Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 1. Halle (Saale), 1700.

Bild:
<< vorherige Seite

Das erste Capitel.
puncten gerathen/ so hat er sich dieselbe entweder benehmen zu lassen/ da-
mit er widerum in der wahrheit befestigt werde/ oder er muß des kirchendien-
stes müßig gehen/ indem in solchem stand beydes/ entweder die kirche/ die
sich an ihm eines Evangelischen lehrers versihet/ mit frembder lehr zu verwir-
ren/ oder hingegen das jenige eusserlich zu lehren/ was er vor falsch innerlich
hält/ nicht ohne verletzung des gewissens geschehen könte. Alles dieses bit-
te in der furcht des HErrn und mit gebeth hertzlich zu überlegen/ dem himmli-
schen vater vor die gnade in der Evangelischen kirchen erzogen worden zu
seyn hertzlich zu dancken/ in deroselben wahrheit sich mehr und mehr zu befe-
stigen/ und vor allem widrigen sich zu hüten. Der HErr aber mache selbs
unsre hertzen fest/ erfülle sie mit liebe der wahrheit/ und heilige uns in der
wahrheit/ die sein wort ist um Christi JEsu willen. 1698.

SECTIO XIV.
Christliches bedencken über eines unbekanten au-
toris communicirte
schrifft von vielen lehr-puncten.
Von dem Gesetz.
I.
Von dem kriege-führen.

VOn dieser materie erklähret sich der autor nicht gantz deutlich/ ob er al-
lerdings alles kriege-führen an sich selbs vor verboten achte/ oder al-
lein die heutige art verwerffe. Wo nun dieses letzte wäre/ hoffe ich/
es solte kein rechtschaffener Theologus seyn/ der nicht allerdings mit einstim-
mete/ würde aber/ wie es fast das ansehen gewinnet/ das erste gemeinet/ tra-
ge ich das vertrauen/ der christliche mann werde sich nicht zuwider seyn las-
sen/ der sache noch ferner in der furcht des HErrn nachzusinnen/ und sonder-
lich dieses folgende reiflich zu überlegen/ wie ich davor halte/ daß sich die gan-
tze sache ohnanstößig fassen lasse.

1. Räume ich gern ein/ daß wir nicht mehr als ein gesetz haben/ nemlich
das gesetz der liebe/ so das alte und neue gesetz ist/ daher in dem alten und neu-
en testament die liebe des nechsten alle menschen verbindet/ und die summa
der andern taffel ist Matth. 19/ 19. 22/ 39. Rom. 13/ 9. 10.
2. Aber eben deswegen/ weil das gesetz der liebe auch in dem A. T. je-
dermann verbunden hat/ so kan demselben nichts eigentlich entgegen stehen/
was in dem A. T. nicht nur erlaubt gewest/ sondern mehrmahl von GOtt
selbs geboten war worden: als welcher nichts gebeut wider sein eigenes und
unveränderliches gesetz.
3. Jn

Das erſte Capitel.
puncten gerathen/ ſo hat er ſich dieſelbe entweder benehmen zu laſſen/ da-
mit er widerum in der wahrheit befeſtigt werde/ oder er muß des kirchendien-
ſtes muͤßig gehen/ indem in ſolchem ſtand beydes/ entweder die kirche/ die
ſich an ihm eines Evangeliſchen lehrers verſihet/ mit frembder lehr zu verwir-
ren/ oder hingegen das jenige euſſerlich zu lehren/ was er vor falſch innerlich
haͤlt/ nicht ohne verletzung des gewiſſens geſchehen koͤnte. Alles dieſes bit-
te in der furcht des HErrn und mit gebeth hertzlich zu uͤberlegen/ dem himmli-
ſchen vater vor die gnade in der Evangeliſchen kirchen erzogen worden zu
ſeyn hertzlich zu dancken/ in deroſelben wahrheit ſich mehr und mehr zu befe-
ſtigen/ und vor allem widrigen ſich zu huͤten. Der HErr aber mache ſelbs
unſre hertzen feſt/ erfuͤlle ſie mit liebe der wahrheit/ und heilige uns in der
wahrheit/ die ſein wort iſt um Chriſti JEſu willen. 1698.

SECTIO XIV.
Chriſtliches bedencken uͤber eines unbekanten au-
toris communicirte
ſchrifft von vielen lehr-puncten.
Von dem Geſetz.
I.
Von dem kriege-fuͤhren.

VOn dieſer materie erklaͤhret ſich der autor nicht gantz deutlich/ ob er al-
lerdings alles kriege-fuͤhren an ſich ſelbs vor verboten achte/ oder al-
lein die heutige art verwerffe. Wo nun dieſes letzte waͤre/ hoffe ich/
es ſolte kein rechtſchaffener Theologus ſeyn/ der nicht allerdings mit einſtim-
mete/ wuͤrde aber/ wie es faſt das anſehen gewinnet/ das erſte gemeinet/ tra-
ge ich das vertrauen/ der chriſtliche mann werde ſich nicht zuwider ſeyn laſ-
ſen/ der ſache noch ferner in der furcht des HErrn nachzuſinnen/ und ſonder-
lich dieſes folgende reiflich zu uͤberlegen/ wie ich davor halte/ daß ſich die gan-
tze ſache ohnanſtoͤßig faſſen laſſe.

