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Stock, Ch. L.: Grundzüge der Verfassung des Gesellenwesens der deutschen Handwerker in alter und neuer Zeit. Magdeburg, 1844.

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Altgesell. Meister, Sie (Er?) dürfen nicht danken, es ist
so Handwerksgebrauch. Ich sage Dank von wegen des
Gesellen Ihres Glückwünschen, Gott behüte Sie Meister.

Hatte er ein Unterkommen für ihn gefunden, so sprach er
nach seiner Zurückkunft nach mehreren Formeln:

So hab' ich Dich umgeschau't nach Deinem Begehren und
meinem Vermögen, nach Handwerksgewohnheit, nach
Handwerksgebrauch, zum Ersten da Du bist eingewan-
dert *), darnach vom Aeltesten bis zum Jüngsten, so weit
das Handwerk redlich ist, so läßt Dir Meister N. auf
acht oder vierzehn Tage Arbeit zusagen, so lange es Dir
und ihm gefällt, und wünsche Dir Glück zum reichen
Meister.

Nun führte er ihn zu dem betreffenden Meister, der er so
anredete:

Nun Meister, hier bringe ich den Gesellen, er schläft gern
lange, ißt gern frühe Suppe, macht gern klein Tagewerk,
nimmt gern groß Wochenlohn; ich wünsche viel Glück
zum fleißigen Gesellen.

Hatte er keine Arbeit für ihn gefunden, so sagte er nach
den Worten, "so weit das Handwerk redlich ist":

So lassen Dir die Meister auf diesmal großen Dank sagen
und wünschen Dir Glück in's Feld, so hab' ich statt Deiner
gedankt; desgleichen ich Dir auch Glück wünsche zu
Wege und Stege, zu Wasser und zu Lande, zu Bier
und zu Wein und bei zarten Jungfräulein, wo alle gute
ehrliche Gesellen und Jünger pflegen bei einander zu sein.
Grüße mir Meister, Gesellen und Jünger, so weit das
Handwerk redlich ist, ist's aber nicht redlich, so nimm
Geld und Geldeswerth und hilf es redlich machen, ist es
aber nicht redlich zu machen, so nimm Dein Bündel auf
den Nacken, Deinen Degen an die Seite und laß Schel-
men und Diebe sitzen, ich wünsche Dir viel Glück in's Feld!
*) Die Seilergesellen durften hiernach bei einem Meister nach der Her-
berge fragen, und dieser hatte vor den andern den Vorzug, was bei
mehreren Handwerken verboten war.
Altgeſell. Meiſter, Sie (Er?) dürfen nicht danken, es iſt
ſo Handwerksgebrauch. Ich ſage Dank von wegen des
Geſellen Ihres Glückwünſchen, Gott behüte Sie Meiſter.

Hatte er ein Unterkommen für ihn gefunden, ſo ſprach er
nach ſeiner Zurückkunft nach mehreren Formeln:

So hab’ ich Dich umgeſchau’t nach Deinem Begehren und
meinem Vermögen, nach Handwerksgewohnheit, nach
Handwerksgebrauch, zum Erſten da Du biſt eingewan-
dert *), darnach vom Aelteſten bis zum Jüngſten, ſo weit
das Handwerk redlich iſt, ſo läßt Dir Meiſter N. auf
acht oder vierzehn Tage Arbeit zuſagen, ſo lange es Dir
und ihm gefällt, und wünſche Dir Glück zum reichen
Meiſter.

Nun führte er ihn zu dem betreffenden Meiſter, der er ſo
anredete:

Nun Meiſter, hier bringe ich den Geſellen, er ſchläft gern
lange, ißt gern frühe Suppe, macht gern klein Tagewerk,
nimmt gern groß Wochenlohn; ich wünſche viel Glück
zum fleißigen Geſellen.

