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Stein, Lorenz von: Handbuch der Verwaltungslehre und des Verwaltungsrechts: mit Vergleichung der Literatur und Gesetzgebung von Frankreich, England und Deutschland; als Grundlage für Vorlesungen. Stuttgart, 1870.

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ordnen, daß diese Ordnung der Verwaltung zur Bedingung
für die auf Erfindungen gerichtete Thätigkeit werde. Nur in diesem
Sinne ist das Erfindungsrecht eine Frage der Zweckmäßigkeit, und nur
dieser Theil gehört eigentlich der Verwaltungslehre an.

Steht nun dieser Standpunkt fest, so ist die Aufgabe der Verwal-
tung in Beziehung auf das Erfindungsrecht eine einfache. Sie soll
nur den Beweis des Rechts auf die Erfindungen möglich machen,
nicht dieß Recht selbst erst erzeugen. Zu dem Ende hat sie drei Mittel:
zuerst muß sie das Dasein der Erfindung constatiren; dann muß sie
die Beweismittel darbieten; und endlich muß sie die Verfolgung
des durch die Erfindung erzeugten Rechts erleichtern. Aus der Anwen-
dung dieser Grundsätze auf die drei Arten der Erfindung entsteht das
System des Erfindungsrechts, das im Patent-, Muster- und Marken-
recht erscheint, welches wieder in den Schutzverträgen für die Er-
findungen seinen internationalen Ausdruck empfängt.

Das Verhältniß dieser drei Arten des Erfindungsrechts ist nun
zugleich die Grundlage seiner historischen Entwicklung im Ganzen. An
dem Patentrecht ist nämlich überhaupt erst die ganze Frage entstanden,
und durch das Wesen des Patents hat das Erfindungsrecht zugleich
den Charakter einer besonderen Begünstigung von Seiten des Staats
im Interesse der gesammten Volkswirthschaft empfangen, während
am Muster- und Markenrecht der einfache Grundsatz eines unbestreit-
baren Privatrechts gleich anfangs in den Vordergrund getreten ist.
Das, und der Mangel eines klaren Begriffes vom Verwaltungsrecht
hat dann die Auffassung zu keinem rechten gemeinsamen Resultate ge-
langen lassen. Es ist kein Zweifel, daß das ganze Gebiet erst dann
seine definitive Gestaltung finden wird, wenn das Privatrecht sich auch
hier grundsätzlich vom Verwaltungsrecht scheidet.

a) Das Patentrecht.

Das Patentrecht ist seinem Begriffe nach die Gesammtheit von
Rechtsgrundsätzen und Maßregeln, durch welche das Recht auf eine
Erfindung festgestellt und verwirklicht wird.

Die erste Bedingung für den Werth einer Erfindung ist dabei
offenbar die Feststellung der Thatsache, daß dieselbe wirklich einen
neuerzeugten Gebrauchswerth enthalte. Es ist unzweifelhaft zweck-
mäßig
, diese Feststellung anstatt durch einen regelmäßigen Beweis
vor Gericht, vielmehr durch eine öffentliche Anstalt vollziehen zu lassen.
Das geschieht durch die Aufstellung einer Patentcommission mit eige-
nem Verfahren. Es folgt, daß in diesem Verfahren der erste öffent-
liche Schritt zugleich den Erwerb des Nechts auf die Erfindung enthalte.

ordnen, daß dieſe Ordnung der Verwaltung zur Bedingung
für die auf Erfindungen gerichtete Thätigkeit werde. Nur in dieſem
Sinne iſt das Erfindungsrecht eine Frage der Zweckmäßigkeit, und nur
dieſer Theil gehört eigentlich der Verwaltungslehre an.

Steht nun dieſer Standpunkt feſt, ſo iſt die Aufgabe der Verwal-
tung in Beziehung auf das Erfindungsrecht eine einfache. Sie ſoll
nur den Beweis des Rechts auf die Erfindungen möglich machen,
nicht dieß Recht ſelbſt erſt erzeugen. Zu dem Ende hat ſie drei Mittel:
zuerſt muß ſie das Daſein der Erfindung conſtatiren; dann muß ſie
die Beweismittel darbieten; und endlich muß ſie die Verfolgung
des durch die Erfindung erzeugten Rechts erleichtern. Aus der Anwen-
dung dieſer Grundſätze auf die drei Arten der Erfindung entſteht das
Syſtem des Erfindungsrechts, das im Patent-, Muſter- und Marken-
recht erſcheint, welches wieder in den Schutzverträgen für die Er-
findungen ſeinen internationalen Ausdruck empfängt.

