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Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 1. Halle (Saale), 1700.

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ARTIC. III. SECTIO I.
36. Von der krafft des worts GOttes. Von vorgebender unsündlichkeit.
Rath wie mit irrenden umzugehen.
37. Von verbindung der kirchen-ordnungen. Von handlungen der predi-
ger mit ihren zuhörern. Von der sontags-feyer.
38. Was wegen Papistischer feyertage zu thun.
39. Was wegen der Juden bekehrung predigern oblige.
40. Von des ministerii verhalten bey nacht-begräbnüssen.
41. Von brüderlicher bestraffung der prediger.
42. Wegen eines predigers heyrath.
43. An einen prediger wegen seiner haußfrauen kleider-prachts/ und ver-
dächtigen umgangs.
44. Was mit einem prediger zu thun/ der der trunckenheit ergeben/ und in
derselben einen groben excess begangen.
45. Von dorffschulmeistern/ und was in dem fall ihrer untüchtigkeit zu
thun.
SECTIO I.
Ob das lehr-amt allen gemein?

DJe angehörte predigt belangend/ so viel aus dem mir communicirten
sehen kan/ wird mich nicht betreffen/ oder es müßten mir erstlich eini-
ge dinge fälschlich aufgebürdet werden. Jch erkenne freylich/ daß das
lehr-amt nicht allen gemein ist/ brauche selbs dazu/ nicht nur den locum
1. Cor. 12. sondern auch Jac. 3. Es heisst aber das lehr-amt/ das jenige
jus welches einem aus einer sonderbahren vocation über die allgemeine
pflicht zu kommt/ da so wohl publice die prediger amts wegen lehrer sind/
als auch in den haußhaltungen privatim die hauß-väter und hauß-mütter/
denen dieses als ein sonderbahres stück ihrer pflicht von GOtt aufgeleget ist.
Dergleichen amt kommt nicht allen Christen zu/ ja es wäre nicht eigentlich
ein amt/ wo es allen gemein wäre. Wo wir aber ämter nennen jegliche
pflichten des menschen/ wie auch in dem lateinischen officia viri boni, Chri-
stiani &c.
genennet werden/ und solches teutsche wort von dem priesterthum
auch pflegt gebraucht zu werden/ so gehöret das lehren auch zu den ämtern o-
der pflichten der Christen insgesamt in einem andern als dem vorigen ver-
stand/ wo ein amt eine sonderliche function bedeutet. Es kommt aber den
Christen insgesamt zu/ daß nemlich jeglicher/ welcher von GOtt dazu die ga-
ben empfangen/ und wiederum/ welcher dazu gelegenheit hat/ sich deroselben
gebrauchen könne. Also wer nichts weiß/ bedarf zu lernen von denen/ die et-
was in göttlichen dingen verstehen/ wer etwas aus GOttes gnade verstehet/

mag
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ARTIC. III. SECTIO I.
36. Von der krafft des worts GOttes. Von vorgebender unſuͤndlichkeit.
Rath wie mit irrenden umzugehen.
37. Von verbindung der kirchen-ordnungen. Von handlungen der predi-
ger mit ihren zuhoͤrern. Von der ſontags-feyer.
38. Was wegen Papiſtiſcher feyertage zu thun.
39. Was wegen der Juden bekehrung predigern oblige.
40. Von des miniſterii verhalten bey nacht-begraͤbnuͤſſen.
41. Von bruͤderlicher beſtraffung der prediger.
42. Wegen eines predigers heyrath.
43. An einen prediger wegen ſeiner haußfrauen kleider-prachts/ und ver-
daͤchtigen umgangs.
44. Was mit einem prediger zu thun/ der der trunckenheit ergeben/ und in
derſelben einen groben exceſſ begangen.
45. Von dorffſchulmeiſtern/ und was in dem fall ihrer untuͤchtigkeit zu
thun.
SECTIO I.
Ob das lehr-amt allen gemein?