Hatte er keine Arbeit für ihn gefunden, ſo ſagte er nach
den Worten, »ſo weit das Handwerk redlich iſt«:

So laſſen Dir die Meiſter auf diesmal großen Dank ſagen
und wünſchen Dir Glück in’s Feld, ſo hab’ ich ſtatt Deiner
gedankt; desgleichen ich Dir auch Glück wünſche zu
Wege und Stege, zu Waſſer und zu Lande, zu Bier
und zu Wein und bei zarten Jungfräulein, wo alle gute
ehrliche Geſellen und Jünger pflegen bei einander zu ſein.
Grüße mir Meiſter, Geſellen und Jünger, ſo weit das
Handwerk redlich iſt, iſt’s aber nicht redlich, ſo nimm
Geld und Geldeswerth und hilf es redlich machen, iſt es
aber nicht redlich zu machen, ſo nimm Dein Bündel auf
den Nacken, Deinen Degen an die Seite und laß Schel-
men und Diebe ſitzen, ich wünſche Dir viel Glück in’s Feld!
*) Die Seilergeſellen durften hiernach bei einem Meiſter nach der Her-
berge fragen, und dieſer hatte vor den andern den Vorzug, was bei
mehreren Handwerken verboten war.
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[69/0079] Altgeſell. Meiſter, Sie (Er?) dürfen nicht danken, es iſt ſo Handwerksgebrauch. Ich ſage Dank von wegen des Geſellen Ihres Glückwünſchen, Gott behüte Sie Meiſter. Hatte er ein Unterkommen für ihn gefunden, ſo ſprach er nach ſeiner Zurückkunft nach mehreren Formeln: So hab’ ich Dich umgeſchau’t nach Deinem Begehren und meinem Vermögen, nach Handwerksgewohnheit, nach Handwerksgebrauch, zum Erſten da Du biſt eingewan- dert *), darnach vom Aelteſten bis zum Jüngſten, ſo weit das Handwerk redlich iſt, ſo läßt Dir Meiſter N. auf acht oder vierzehn Tage Arbeit zuſagen, ſo lange es Dir und ihm gefällt, und wünſche Dir Glück zum reichen Meiſter. Nun führte er ihn zu dem betreffenden Meiſter, der er ſo anredete: Nun Meiſter, hier bringe ich den Geſellen, er ſchläft gern lange, ißt gern frühe Suppe, macht gern klein Tagewerk, nimmt gern groß Wochenlohn; ich wünſche viel Glück zum fleißigen Geſellen. Hatte er keine Arbeit für ihn gefunden, ſo ſagte er nach den Worten, »ſo weit das Handwerk redlich iſt«: So laſſen Dir die Meiſter auf diesmal großen Dank ſagen und wünſchen Dir Glück in’s Feld, ſo hab’ ich ſtatt Deiner gedankt; desgleichen ich Dir auch Glück wünſche zu Wege und Stege, zu Waſſer und zu Lande, zu Bier und zu Wein und bei zarten Jungfräulein, wo alle gute ehrliche Geſellen und Jünger pflegen bei einander zu ſein. Grüße mir Meiſter, Geſellen und Jünger, ſo weit das Handwerk redlich iſt, iſt’s aber nicht redlich, ſo nimm Geld und Geldeswerth und hilf es redlich machen, iſt es aber nicht redlich zu machen, ſo nimm Dein Bündel auf den Nacken, Deinen Degen an die Seite und laß Schel- men und Diebe ſitzen, ich wünſche Dir viel Glück in’s Feld! *) Die Seilergeſellen durften hiernach bei einem Meiſter nach der Her- berge fragen, und dieſer hatte vor den andern den Vorzug, was bei mehreren Handwerken verboten war.

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Zitationshilfe: Stock, Ch. L.: Grundzüge der Verfassung des Gesellenwesens der deutschen Handwerker in alter und neuer Zeit. Magdeburg, 1844, S. 69. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stock_gesellenwesen_1844/79>, abgerufen am 28.03.2024.