Das Verhältniß dieſer drei Arten des Erfindungsrechts iſt nun
zugleich die Grundlage ſeiner hiſtoriſchen Entwicklung im Ganzen. An
dem Patentrecht iſt nämlich überhaupt erſt die ganze Frage entſtanden,
und durch das Weſen des Patents hat das Erfindungsrecht zugleich
den Charakter einer beſonderen Begünſtigung von Seiten des Staats
im Intereſſe der geſammten Volkswirthſchaft empfangen, während
am Muſter- und Markenrecht der einfache Grundſatz eines unbeſtreit-
baren Privatrechts gleich anfangs in den Vordergrund getreten iſt.
Das, und der Mangel eines klaren Begriffes vom Verwaltungsrecht
hat dann die Auffaſſung zu keinem rechten gemeinſamen Reſultate ge-
langen laſſen. Es iſt kein Zweifel, daß das ganze Gebiet erſt dann
ſeine definitive Geſtaltung finden wird, wenn das Privatrecht ſich auch
hier grundſätzlich vom Verwaltungsrecht ſcheidet.

a) Das Patentrecht.

Das Patentrecht iſt ſeinem Begriffe nach die Geſammtheit von
Rechtsgrundſätzen und Maßregeln, durch welche das Recht auf eine
Erfindung feſtgeſtellt und verwirklicht wird.

Die erſte Bedingung für den Werth einer Erfindung iſt dabei
offenbar die Feſtſtellung der Thatſache, daß dieſelbe wirklich einen
neuerzeugten Gebrauchswerth enthalte. Es iſt unzweifelhaft zweck-
mäßig
, dieſe Feſtſtellung anſtatt durch einen regelmäßigen Beweis
vor Gericht, vielmehr durch eine öffentliche Anſtalt vollziehen zu laſſen.
Das geſchieht durch die Aufſtellung einer Patentcommiſſion mit eige-
nem Verfahren. Es folgt, daß in dieſem Verfahren der erſte öffent-
liche Schritt zugleich den Erwerb des Nechts auf die Erfindung enthalte.

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[389/0413] ordnen, daß dieſe Ordnung der Verwaltung zur Bedingung für die auf Erfindungen gerichtete Thätigkeit werde. Nur in dieſem Sinne iſt das Erfindungsrecht eine Frage der Zweckmäßigkeit, und nur dieſer Theil gehört eigentlich der Verwaltungslehre an. Steht nun dieſer Standpunkt feſt, ſo iſt die Aufgabe der Verwal- tung in Beziehung auf das Erfindungsrecht eine einfache. Sie ſoll nur den Beweis des Rechts auf die Erfindungen möglich machen, nicht dieß Recht ſelbſt erſt erzeugen. Zu dem Ende hat ſie drei Mittel: zuerſt muß ſie das Daſein der Erfindung conſtatiren; dann muß ſie die Beweismittel darbieten; und endlich muß ſie die Verfolgung des durch die Erfindung erzeugten Rechts erleichtern. Aus der Anwen- dung dieſer Grundſätze auf die drei Arten der Erfindung entſteht das Syſtem des Erfindungsrechts, das im Patent-, Muſter- und Marken- recht erſcheint, welches wieder in den Schutzverträgen für die Er- findungen ſeinen internationalen Ausdruck empfängt. Das Verhältniß dieſer drei Arten des Erfindungsrechts iſt nun zugleich die Grundlage ſeiner hiſtoriſchen Entwicklung im Ganzen. An dem Patentrecht iſt nämlich überhaupt erſt die ganze Frage entſtanden, und durch das Weſen des Patents hat das Erfindungsrecht zugleich den Charakter einer beſonderen Begünſtigung von Seiten des Staats im Intereſſe der geſammten Volkswirthſchaft empfangen, während am Muſter- und Markenrecht der einfache Grundſatz eines unbeſtreit- baren Privatrechts gleich anfangs in den Vordergrund getreten iſt. Das, und der Mangel eines klaren Begriffes vom Verwaltungsrecht hat dann die Auffaſſung zu keinem rechten gemeinſamen Reſultate ge- langen laſſen. Es iſt kein Zweifel, daß das ganze Gebiet erſt dann ſeine definitive Geſtaltung finden wird, wenn das Privatrecht ſich auch hier grundſätzlich vom Verwaltungsrecht ſcheidet. a) Das Patentrecht. Das Patentrecht iſt ſeinem Begriffe nach die Geſammtheit von Rechtsgrundſätzen und Maßregeln, durch welche das Recht auf eine Erfindung feſtgeſtellt und verwirklicht wird. Die erſte Bedingung für den Werth einer Erfindung iſt dabei offenbar die Feſtſtellung der Thatſache, daß dieſelbe wirklich einen neuerzeugten Gebrauchswerth enthalte. Es iſt unzweifelhaft zweck- mäßig, dieſe Feſtſtellung anſtatt durch einen regelmäßigen Beweis vor Gericht, vielmehr durch eine öffentliche Anſtalt vollziehen zu laſſen. Das geſchieht durch die Aufſtellung einer Patentcommiſſion mit eige- nem Verfahren. Es folgt, daß in dieſem Verfahren der erſte öffent- liche Schritt zugleich den Erwerb des Nechts auf die Erfindung enthalte.

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Zitationshilfe: Stein, Lorenz von: Handbuch der Verwaltungslehre und des Verwaltungsrechts: mit Vergleichung der Literatur und Gesetzgebung von Frankreich, England und Deutschland; als Grundlage für Vorlesungen. Stuttgart, 1870, S. 389. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stein_handbuch_1870/413>, abgerufen am 18.04.2024.