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Stein, Lorenz von: Handbuch der Verwaltungslehre und des Verwaltungsrechts: mit Vergleichung der Literatur und Gesetzgebung von Frankreich, England und Deutschland; als Grundlage für Vorlesungen. Stuttgart, 1870.

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Erlaß vom 15. Dec. 1852. -- Preußen: Jagdfreiheit (Gesetz vom 31. Okt.
1848); Jagdpolizei (Gesetz vom 7. März 1850). -- K. Sachsen: Jagdgesetz
vom 1. Dec. 1864. -- Frankreich: Begriff und System des Regime forestier
und Inbegriff der niederen Jagd in dasselbe (Gesetz vom 3. März 1844). Lite-
ratur: Block, Dict. v. Chasse. -- England: Jagdgesetz gegen Wilddieberei
25. 26. Vict. 64.

Fischereiordnung.

Die Fischerei hat für ihre Geschichte und ihre Principien in der
Hauptsache dieselben Grundlagen wie die Jagd; doch ist wesentlich zu
unterscheiden zwischen der Fischerei zur See und der Fischerei im
Süßwasser. Die Seefischerei ist von jeher als eine Schule der See-
fahrt betrachtet, und bei ihr daher die Sache um der erwerbenden
Thätigkeit willen eben so sehr geschützt als wegen des Produkts selbst.
Die Süßwasserfischerei ist zunächst ein Ausfluß des Eigenthums am
Wasser, dann aber eine Sache des allgemeinen Interesses, die aller-
dings einer bestimmten Sorge von Seiten der Verwaltung werth ist.
Das Recht auf Eingreifen der letzteren entwickelt sich auch hier aus
der vollen Freiheit zum Regal, aus diesem zur Fischereigesetzgebung,
zunächst mit den Bestimmungen über Hegezeit und Fangart. Die
neueste Zeit hat dem Fischereiwesen die künstliche Fischzucht hinzu-
gefügt, die noch als Privatunternehmung auftritt, wohl aber werth
wäre, Gegenstand specieller Sorge der Verwaltung zu werden.

Die Literatur über das Fischereiwesen ist fast immer mit der über das
Jagdwesen verbunden; daher vergl. die im vor. Abschn. citirten Schriftsteller
und Angaben. -- Frankreich hat eine sehr entwickelte Gesetzgebung nament-
lich für die Seefischerei, mit Vorschriften und Prämiensystem als Concurrenz-
mittel gegen England und Holland; Süßwasserfischerei (Gesetz vom 15. April
1829). -- Oesterreich dagegen sehr unvollständig; es gilt noch die Verordnung
vom 24. März 1771 ohne rationelle Gesetzgebung. Stubenrauch II. §. 470.
-- Preußen: gleichfalls noch auf dem einfachen Standpunkt der Regalität
und der Polizei. (Allgem. Landrecht II. 16; Rönne II. §. 378.)

III. Die Landwirthschaftspflege.
Princip derselben.

In der Landwirthschaft tritt uns nun zuerst das Gebiet entgegen,
in welchem nicht mehr, wie bei Berg- und Forstwirthschaft, die Wirth-
schaft durch die Natur ihres Stoffes Gegenstand des Gesammtinteresses
und damit des Verwaltungsrechts ist. Sie ist vielmehr die ursprüng-
liche, und damit auch systematisch erste Gestalt der freien Wirthschaft.
Und hier beginnt daher auch die Frage, was die Verwaltung für das
an sich freie wirthschaftliche Leben überhaupt thun könne und solle.

Erlaß vom 15. Dec. 1852. — Preußen: Jagdfreiheit (Geſetz vom 31. Okt.
1848); Jagdpolizei (Geſetz vom 7. März 1850). — K. Sachſen: Jagdgeſetz
vom 1. Dec. 1864. — Frankreich: Begriff und Syſtem des Régime forestier
und Inbegriff der niederen Jagd in daſſelbe (Geſetz vom 3. März 1844). Lite-
ratur: Block, Dict. v. Chasse.England: Jagdgeſetz gegen Wilddieberei
25. 26. Vict. 64.

Fiſchereiordnung.

Die Fiſcherei hat für ihre Geſchichte und ihre Principien in der
Hauptſache dieſelben Grundlagen wie die Jagd; doch iſt weſentlich zu
unterſcheiden zwiſchen der Fiſcherei zur See und der Fiſcherei im
Süßwaſſer. Die Seefiſcherei iſt von jeher als eine Schule der See-
fahrt betrachtet, und bei ihr daher die Sache um der erwerbenden
Thätigkeit willen eben ſo ſehr geſchützt als wegen des Produkts ſelbſt.
Die Süßwaſſerfiſcherei iſt zunächſt ein Ausfluß des Eigenthums am
Waſſer, dann aber eine Sache des allgemeinen Intereſſes, die aller-
dings einer beſtimmten Sorge von Seiten der Verwaltung werth iſt.
Das Recht auf Eingreifen der letzteren entwickelt ſich auch hier aus
der vollen Freiheit zum Regal, aus dieſem zur Fiſchereigeſetzgebung,
zunächſt mit den Beſtimmungen über Hegezeit und Fangart. Die
neueſte Zeit hat dem Fiſchereiweſen die künſtliche Fiſchzucht hinzu-
gefügt, die noch als Privatunternehmung auftritt, wohl aber werth
wäre, Gegenſtand ſpecieller Sorge der Verwaltung zu werden.

