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Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 1. Halle (Saale), 1700.

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ARTIC. II. SECTIO XI.
ger abgesprochen/ so würden sie in diesen umständen zu thun desto weniger be-
dencken tragen. Meritirt also solches unpartheyische judicium zu samt dem
auch aus Bedenbachio angeführten responso gantz wohl/ daß es überlesen/
und in der forcht des HErren erwogen werde/ wo ich nicht zweiffle/ daß S.
Hochfürstl. Durchl. als dann völlige satisfaction haben werde. etc.

SECTIO XI.
Wie sich ein prediger zu verhalten da seinetwegen
betreffend seine
vocation zwischen den herrschafften/
wo er stehet/ und die ihn von derselben abfordern
will/ streit entstehet.
Auff die aus einer facti specie ausgezogene fragen nach göttlicher an-
ruffung und Christlicher überlegung der gantzen sache/ finde folgender
massen zu antworten.
1.
Ob Titus bißher in dieser sache wohl gethan hat oder nicht?

AUs der gantzen erzehlung finde nicht/ was an Titi verhalten zu straffen
hätte/ sondern ich billige vielmehr seine bedachtsamkeit/ in dem wichti-
gen und fast intricaten beruffs werck: sonderlich aber daß er am lieb-
sten sich passive halten/ und andere die sache habe ausmachen lassen wollen/
welche art ich auffs wenigste allezeit dem gewissen am sichersten geglaubet
habe/ und biß daher auch in meinen beruffungen solchen weg lieber gegangen
bin/ daß es nemlich auf andere ankommen liesse/ als daß ich selbs etwas weh-
lete: weil in diesem fall/ je nachdem die sache gerathen zu seyn scheinet/ gar
leicht gewissens ängsten entstehen können/ ob man göttlichen willen nicht ge-
nauer einsehen können/ da hingegen dergleichen nicht zu besorgen sind/ wo
man seinem eigenen urtheil nicht trauende die gantze sache dem ausschlag der
jenigen/ welche sonsten in GOttes nahmen das geschäfft ohne das zu dirigi-
ren macht haben/ überlässet/ vor ihre regierung zu dem HErrn seufftzet/ und
alsdenn in einfalt den erfolg vor dessen rath annimmet. Wie ich versichere/
daß in dieser bezeugung ich bey mir stets die beste ruhe meiner seelen gefunden/
und darmit alle anstösse/ die mir etwan in meinen ämtern begegnet sind/ in
göttlicher krafft dermassen überwunden habe/ daß mir kaum einmahl über die
gewißheit meines göttlichen ruffs ein zweiffel eingekommen/ dessen ich mich
vielleicht schwehrlich hätte entbrechen können/ wo ichs einmal auf eigene wahl
nachdem ich mir ohne daß nicht eben traue/ ankommen hätte lassen.

2.
Wie er sich ferner verhalten solle?
Die

ARTIC. II. SECTIO XI.
ger abgeſprochen/ ſo wuͤrden ſie in dieſen umſtaͤnden zu thun deſto weniger be-
dencken tragen. Meritirt alſo ſolches unpartheyiſche judicium zu ſamt dem
auch aus Bedenbachio angefuͤhrten reſponſo gantz wohl/ daß es uͤberleſen/
und in der forcht des HErren erwogen werde/ wo ich nicht zweiffle/ daß S.
Hochfuͤrſtl. Durchl. als dann voͤllige ſatisfaction haben werde. ꝛc.

SECTIO XI.
Wie ſich ein prediger zu verhalten da ſeinetwegen
betreffend ſeine
vocation zwiſchen den herrſchafften/
wo er ſtehet/ und die ihn von derſelben abfordern
will/ ſtreit entſtehet.
Auff die aus einer facti ſpecie ausgezogene fragen nach goͤttlicher an-
ruffung und Chriſtlicher uͤberlegung der gantzen ſache/ finde folgender
maſſen zu antworten.
1.
Ob Titus bißher in dieſer ſache wohl gethan hat oder nicht?

