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Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 1. Halle (Saale), 1700.

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dem studio exegetico und pietatis sein geziemender werth wiedergegeben/ und
solche in gehörigen schwang gebracht würden. Wozu ich treulich mit gebet
cooperiren will/ mich auch freuen/ wenn noch etwas weiter dazu contribuiren
vermöchte. Was betrifft/ ob jemand die articulos fidei mit ihren porisma-
tibus practicis
kräfftig vorgestellet habe/ bekenne/ daß mir ohne D. Gerhar-
di scholam pietatis
keiner bekant/ wiewohl mich auch niemahl auff die cogni-
tionem
vieler bücher sonderlich befliessen habe. Jch halte es aber vor eine
der aller nützlichsten arbeiten/ die ein Christlicher Theologus vornehmen kön-
te/ daher auch meinen werthen bruder dazu gern animiren will/ und göttlichen
Geistes krafft von grund der seelen anwünsche. 1689.

SECTIO VI.
Studium Biblicum
wie aufzubringen. Sabbaths-
feyer. Verderben von den predigern. Aergerlicher
prediger nicht zu schonen.

DAß die gemüther der studiosorum von selbsten eine solche renitentz ge-
gen das studium Biblicum haben solten/ daß wenn die Professores ih-
nen dessen höchste nothwendigkeit weisen/ auch selbs zeigten/ daß sie
die jenige vor allen andern aestimirten/ welche sonderlich hierinnen vor allen
andern studiis excellirten/ so denn ihnen mit eigenem exempel also vorgien-
gen/ daß sie wahrhafftig sehen/ ihre praeceptores setzten auch alles auff dassel-
bige/ sie nicht eben so wohl eine liebe gegen dasselbige gewinnen/ und fleiß daran
wenden würden/ kan nicht wohl begreiffen. Denn es bleibt doch dabey/ der leh-
rer exempel hat den meisten eintruck in die gemüther der zuhörer/ wo also die-
se sehen daß die Theologia scholastica und subtilitates methaphys. den grösten
preiß bey jenen haben/ so jagen sie derselben mehr nach/ als einem studio in
dem sie keine eiffrige vorgänger haben. Herr D. Rudrauffs arbeit von
dem Sabbath habe bekommen. Jch erkenne/ wo derselbe recht und nach der
absicht GOttes gefeyret würde/ solte wohl solches eines der kräfftigsten
mittel seyn zum rechten wachsthum des Christenthums/ welcher einmal eine
zeit haben will/ da der mensch von andern weltlichen dingen sich gantz loßma-
che. Jndessen ist mirs doch leid/ wann davon offt disputirt wird/ wegen bekan-
ter discrepanz unsrer Theologorum in solcher materie/ daran sich schwache
gantz leicht stoßen. Die von meinem werthen freund führende hertzliche kla-
gen über das kalte wesen bey uns an ihrem ort/ betrübet mich wohl billich
(und wen solte es nicht betrüben/ welchem noch die ehre GOTTes und der
menschen heil angelegen ist?) aber wundere mich derselben nicht. Denn wo

ich

Das andere Capitel.
dem ſtudio exegetico und pietatis ſein geziemender werth wiedergegeben/ uñ
ſolche in gehoͤrigen ſchwang gebracht wuͤrden. Wozu ich treulich mit gebet
cooperiren will/ mich auch freuen/ weñ noch etwas weiter dazu contribuiren
vermoͤchte. Was betrifft/ ob jemand die articulos fidei mit ihren porisma-
tibus practicis
kraͤfftig vorgeſtellet habe/ bekenne/ daß mir ohne D. Gerhar-
di ſcholam pietatis
keiner bekant/ wiewohl mich auch niemahl auff die cogni-
tionem
vieler buͤcher ſonderlich beflieſſen habe. Jch halte es aber vor eine
der aller nuͤtzlichſten arbeiten/ die ein Chriſtlicher Theologus vornehmen koͤn-
te/ daher auch meinen werthen bruder dazu gern animiren will/ und goͤttlichen
Geiſtes krafft von grund der ſeelen anwuͤnſche. 1689.

SECTIO VI.
Studium Biblicum
wie aufzubringen. Sabbaths-
feyer. Verderben von den predigern. Aergerlicher
prediger nicht zu ſchonen.

