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Storm, Theodor: Der Schimmelreiter. Berlin, 1888.

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Während dieser Rede hatte das Weib schon
nach dem Thaler gegriffen und ihn in einer kleinen
Tasche geborgen, die sie unter ihren Röcken trug;
dann stopfte sie den Kater wieder in das Bettbühr,
wischte mit ihrer Schürze die Blutflecken von dem
Tisch und stakte zur Thür hinaus. "Vergiß Er
mir nur den jungen Kater nicht!" rief sie noch
zurück.

-- -- Eine Weile später, als der alte Haien
in dem engen Stüblein auf- und abschritt, trat
Hauke herein und warf seinen bunten Vogel auf
den Tisch; als er aber auf der weiß gescheuerten
Platte den noch kennbaren Blutfleck sah, frug er,
wie beiläufig "Was ist denn das?"

Der Vater blieb stehen: "Das ist Blut, was
Du hast fließen machen!"

Dem Jungen schoß es doch heiß ins Gesicht:
"Ist denn Trien' Jans mit ihrem Kater hier
gewesen?"

Der Alte nickte: "Weshalb hast Du ihr den
todtgeschlagen?"

Hauke entblößte seinen blutigen Arm. "Des-
halb," sagte er; "er hatte mir den Vogel fort-
gerissen!"

Während dieſer Rede hatte das Weib ſchon
nach dem Thaler gegriffen und ihn in einer kleinen
Taſche geborgen, die ſie unter ihren Röcken trug;
dann ſtopfte ſie den Kater wieder in das Bettbühr,
wiſchte mit ihrer Schürze die Blutflecken von dem
Tiſch und ſtakte zur Thür hinaus. „Vergiß Er
mir nur den jungen Kater nicht!” rief ſie noch
zurück.

— — Eine Weile ſpäter, als der alte Haien
in dem engen Stüblein auf- und abſchritt, trat
Hauke herein und warf ſeinen bunten Vogel auf
den Tiſch; als er aber auf der weiß geſcheuerten
Platte den noch kennbaren Blutfleck ſah, frug er,
wie beiläufig „Was iſt denn das?”

Der Vater blieb ſtehen: „Das iſt Blut, was
Du haſt fließen machen!”

Dem Jungen ſchoß es doch heiß ins Geſicht:
„Iſt denn Trien' Jans mit ihrem Kater hier
geweſen?”

Der Alte nickte: „Weshalb haſt Du ihr den
todtgeſchlagen?”

Hauke entblößte ſeinen blutigen Arm. „Des-
halb,” ſagte er; „er hatte mir den Vogel fort-
geriſſen!”

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[31/0043] Während dieſer Rede hatte das Weib ſchon nach dem Thaler gegriffen und ihn in einer kleinen Taſche geborgen, die ſie unter ihren Röcken trug; dann ſtopfte ſie den Kater wieder in das Bettbühr, wiſchte mit ihrer Schürze die Blutflecken von dem Tiſch und ſtakte zur Thür hinaus. „Vergiß Er mir nur den jungen Kater nicht!” rief ſie noch zurück. — — Eine Weile ſpäter, als der alte Haien in dem engen Stüblein auf- und abſchritt, trat Hauke herein und warf ſeinen bunten Vogel auf den Tiſch; als er aber auf der weiß geſcheuerten Platte den noch kennbaren Blutfleck ſah, frug er, wie beiläufig „Was iſt denn das?” Der Vater blieb ſtehen: „Das iſt Blut, was Du haſt fließen machen!” Dem Jungen ſchoß es doch heiß ins Geſicht: „Iſt denn Trien' Jans mit ihrem Kater hier geweſen?” Der Alte nickte: „Weshalb haſt Du ihr den todtgeſchlagen?” Hauke entblößte ſeinen blutigen Arm. „Des- halb,” ſagte er; „er hatte mir den Vogel fort- geriſſen!”

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Zitationshilfe: Storm, Theodor: Der Schimmelreiter. Berlin, 1888, S. 31. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/storm_schimmelreiter_1888/43>, abgerufen am 28.03.2024.