1. Raͤume ich gern ein/ daß wir nicht mehr als ein geſetz haben/ nemlich
das geſetz der liebe/ ſo das alte und neue geſetz iſt/ daher in dem alten und neu-
en teſtament die liebe des nechſten alle menſchen verbindet/ und die ſumma
der andern taffel iſt Matth. 19/ 19. 22/ 39. Rom. 13/ 9. 10.
2. Aber eben deswegen/ weil das geſetz der liebe auch in dem A. T. je-
dermann verbunden hat/ ſo kan demſelben nichts eigentlich entgegen ſtehen/
was in dem A. T. nicht nur erlaubt geweſt/ ſondern mehrmahl von GOtt
ſelbs geboten war worden: als welcher nichts gebeut wider ſein eigenes und
unveraͤnderliches geſetz.
3. Jn
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0086" n="70"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Das er&#x017F;te Capitel.</hi></fw><lb/><hi rendition="#aq">punct</hi>en gerathen/ &#x017F;o hat er &#x017F;ich die&#x017F;elbe entweder benehmen zu la&#x017F;&#x017F;en/ da-<lb/>
mit er widerum in der wahrheit befe&#x017F;tigt werde/ oder er muß des kirchendien-<lb/>
&#x017F;tes mu&#x0364;ßig gehen/ indem in &#x017F;olchem &#x017F;tand beydes/ entweder die kirche/ die<lb/>
&#x017F;ich an ihm eines Evangeli&#x017F;chen lehrers ver&#x017F;ihet/ mit frembder lehr zu verwir-<lb/>
ren/ oder hingegen das jenige eu&#x017F;&#x017F;erlich zu lehren/ was er vor fal&#x017F;ch innerlich<lb/>
ha&#x0364;lt/ nicht ohne verletzung des gewi&#x017F;&#x017F;ens ge&#x017F;chehen ko&#x0364;nte. Alles die&#x017F;es bit-<lb/>
te in der furcht des HErrn und mit gebeth hertzlich zu u&#x0364;berlegen/ dem himmli-<lb/>
&#x017F;chen vater vor die gnade in der Evangeli&#x017F;chen kirchen erzogen worden zu<lb/>
&#x017F;eyn hertzlich zu dancken/ in dero&#x017F;elben wahrheit &#x017F;ich mehr und mehr zu befe-<lb/>
&#x017F;tigen/ und vor allem widrigen &#x017F;ich zu hu&#x0364;ten. Der HErr aber mache &#x017F;elbs<lb/>
un&#x017F;re hertzen fe&#x017F;t/ erfu&#x0364;lle &#x017F;ie mit liebe der wahrheit/ und heilige uns in der<lb/>
wahrheit/ die &#x017F;ein wort i&#x017F;t um Chri&#x017F;ti JE&#x017F;u willen. 1698.</p>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#b"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#g">SECTIO XIV.</hi></hi><lb/>
Chri&#x017F;tliches bedencken u&#x0364;ber eines unbekanten <hi rendition="#aq">au-<lb/>
toris communicirte</hi> &#x017F;chrifft von vielen lehr-puncten.</hi> </head><lb/>
          <div n="3">
            <head> <hi rendition="#b">Von dem Ge&#x017F;etz.</hi> </head><lb/>
            <div n="4">
              <head> <hi rendition="#b"><hi rendition="#aq">I.</hi><lb/>
Von dem kriege-fu&#x0364;hren.</hi> </head><lb/>
              <p><hi rendition="#in">V</hi>On die&#x017F;er materie erkla&#x0364;hret &#x017F;ich der <hi rendition="#aq">autor</hi> nicht gantz deutlich/ ob er al-<lb/>
lerdings alles kriege-fu&#x0364;hren an &#x017F;ich &#x017F;elbs vor verboten achte/ oder al-<lb/>
lein die heutige art verwerffe. Wo nun die&#x017F;es letzte wa&#x0364;re/ hoffe ich/<lb/>
es &#x017F;olte kein recht&#x017F;chaffener <hi rendition="#aq">Theologus</hi> &#x017F;eyn/ der nicht allerdings mit ein&#x017F;tim-<lb/>
mete/ wu&#x0364;rde aber/ wie es fa&#x017F;t das an&#x017F;ehen gewinnet/ das er&#x017F;te gemeinet/ tra-<lb/>
ge ich das vertrauen/ der chri&#x017F;tliche mann werde &#x017F;ich nicht zuwider &#x017F;eyn la&#x017F;-<lb/>
&#x017F;en/ der &#x017F;ache noch ferner in der furcht des HErrn nachzu&#x017F;innen/ und &#x017F;onder-<lb/>
lich die&#x017F;es folgende reiflich zu u&#x0364;berlegen/ wie ich davor halte/ daß &#x017F;ich die gan-<lb/>
tze &#x017F;ache ohnan&#x017F;to&#x0364;ßig fa&#x017F;&#x017F;en la&#x017F;&#x017F;e.</p><lb/>
              <list>