DAß die gemuͤther der ſtudioſorum von ſelbſten eine ſolche renitentz ge-
gen das ſtudium Biblicum haben ſolten/ daß wenn die Profeſſores ih-
nen deſſen hoͤchſte nothwendigkeit weiſen/ auch ſelbs zeigten/ daß ſie
die jenige vor allen andern æſtimirten/ welche ſonderlich hierinnen vor allen
andern ſtudiis excellirten/ ſo denn ihnen mit eigenem exempel alſo vorgien-
gen/ daß ſie wahrhafftig ſehen/ ihre præceptores ſetzten auch alles auff daſſel-
bige/ ſie nicht eben ſo wohl eine liebe gegen daſſelbige gewiñen/ uñ fleiß daran
wenden wuͤrden/ kan nicht wohl begreiffen. Denn es bleibt doch dabey/ der leh-
rer exempel hat den meiſten eintruck in die gemuͤther der zuhoͤrer/ wo alſo die-
ſe ſehen daß die Theologia ſcholaſtica uñ ſubtilitates methaphyſ. den groͤſten
preiß bey jenen haben/ ſo jagen ſie derſelben mehr nach/ als einem ſtudio in
dem ſie keine eiffrige vorgaͤnger haben. Herr D. Rudrauffs arbeit von
dem Sabbath habe bekommen. Jch erkenne/ wo derſelbe recht und nach der
abſicht GOttes gefeyret wuͤrde/ ſolte wohl ſolches eines der kraͤfftigſten
mittel ſeyn zum rechten wachsthum des Chriſtenthums/ welcher einmal eine
zeit haben will/ da der menſch von andern weltlichen dingen ſich gantz loßma-
che. Jndeſſen iſt mirs doch leid/ wann davon offt diſputirt wird/ wegen bekan-
ter diſcrepanz unſrer Theologorum in ſolcher materie/ daran ſich ſchwache
gantz leicht ſtoßen. Die von meinem werthen freund fuͤhrende hertzliche kla-
gen uͤber das kalte weſen bey uns an ihrem ort/ betruͤbet mich wohl billich
(und wen ſolte es nicht betruͤben/ welchem noch die ehre GOTTes und der
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[408/0424] Das andere Capitel. dem ſtudio exegetico und pietatis ſein geziemender werth wiedergegeben/ uñ ſolche in gehoͤrigen ſchwang gebracht wuͤrden. Wozu ich treulich mit gebet cooperiren will/ mich auch freuen/ weñ noch etwas weiter dazu contribuiren vermoͤchte. Was betrifft/ ob jemand die articulos fidei mit ihren porisma- tibus practicis kraͤfftig vorgeſtellet habe/ bekenne/ daß mir ohne D. Gerhar- di ſcholam pietatis keiner bekant/ wiewohl mich auch niemahl auff die cogni- tionem vieler buͤcher ſonderlich beflieſſen habe. Jch halte es aber vor eine der aller nuͤtzlichſten arbeiten/ die ein Chriſtlicher Theologus vornehmen koͤn- te/ daher auch meinen werthen bruder dazu gern animiren will/ und goͤttlichen Geiſtes krafft von grund der ſeelen anwuͤnſche. 1689. SECTIO VI. Studium Biblicum wie aufzubringen. Sabbaths- feyer. Verderben von den predigern. Aergerlicher prediger nicht zu ſchonen. DAß die gemuͤther der ſtudioſorum von ſelbſten eine ſolche renitentz ge- gen das ſtudium Biblicum haben ſolten/ daß wenn die Profeſſores ih- nen deſſen hoͤchſte nothwendigkeit weiſen/ auch ſelbs zeigten/ daß ſie die jenige vor allen andern æſtimirten/ welche ſonderlich hierinnen vor allen andern ſtudiis excellirten/ ſo denn ihnen mit eigenem exempel alſo vorgien- gen/ daß ſie wahrhafftig ſehen/ ihre præceptores ſetzten auch alles auff daſſel- bige/ ſie nicht eben ſo wohl eine liebe gegen daſſelbige gewiñen/ uñ fleiß daran wenden wuͤrden/ kan nicht wohl begreiffen. Denn es bleibt doch dabey/ der leh- rer exempel hat den meiſten eintruck in die gemuͤther der zuhoͤrer/ wo alſo die- ſe ſehen daß die Theologia ſcholaſtica uñ ſubtilitates methaphyſ. den groͤſten preiß bey jenen haben/ ſo jagen ſie derſelben mehr nach/ als einem ſtudio in dem ſie keine eiffrige vorgaͤnger haben. Herr D. Rudrauffs arbeit von dem Sabbath habe bekommen. Jch erkenne/ wo derſelbe recht und nach der abſicht GOttes gefeyret wuͤrde/ ſolte wohl ſolches eines der kraͤfftigſten mittel ſeyn zum rechten wachsthum des Chriſtenthums/ welcher einmal eine zeit haben will/ da der menſch von andern weltlichen dingen ſich gantz loßma- che. Jndeſſen iſt mirs doch leid/ wann davon offt diſputirt wird/ wegen bekan- ter diſcrepanz unſrer Theologorum in ſolcher materie/ daran ſich ſchwache gantz leicht ſtoßen. Die von meinem werthen freund fuͤhrende hertzliche kla- gen uͤber das kalte weſen bey uns an ihrem ort/ betruͤbet mich wohl billich (und wen ſolte es nicht betruͤben/ welchem noch die ehre GOTTes und der menſchen heil angelegen iſt?) aber wundere mich derſelben nicht. Denn wo ich

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Zitationshilfe: Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 1. Halle (Saale), 1700, S. 408. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken01_1700/424>, abgerufen am 19.04.2024.