Die Literatur über das Fiſchereiweſen iſt faſt immer mit der über das
Jagdweſen verbunden; daher vergl. die im vor. Abſchn. citirten Schriftſteller
und Angaben. — Frankreich hat eine ſehr entwickelte Geſetzgebung nament-
lich für die Seefiſcherei, mit Vorſchriften und Prämienſyſtem als Concurrenz-
mittel gegen England und Holland; Süßwaſſerfiſcherei (Geſetz vom 15. April
1829). — Oeſterreich dagegen ſehr unvollſtändig; es gilt noch die Verordnung
vom 24. März 1771 ohne rationelle Geſetzgebung. Stubenrauch II. §. 470.
Preußen: gleichfalls noch auf dem einfachen Standpunkt der Regalität
und der Polizei. (Allgem. Landrecht II. 16; Rönne II. §. 378.)

III. Die Landwirthſchaftspflege.
Princip derſelben.

In der Landwirthſchaft tritt uns nun zuerſt das Gebiet entgegen,
in welchem nicht mehr, wie bei Berg- und Forſtwirthſchaft, die Wirth-
ſchaft durch die Natur ihres Stoffes Gegenſtand des Geſammtintereſſes
und damit des Verwaltungsrechts iſt. Sie iſt vielmehr die urſprüng-
liche, und damit auch ſyſtematiſch erſte Geſtalt der freien Wirthſchaft.
Und hier beginnt daher auch die Frage, was die Verwaltung für das
an ſich freie wirthſchaftliche Leben überhaupt thun könne und ſolle.

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[327/0351] Erlaß vom 15. Dec. 1852. — Preußen: Jagdfreiheit (Geſetz vom 31. Okt. 1848); Jagdpolizei (Geſetz vom 7. März 1850). — K. Sachſen: Jagdgeſetz vom 1. Dec. 1864. — Frankreich: Begriff und Syſtem des Régime forestier und Inbegriff der niederen Jagd in daſſelbe (Geſetz vom 3. März 1844). Lite- ratur: Block, Dict. v. Chasse. — England: Jagdgeſetz gegen Wilddieberei 25. 26. Vict. 64. Fiſchereiordnung. Die Fiſcherei hat für ihre Geſchichte und ihre Principien in der Hauptſache dieſelben Grundlagen wie die Jagd; doch iſt weſentlich zu unterſcheiden zwiſchen der Fiſcherei zur See und der Fiſcherei im Süßwaſſer. Die Seefiſcherei iſt von jeher als eine Schule der See- fahrt betrachtet, und bei ihr daher die Sache um der erwerbenden Thätigkeit willen eben ſo ſehr geſchützt als wegen des Produkts ſelbſt. Die Süßwaſſerfiſcherei iſt zunächſt ein Ausfluß des Eigenthums am Waſſer, dann aber eine Sache des allgemeinen Intereſſes, die aller- dings einer beſtimmten Sorge von Seiten der Verwaltung werth iſt. Das Recht auf Eingreifen der letzteren entwickelt ſich auch hier aus der vollen Freiheit zum Regal, aus dieſem zur Fiſchereigeſetzgebung, zunächſt mit den Beſtimmungen über Hegezeit und Fangart. Die neueſte Zeit hat dem Fiſchereiweſen die künſtliche Fiſchzucht hinzu- gefügt, die noch als Privatunternehmung auftritt, wohl aber werth wäre, Gegenſtand ſpecieller Sorge der Verwaltung zu werden. Die Literatur über das Fiſchereiweſen iſt faſt immer mit der über das Jagdweſen verbunden; daher vergl. die im vor. Abſchn. citirten Schriftſteller und Angaben. — Frankreich hat eine ſehr entwickelte Geſetzgebung nament- lich für die Seefiſcherei, mit Vorſchriften und Prämienſyſtem als Concurrenz- mittel gegen England und Holland; Süßwaſſerfiſcherei (Geſetz vom 15. April 1829). — Oeſterreich dagegen ſehr unvollſtändig; es gilt noch die Verordnung vom 24. März 1771 ohne rationelle Geſetzgebung. Stubenrauch II. §. 470. — Preußen: gleichfalls noch auf dem einfachen Standpunkt der Regalität und der Polizei. (Allgem. Landrecht II. 16; Rönne II. §. 378.) III. Die Landwirthſchaftspflege. Princip derſelben. In der Landwirthſchaft tritt uns nun zuerſt das Gebiet entgegen, in welchem nicht mehr, wie bei Berg- und Forſtwirthſchaft, die Wirth- ſchaft durch die Natur ihres Stoffes Gegenſtand des Geſammtintereſſes und damit des Verwaltungsrechts iſt. Sie iſt vielmehr die urſprüng- liche, und damit auch ſyſtematiſch erſte Geſtalt der freien Wirthſchaft. Und hier beginnt daher auch die Frage, was die Verwaltung für das an ſich freie wirthſchaftliche Leben überhaupt thun könne und ſolle.

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Zitationshilfe: Stein, Lorenz von: Handbuch der Verwaltungslehre und des Verwaltungsrechts: mit Vergleichung der Literatur und Gesetzgebung von Frankreich, England und Deutschland; als Grundlage für Vorlesungen. Stuttgart, 1870, S. 327. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stein_handbuch_1870/351>, abgerufen am 19.04.2024.