DJe angehoͤrte predigt belangend/ ſo viel aus dem mir communicirten
ſehen kan/ wird mich nicht betreffen/ oder es muͤßten mir erſtlich eini-
ge dinge faͤlſchlich aufgebuͤrdet werden. Jch erkenne freylich/ daß das
lehr-amt nicht allen gemein iſt/ brauche ſelbs dazu/ nicht nur den locum
1. Cor. 12. ſondern auch Jac. 3. Es heiſſt aber das lehr-amt/ das jenige
jus welches einem aus einer ſonderbahren vocation uͤber die allgemeine
pflicht zu kommt/ da ſo wohl publicè die prediger amts wegen lehrer ſind/
als auch in den haußhaltungen privatim die hauß-vaͤter und hauß-muͤtter/
denen dieſes als ein ſonderbahres ſtuͤck ihrer pflicht von GOtt aufgeleget iſt.
Dergleichen amt kommt nicht allen Chriſten zu/ ja es waͤre nicht eigentlich
ein amt/ wo es allen gemein waͤre. Wo wir aber aͤmter nennen jegliche
pflichten des menſchen/ wie auch in dem lateiniſchen officia viri boni, Chri-
ſtiani &c.
genennet werden/ und ſolches teutſche wort von dem prieſterthum
auch pflegt gebraucht zu werden/ ſo gehoͤret das lehren auch zu den aͤmtern o-
der pflichten der Chriſten insgeſamt in einem andern als dem vorigen ver-
ſtand/ wo ein amt eine ſonderliche function bedeutet. Es kommt aber den
Chriſten insgeſamt zu/ daß nemlich jeglicher/ welcher von GOtt dazu die ga-
ben empfangen/ und wiederum/ welcher dazu gelegenheit hat/ ſich deroſelben
gebrauchen koͤnne. Alſo wer nichts weiß/ bedarf zu lernen von denen/ die et-
was in goͤttlichen dingen verſtehen/ wer etwas aus GOttes gnade verſtehet/

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[595/0611] ARTIC. III. SECTIO I. 36. Von der krafft des worts GOttes. Von vorgebender unſuͤndlichkeit. Rath wie mit irrenden umzugehen. 37. Von verbindung der kirchen-ordnungen. Von handlungen der predi- ger mit ihren zuhoͤrern. Von der ſontags-feyer. 38. Was wegen Papiſtiſcher feyertage zu thun. 39. Was wegen der Juden bekehrung predigern oblige. 40. Von des miniſterii verhalten bey nacht-begraͤbnuͤſſen. 41. Von bruͤderlicher beſtraffung der prediger. 42. Wegen eines predigers heyrath. 43. An einen prediger wegen ſeiner haußfrauen kleider-prachts/ und ver- daͤchtigen umgangs. 44. Was mit einem prediger zu thun/ der der trunckenheit ergeben/ und in derſelben einen groben exceſſ begangen. 45. Von dorffſchulmeiſtern/ und was in dem fall ihrer untuͤchtigkeit zu thun. SECTIO I. Ob das lehr-amt allen gemein? DJe angehoͤrte predigt belangend/ ſo viel aus dem mir communicirten ſehen kan/ wird mich nicht betreffen/ oder es muͤßten mir erſtlich eini- ge dinge faͤlſchlich aufgebuͤrdet werden. Jch erkenne freylich/ daß das lehr-amt nicht allen gemein iſt/ brauche ſelbs dazu/ nicht nur den locum 1. Cor. 12. ſondern auch Jac. 3. Es heiſſt aber das lehr-amt/ das jenige jus welches einem aus einer ſonderbahren vocation uͤber die allgemeine pflicht zu kommt/ da ſo wohl publicè die prediger amts wegen lehrer ſind/ als auch in den haußhaltungen privatim die hauß-vaͤter und hauß-muͤtter/ denen dieſes als ein ſonderbahres ſtuͤck ihrer pflicht von GOtt aufgeleget iſt. Dergleichen amt kommt nicht allen Chriſten zu/ ja es waͤre nicht eigentlich ein amt/ wo es allen gemein waͤre. Wo wir aber aͤmter nennen jegliche pflichten des menſchen/ wie auch in dem lateiniſchen officia viri boni, Chri- ſtiani &c. genennet werden/ und ſolches teutſche wort von dem prieſterthum auch pflegt gebraucht zu werden/ ſo gehoͤret das lehren auch zu den aͤmtern o- der pflichten der Chriſten insgeſamt in einem andern als dem vorigen ver- ſtand/ wo ein amt eine ſonderliche function bedeutet. Es kommt aber den Chriſten insgeſamt zu/ daß nemlich jeglicher/ welcher von GOtt dazu die ga- ben empfangen/ und wiederum/ welcher dazu gelegenheit hat/ ſich deroſelben gebrauchen koͤnne. Alſo wer nichts weiß/ bedarf zu lernen von denen/ die et- was in goͤttlichen dingen verſtehen/ wer etwas aus GOttes gnade verſtehet/ mag F f f f 2

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Zitationshilfe: Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 1. Halle (Saale), 1700, S. 595. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken01_1700/611>, abgerufen am 19.04.2024.