                <item>1. Ra&#x0364;ume ich gern ein/ daß wir nicht mehr als ein ge&#x017F;etz haben/ nemlich<lb/>
das ge&#x017F;etz der liebe/ &#x017F;o das alte und neue ge&#x017F;etz i&#x017F;t/ daher in dem alten und neu-<lb/>
en te&#x017F;tament die liebe des nech&#x017F;ten alle men&#x017F;chen verbindet/ und die &#x017F;umma<lb/>
der andern taffel i&#x017F;t <hi rendition="#fr">Matth.</hi> 19/ 19. 22/ 39. <hi rendition="#fr">Rom.</hi> 13/ 9. 10.</item><lb/>
                <item>2. Aber eben deswegen/ weil das ge&#x017F;etz der liebe auch in dem A. T. je-<lb/>
dermann verbunden hat/ &#x017F;o kan dem&#x017F;elben nichts eigentlich entgegen &#x017F;tehen/<lb/>
was in dem A. T. nicht nur erlaubt gewe&#x017F;t/ &#x017F;ondern mehrmahl von GOtt<lb/>
&#x017F;elbs geboten war worden: als welcher nichts gebeut wider &#x017F;ein eigenes und<lb/>
unvera&#x0364;nderliches ge&#x017F;etz.</item>
              </list><lb/>
              <fw place="bottom" type="catch">3. Jn</fw><lb/>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[70/0086] Das erſte Capitel. puncten gerathen/ ſo hat er ſich dieſelbe entweder benehmen zu laſſen/ da- mit er widerum in der wahrheit befeſtigt werde/ oder er muß des kirchendien- ſtes muͤßig gehen/ indem in ſolchem ſtand beydes/ entweder die kirche/ die ſich an ihm eines Evangeliſchen lehrers verſihet/ mit frembder lehr zu verwir- ren/ oder hingegen das jenige euſſerlich zu lehren/ was er vor falſch innerlich haͤlt/ nicht ohne verletzung des gewiſſens geſchehen koͤnte. Alles dieſes bit- te in der furcht des HErrn und mit gebeth hertzlich zu uͤberlegen/ dem himmli- ſchen vater vor die gnade in der Evangeliſchen kirchen erzogen worden zu ſeyn hertzlich zu dancken/ in deroſelben wahrheit ſich mehr und mehr zu befe- ſtigen/ und vor allem widrigen ſich zu huͤten. Der HErr aber mache ſelbs unſre hertzen feſt/ erfuͤlle ſie mit liebe der wahrheit/ und heilige uns in der wahrheit/ die ſein wort iſt um Chriſti JEſu willen. 1698. SECTIO XIV. Chriſtliches bedencken uͤber eines unbekanten au- toris communicirte ſchrifft von vielen lehr-puncten. Von dem Geſetz. I. Von dem kriege-fuͤhren. VOn dieſer materie erklaͤhret ſich der autor nicht gantz deutlich/ ob er al- lerdings alles kriege-fuͤhren an ſich ſelbs vor verboten achte/ oder al- lein die heutige art verwerffe. Wo nun dieſes letzte waͤre/ hoffe ich/ es ſolte kein rechtſchaffener Theologus ſeyn/ der nicht allerdings mit einſtim- mete/ wuͤrde aber/ wie es faſt das anſehen gewinnet/ das erſte gemeinet/ tra- ge ich das vertrauen/ der chriſtliche mann werde ſich nicht zuwider ſeyn laſ- ſen/ der ſache noch ferner in der furcht des HErrn nachzuſinnen/ und ſonder- lich dieſes folgende reiflich zu uͤberlegen/ wie ich davor halte/ daß ſich die gan- tze ſache ohnanſtoͤßig faſſen laſſe. 1. Raͤume ich gern ein/ daß wir nicht mehr als ein geſetz haben/ nemlich das geſetz der liebe/ ſo das alte und neue geſetz iſt/ daher in dem alten und neu- en teſtament die liebe des nechſten alle menſchen verbindet/ und die ſumma der andern taffel iſt Matth. 19/ 19. 22/ 39. Rom. 13/ 9. 10. 2. Aber eben deswegen/ weil das geſetz der liebe auch in dem A. T. je- dermann verbunden hat/ ſo kan demſelben nichts eigentlich entgegen ſtehen/ was in dem A. T. nicht nur erlaubt geweſt/ ſondern mehrmahl von GOtt ſelbs geboten war worden: als welcher nichts gebeut wider ſein eigenes und unveraͤnderliches geſetz. 3. Jn

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken01_1700
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken01_1700/86
Zitationshilfe: Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 1. Halle (Saale), 1700, S. 70. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken01_1700/86>, abgerufen am 16.04.2024.