Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Storm, Theodor: Der Schimmelreiter. Berlin, 1888.

Bild:
<< vorherige Seite
nächste Seite >>

und den zwei Schädelwölbungen darüber! Er war
des Alten Knecht und sitzt jetzt auf seiner eigenen
kleinen Stelle; er ist zwar etwas jung!"

"Er scheint ein Dreißiger," sagte der Ober-
deichgraf, den ihm so Vorgestellten musternd.

"Er ist kaum vierundzwanzig," bemerkte der
Gevollmächtigte Manners; "aber der Pastor hat
recht: was in den letzten Jahren Gutes für Deiche
und Siele und dergleichen vom Deichgrafenamt in
Vorschlag kam, das war von ihm; mit dem Alten
war's doch zuletzt nichts mehr."

"So, so?" machte der Oberdeichgraf; "und
Ihr meinet, er wäre nun auch der Mann, um
in das Amt seines alten Herrn einzurücken?"

"Der Mann wäre er schon," entgegnete Jewe
Manners; "aber ihm fehlt das, was man hier
"Klei unter den Füßen" nennt; sein Vater hatte
so um fünfzehn, er mag gut zwanzig Demath
haben; aber damit ist bis jetzt hier Niemand Deich-
graf geworden."

Der Pastor that schon den Mund auf, als
wolle er Etwas einwenden, da trat Elke Volkerts,
die eine Weile schon im Zimmer gewesen, plötzlich
zu ihnen: "Wollen Euer Gnaden mir ein Wort

und den zwei Schädelwölbungen darüber! Er war
des Alten Knecht und ſitzt jetzt auf ſeiner eigenen
kleinen Stelle; er iſt zwar etwas jung!”

„Er ſcheint ein Dreißiger,” ſagte der Ober-
deichgraf, den ihm ſo Vorgeſtellten muſternd.

„Er iſt kaum vierundzwanzig,” bemerkte der
Gevollmächtigte Manners; „aber der Paſtor hat
recht: was in den letzten Jahren Gutes für Deiche
und Siele und dergleichen vom Deichgrafenamt in
Vorſchlag kam, das war von ihm; mit dem Alten
war's doch zuletzt nichts mehr.”

„So, ſo?” machte der Oberdeichgraf; „und
Ihr meinet, er wäre nun auch der Mann, um
in das Amt ſeines alten Herrn einzurücken?”

„Der Mann wäre er ſchon,” entgegnete Jewe
Manners; „aber ihm fehlt das, was man hier
„Klei unter den Füßen” nennt; ſein Vater hatte
ſo um fünfzehn, er mag gut zwanzig Demath
haben; aber damit iſt bis jetzt hier Niemand Deich-
graf geworden.”

Der Paſtor that ſchon den Mund auf, als
wolle er Etwas einwenden, da trat Elke Volkerts,
die eine Weile ſchon im Zimmer geweſen, plötzlich
zu ihnen: „Wollen Euer Gnaden mir ein Wort

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0106" n="94"/>
und den zwei Schädelwölbungen darüber! Er war<lb/>
des Alten Knecht und &#x017F;itzt jetzt auf &#x017F;einer eigenen<lb/>
kleinen Stelle; er i&#x017F;t zwar etwas jung!&#x201D;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Er &#x017F;cheint ein Dreißiger,&#x201D; &#x017F;agte der Ober-<lb/>
deichgraf, den ihm &#x017F;o Vorge&#x017F;tellten mu&#x017F;ternd.</p><lb/>
        <p>&#x201E;Er i&#x017F;t kaum vierundzwanzig,&#x201D; bemerkte der<lb/>
Gevollmächtigte Manners; &#x201E;aber der Pa&#x017F;tor hat<lb/>
recht: was in den letzten Jahren Gutes für Deiche<lb/>
und Siele und dergleichen vom Deichgrafenamt in<lb/>
Vor&#x017F;chlag kam, das war von ihm; mit dem Alten<lb/>
war's doch zuletzt nichts mehr.&#x201D;</p><lb/>
        <p>&#x201E;So, &#x017F;o?&#x201D; machte der Oberdeichgraf; &#x201E;und<lb/>
Ihr meinet, er wäre nun auch der Mann, um<lb/>
in das Amt &#x017F;eines alten Herrn einzurücken?&#x201D;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Der Mann wäre er &#x017F;chon,&#x201D; entgegnete Jewe<lb/>
Manners; &#x201E;aber ihm fehlt das, was man hier<lb/>
&#x201E;Klei unter den Füßen&#x201D; nennt; &#x017F;ein Vater hatte<lb/>
&#x017F;o um fünfzehn, er mag gut zwanzig Demath<lb/>
haben; aber damit i&#x017F;t bis jetzt hier Niemand Deich-<lb/>
graf geworden.&#x201D;</p><lb/>
        <p>Der Pa&#x017F;tor that &#x017F;chon den Mund auf, als<lb/>
wolle er Etwas einwenden, da trat Elke Volkerts,<lb/>
die eine Weile &#x017F;chon im Zimmer gewe&#x017F;en, plötzlich<lb/>
zu ihnen: &#x201E;Wollen Euer Gnaden mir ein Wort<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[94/0106] und den zwei Schädelwölbungen darüber! Er war des Alten Knecht und ſitzt jetzt auf ſeiner eigenen kleinen Stelle; er iſt zwar etwas jung!” „Er ſcheint ein Dreißiger,” ſagte der Ober- deichgraf, den ihm ſo Vorgeſtellten muſternd. „Er iſt kaum vierundzwanzig,” bemerkte der Gevollmächtigte Manners; „aber der Paſtor hat recht: was in den letzten Jahren Gutes für Deiche und Siele und dergleichen vom Deichgrafenamt in Vorſchlag kam, das war von ihm; mit dem Alten war's doch zuletzt nichts mehr.” „So, ſo?” machte der Oberdeichgraf; „und Ihr meinet, er wäre nun auch der Mann, um in das Amt ſeines alten Herrn einzurücken?” „Der Mann wäre er ſchon,” entgegnete Jewe Manners; „aber ihm fehlt das, was man hier „Klei unter den Füßen” nennt; ſein Vater hatte ſo um fünfzehn, er mag gut zwanzig Demath haben; aber damit iſt bis jetzt hier Niemand Deich- graf geworden.” Der Paſtor that ſchon den Mund auf, als wolle er Etwas einwenden, da trat Elke Volkerts, die eine Weile ſchon im Zimmer geweſen, plötzlich zu ihnen: „Wollen Euer Gnaden mir ein Wort

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Zuerst erschienen in: Deutsche Rundschau (Berlin)… [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/storm_schimmelreiter_1888
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/storm_schimmelreiter_1888/106
Zitationshilfe: Storm, Theodor: Der Schimmelreiter. Berlin, 1888, S. 94. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/storm_schimmelreiter_1888/106>, abgerufen am 19.04.2024.