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Strauß, David Friedrich: Das Leben Jesu, kritisch bearbeitet. Bd. 2. Tübingen, 1836.

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Zweites Kapitel. §. 119.
nen Jüngern bildlich sagt, von nun an würde es Noth
thun, sie kauften sich Schwerter, so feindlich werde man
ihnen von allen Seiten entgegentreten, sie aber ihn eigent-
lich verstehen, und auf zwei in der Gesellschaft vorräthige
Schwerter verweisen, möchte ich am liebsten Schleierma-
cher
'n beistimmen, welcher der Meinung ist, um das in der
folgenden Erzählung vorkommende Hauen des Petrus mit
dem Schwert zu bevorworten, habe der Referent dieses
Redestück hiehergestellt 13).

Die übrigen Differenzen in Bezug auf das lezte Mahl
werden im Verlauf der folgenden Untersuchungen zur Spra-
che kommen.

§. 119.
Verkündigung des Verraths und der Verleugnung.

Wenn mit der Angabe, dass Jesus von jeher seinen
Verräther gekannt und durchschaut habe, der vierte Evan-
gelist allein steht: so stimmen darin alle viere zusammen,
dass er bei seinem lezten Mahle vorhergesagt habe, einer
seiner Jünger werde ihn verrathen.

Doch findet zuerst schon darin eine Differenz statt,
dass, während den beiden ersten Evangelisten zufolge die
Reden vom Verräther die Scene eröffnen, und namentlich
der Stiftung des Abendmahls vorangehen (Matth. 26, 21 ff.
Marc. 14, 18 ff.): Lukas erst nach eingenommenem Mahl
und gestifteter Gedächtnissfeier (22, 21 ff.) Jesum von dem
bevorstehenden Verrathe sprechen lässt; bei Johannes geht
das auf den Verräther sich Beziehende während und nach
der Fusswaschung vor (13, 10--30.). Die an sich unbe-
deutende Frage, welcher Evangelist hier recht habe, ist
den Theologen aus dem Grund überaus wichtig, weil je
nach der Entscheidung derselben sich die andere Frage zu
beantworten scheint, ob auch der Verräther das Abend-

13) Über den Lukas, S. 275.

Zweites Kapitel. §. 119.
nen Jüngern bildlich sagt, von nun an würde es Noth
thun, sie kauften sich Schwerter, so feindlich werde man
ihnen von allen Seiten entgegentreten, sie aber ihn eigent-
lich verstehen, und auf zwei in der Gesellschaft vorräthige
Schwerter verweisen, möchte ich am liebsten Schleierma-
cher
'n beistimmen, welcher der Meinung ist, um das in der
folgenden Erzählung vorkommende Hauen des Petrus mit
dem Schwert zu bevorworten, habe der Referent dieses
Redestück hiehergestellt 13).

Die übrigen Differenzen in Bezug auf das lezte Mahl
werden im Verlauf der folgenden Untersuchungen zur Spra-
che kommen.

§. 119.
Verkündigung des Verraths und der Verleugnung.

Wenn mit der Angabe, daſs Jesus von jeher seinen
Verräther gekannt und durchschaut habe, der vierte Evan-
gelist allein steht: so stimmen darin alle viere zusammen,
daſs er bei seinem lezten Mahle vorhergesagt habe, einer
seiner Jünger werde ihn verrathen.

Doch findet zuerst schon darin eine Differenz statt,
daſs, während den beiden ersten Evangelisten zufolge die
Reden vom Verräther die Scene eröffnen, und namentlich
der Stiftung des Abendmahls vorangehen (Matth. 26, 21 ff.
Marc. 14, 18 ff.): Lukas erst nach eingenommenem Mahl
und gestifteter Gedächtniſsfeier (22, 21 ff.) Jesum von dem
bevorstehenden Verrathe sprechen läſst; bei Johannes geht
das auf den Verräther sich Beziehende während und nach
der Fuſswaschung vor (13, 10—30.). Die an sich unbe-
deutende Frage, welcher Evangelist hier recht habe, ist
den Theologen aus dem Grund überaus wichtig, weil je
nach der Entscheidung derselben sich die andere Frage zu
beantworten scheint, ob auch der Verräther das Abend-

13) Über den Lukas, S. 275.
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[425/0444] Zweites Kapitel. §. 119. nen Jüngern bildlich sagt, von nun an würde es Noth thun, sie kauften sich Schwerter, so feindlich werde man ihnen von allen Seiten entgegentreten, sie aber ihn eigent- lich verstehen, und auf zwei in der Gesellschaft vorräthige Schwerter verweisen, möchte ich am liebsten Schleierma- cher'n beistimmen, welcher der Meinung ist, um das in der folgenden Erzählung vorkommende Hauen des Petrus mit dem Schwert zu bevorworten, habe der Referent dieses Redestück hiehergestellt 13). Die übrigen Differenzen in Bezug auf das lezte Mahl werden im Verlauf der folgenden Untersuchungen zur Spra- che kommen. §. 119. Verkündigung des Verraths und der Verleugnung. Wenn mit der Angabe, daſs Jesus von jeher seinen Verräther gekannt und durchschaut habe, der vierte Evan- gelist allein steht: so stimmen darin alle viere zusammen, daſs er bei seinem lezten Mahle vorhergesagt habe, einer seiner Jünger werde ihn verrathen. Doch findet zuerst schon darin eine Differenz statt, daſs, während den beiden ersten Evangelisten zufolge die Reden vom Verräther die Scene eröffnen, und namentlich der Stiftung des Abendmahls vorangehen (Matth. 26, 21 ff. Marc. 14, 18 ff.): Lukas erst nach eingenommenem Mahl und gestifteter Gedächtniſsfeier (22, 21 ff.) Jesum von dem bevorstehenden Verrathe sprechen läſst; bei Johannes geht das auf den Verräther sich Beziehende während und nach der Fuſswaschung vor (13, 10—30.). Die an sich unbe- deutende Frage, welcher Evangelist hier recht habe, ist den Theologen aus dem Grund überaus wichtig, weil je nach der Entscheidung derselben sich die andere Frage zu beantworten scheint, ob auch der Verräther das Abend- 13) Über den Lukas, S. 275.

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Zitationshilfe: Strauß, David Friedrich: Das Leben Jesu, kritisch bearbeitet. Bd. 2. Tübingen, 1836, S. 425. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/strauss_jesus02_1836/444>, abgerufen am 28.03.2024.