der gebote darinnen
geſchrieben. Aber wie ich in meiner ſeelen verſichert bin/ daß die ſache und
wort goͤttliche wahrheit ſeyen/ alſo wuͤſte ich nicht einen einigen ort unſerer
Symboliſchen buͤcher/ welcher meiner explication entgegen ſtuͤnde. Und

wie
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[185/0201] SECTIO XXIX. und uns wie in ſtaͤter demuth erhaͤlt/ alſo auch zur rechten gruͤndlichen gott- ſeligkeit ernſtlich anfuͤhret. Daß ich alſo nicht finde/ wie ſolche Evangeliſche lehr einer GOtt hertzlich liebenden ſeele/ die ſie recht eingenommen hat/ miß- faͤllig ſeyn/ oder den geringſten ſcrupul verurſachen ſolte. Stoſſet ſich aber jemand an den unrechten verſtand/ den ſich ſo viele davon machen/ und be- ſorglich auch einige lehrer davon nicht gantz frey ſeyn moͤgen/ ſo ſtehet nicht ſo wol damit zu helffen/ daß man die uͤbel verſtandene lehr und wort aͤndern und fahren laſſen wolte/ ſondern deſto fleißiger iſt darnach zu trachten/ daß ſie beſſer erklaͤhret/ und von ſolcher verkehrung befreyet werde. Bitte alſo nochmal/ geliebter bruder befreye mich und andre/ die ihn lieben/ dieſer neu- en ſorgfalt/ und mache nicht mit widrigem diejenige hoffnung/ welche ich ha- be zu deſſen wiederberuff in den weinberg des Herrn/ zunichte oder ſchwehrer/ wie ſie dann in dem fall einer ſolchen aͤnderung der lehr allerdings niederge- ſchlagen/ andern treumeinenden freunden ein neuer/ und ihnen ſehr hinderli- cher vorwurff/ ob verfielen alle/ die das rechtſchaffene weſen in Chriſto JEſu hertzlich treiben/ endlich auff irrige meinungen/ gemacht/ vielen Chriſtlichen ſeelen dadurch betruͤbnuͤß erwecket/ und ſchwehre ſeufftzen ausgetruckt/ ins- geſamt aber vieles aͤrgernuͤß verurſachet werden wuͤrde. Welches alles ja der HErr in gnaden verhuͤten/ hingegen geliebten bruder durch ſeinen geiſt in alle wahrheit leiten/ alſo auff ſeiner richtigen bahn erhalten und ſeine gaben wiedrum bey ſeiner gemeinde fruchtbar werden laſſen wolle. 1688. SECTIO XXX. Von muͤglichkeit und unmuͤglichkeit der haltung goͤttlicher gebote. DAß mein geliebter Herr bruder das uͤberſandte ſendſchreiben/ wie von andern vielen gottſeligen Theologis geſchehen/ beliebet/ iſt mir auch zu vernehmen eine freude geweſen. Einige andere haben hin und wieder dagegen gemurret/ aber ſich woran es eigentlich mangele/ auffs we- nigſte gegen mich/ nicht heraus gelaſſen/ da ich doch ſonſten willig und bereit bin/ jeglichem/ der aus Chriſtlichem hertzen entweder eines beſſern mich ſelbſt zu berichten/ oder aber von mir erklaͤhrung anzunehmen/ es von mir fordert/ rechenſchafft zu geben desjenigen/ was ich lehre und thue. Von auſſen wur- de mir zu ohren gebracht/ daß einige geſaget/ es waͤre denen libris ſymbolicis und analogiæ fidei zu nahe geredet/ was ich von haltung der gebote darinnen geſchrieben. Aber wie ich in meiner ſeelen verſichert bin/ daß die ſache und wort goͤttliche wahrheit ſeyen/ alſo wuͤſte ich nicht einen einigen ort unſerer Symboliſchen buͤcher/ welcher meiner explication entgegen ſtuͤnde. Und wie A a

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Zitationshilfe: Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 1. Halle (Saale), 1700, S. 185. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken01_1700/201>, abgerufen am 28.03.2024.