AUs der gantzen erzehlung finde nicht/ was an Titi verhalten zu ſtraffen
haͤtte/ ſondern ich billige vielmehr ſeine bedachtſamkeit/ in dem wichti-
gen und faſt intricaten beruffs werck: ſonderlich aber daß er am lieb-
ſten ſich paſſivè halten/ und andere die ſache habe ausmachen laſſen wollen/
welche art ich auffs wenigſte allezeit dem gewiſſen am ſicherſten geglaubet
habe/ und biß daher auch in meinen beruffungen ſolchen weg lieber gegangen
bin/ daß es nemlich auf andere ankommen lieſſe/ als daß ich ſelbs etwas weh-
lete: weil in dieſem fall/ je nachdem die ſache gerathen zu ſeyn ſcheinet/ gar
leicht gewiſſens aͤngſten entſtehen koͤnnen/ ob man goͤttlichen willen nicht ge-
nauer einſehen koͤnnen/ da hingegen dergleichen nicht zu beſorgen ſind/ wo
man ſeinem eigenen urtheil nicht trauende die gantze ſache dem ausſchlag der
jenigen/ welche ſonſten in GOttes nahmen das geſchaͤfft ohne das zu dirigi-
ren macht haben/ uͤberlaͤſſet/ vor ihre regierung zu dem HErrn ſeufftzet/ und
alsdenn in einfalt den erfolg vor deſſen rath annimmet. Wie ich verſichere/
daß in dieſer bezeugung ich bey mir ſtets die beſte ruhe meiner ſeelen gefunden/
und darmit alle anſtoͤſſe/ die mir etwan in meinen aͤmtern begegnet ſind/ in
goͤttlicher krafft dermaſſen uͤberwunden habe/ daß mir kaum einmahl uͤber die
gewißheit meines goͤttlichen ruffs ein zweiffel eingekommen/ deſſen ich mich
vielleicht ſchwehrlich haͤtte entbrechen koͤnnen/ wo ichs einmal auf eigene wahl
nachdem ich mir ohne daß nicht eben traue/ ankommen haͤtte laſſen.

2.
Wie er ſich ferner verhalten ſolle?
Die
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[519/0535] ARTIC. II. SECTIO XI. ger abgeſprochen/ ſo wuͤrden ſie in dieſen umſtaͤnden zu thun deſto weniger be- dencken tragen. Meritirt alſo ſolches unpartheyiſche judicium zu ſamt dem auch aus Bedenbachio angefuͤhrten reſponſo gantz wohl/ daß es uͤberleſen/ und in der forcht des HErren erwogen werde/ wo ich nicht zweiffle/ daß S. Hochfuͤrſtl. Durchl. als dann voͤllige ſatisfaction haben werde. ꝛc. SECTIO XI. Wie ſich ein prediger zu verhalten da ſeinetwegen betreffend ſeine vocation zwiſchen den herrſchafften/ wo er ſtehet/ und die ihn von derſelben abfordern will/ ſtreit entſtehet. Auff die aus einer facti ſpecie ausgezogene fragen nach goͤttlicher an- ruffung und Chriſtlicher uͤberlegung der gantzen ſache/ finde folgender maſſen zu antworten. 1. Ob Titus bißher in dieſer ſache wohl gethan hat oder nicht? AUs der gantzen erzehlung finde nicht/ was an Titi verhalten zu ſtraffen haͤtte/ ſondern ich billige vielmehr ſeine bedachtſamkeit/ in dem wichti- gen und faſt intricaten beruffs werck: ſonderlich aber daß er am lieb- ſten ſich paſſivè halten/ und andere die ſache habe ausmachen laſſen wollen/ welche art ich auffs wenigſte allezeit dem gewiſſen am ſicherſten geglaubet habe/ und biß daher auch in meinen beruffungen ſolchen weg lieber gegangen bin/ daß es nemlich auf andere ankommen lieſſe/ als daß ich ſelbs etwas weh- lete: weil in dieſem fall/ je nachdem die ſache gerathen zu ſeyn ſcheinet/ gar leicht gewiſſens aͤngſten entſtehen koͤnnen/ ob man goͤttlichen willen nicht ge- nauer einſehen koͤnnen/ da hingegen dergleichen nicht zu beſorgen ſind/ wo man ſeinem eigenen urtheil nicht trauende die gantze ſache dem ausſchlag der jenigen/ welche ſonſten in GOttes nahmen das geſchaͤfft ohne das zu dirigi- ren macht haben/ uͤberlaͤſſet/ vor ihre regierung zu dem HErrn ſeufftzet/ und alsdenn in einfalt den erfolg vor deſſen rath annimmet. Wie ich verſichere/ daß in dieſer bezeugung ich bey mir ſtets die beſte ruhe meiner ſeelen gefunden/ und darmit alle anſtoͤſſe/ die mir etwan in meinen aͤmtern begegnet ſind/ in goͤttlicher krafft dermaſſen uͤberwunden habe/ daß mir kaum einmahl uͤber die gewißheit meines goͤttlichen ruffs ein zweiffel eingekommen/ deſſen ich mich vielleicht ſchwehrlich haͤtte entbrechen koͤnnen/ wo ichs einmal auf eigene wahl nachdem ich mir ohne daß nicht eben traue/ ankommen haͤtte laſſen. 2. Wie er ſich ferner verhalten ſolle? Die

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Zitationshilfe: Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 1. Halle (Saale), 1700, S. 519. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken01_1700/535>, abgerufen am 28.03.2024.