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Sulzer, Johann Georg: Beschreibung einiger Merckwüdigkeiten, Welche er in einer Ao. 1742. gemachten Berg-Reise durch einige Oerter der Schweitz beobachtet hat. Zürich, 1742.

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Beschreibung einiger Merckwürdigkeiten
kan, welche Spaltung leicht ist, weil allemal zwischen zween Blatten
ein wenig Sand liegt. Diese Blatten sind nicht allegleich dick;
es gibt solche, die kaum 1/2. Decimal-Linie von einem Zoll dick sind,
und denn gibt es andre, die bis auf 1/2. Zoll dick sind, wobey zu
mercken, daß eine dicke Blatte mehr Sand unter sich hat, als eine
dünne, je nach Beschaffenheit der Dicke des Letts. Der Sand ist
oft fast eine Decimal-Linie hoch, bey den allerkleinsten Lagern ist er
sehr subtil, und zeiget sich nicht allezeit. Jn dem Lett selbst, oder
viel mehr zwischen den Lagern findt man oft noch frisches Moos,
welches eine sehr schöne Figur macht, und neben diesem lange und
runde kleine weisse Steine, davon der größte den ich gefunden un-
gefehr 1/8 . von einer Unze schwer ist. Jch halte sie vor etwas ver-
steinertes, weil mir kein Stein von dieser Art bekannt ist. (*)
Sie sind zimlich hart, und die meisten haben in der Mitte (denn
sie sind fast alle cylindrisch) ein kleines Löchlein, welches durch den
gantzen Stein geht. Unter diesem Leim folget ein hartes Lager
von kleinen Steinen, welche mit einem etwas groben Lett vermischt
sind. Man hat A. 1723. fast einen gleichen Leim in Engelland ge-
funden, den Mr. Hollovvay beschrieben. (**)

Aus diesen Umständen kan man abnehmen, wie dieser Lett hier
möchte entstanden seyn. Es ist, wie ich vermuthe, durch viele wie-
derholte Ueberschwemmungen geschehen, welches die waagrechte Lage.
die verschiedne Lager, der dazwischen liegende Sand etc. deutlich zei-
gen, wie ein jeder leicht einsehen wird, der der Sache ein wenig
nachdencket. Ueberdiß ist zu bemercken, daß der Orte gar nahe an
der Reuß liegt, welche ihre Wasser oft bis an diesen Ort ergießt,
und noch jezt diesen Lett, wenn er nicht mit vieler Erde bedeckt
wäre, zu Zeiten überschwemmen würde.

Art und
Gebrauch
desselben.

Endlich muß ich etwas von der Natur und dem Gebrauch die-
ses Letts sagen. Wenn er hervor gestochen wird, so ist er dunckel
aschfarbig, und wenn er trocken ist, fast weiß, sehr zart und zähe.
Wenn man frisch davon absticht, so hat er einen schönen Glanz,
welchen man, wenn er halb trocken ist, durch poliren so weit vermeh-
ren kan, daß man sich deutlich, als in einem Spiegel, darinn erblicket.

Wenn
(*) Conveniunt cum Tubulo fossili cylindraceo. Scheuchz. Natur-
Geschichten. pag. 100.
(**) Sihe Philosoph. Transact. n. 379.

Beſchreibung einiger Merckwuͤrdigkeiten
kan, welche Spaltung leicht iſt, weil allemal zwiſchen zween Blatten
ein wenig Sand liegt. Dieſe Blatten ſind nicht allegleich dick;
es gibt ſolche, die kaum ½. Decimal-Linie von einem Zoll dick ſind,
und denn gibt es andre, die bis auf ½. Zoll dick ſind, wobey zu
mercken, daß eine dicke Blatte mehr Sand unter ſich hat, als eine
duͤnne, je nach Beſchaffenheit der Dicke des Letts. Der Sand iſt
oft faſt eine Decimal-Linie hoch, bey den allerkleinſten Lagern iſt er
ſehr ſubtil, und zeiget ſich nicht allezeit. Jn dem Lett ſelbſt, oder
viel mehr zwiſchen den Lagern findt man oft noch friſches Moos,
welches eine ſehr ſchoͤne Figur macht, und neben dieſem lange und
runde kleine weiſſe Steine, davon der groͤßte den ich gefunden un-
gefehr ⅛. von einer Unze ſchwer iſt. Jch halte ſie vor etwas ver-
ſteinertes, weil mir kein Stein von dieſer Art bekannt iſt. (*)
Sie ſind zimlich hart, und die meiſten haben in der Mitte (denn
ſie ſind faſt alle cylindriſch) ein kleines Loͤchlein, welches durch den
gantzen Stein geht. Unter dieſem Leim folget ein hartes Lager
von kleinen Steinen, welche mit einem etwas groben Lett vermiſcht
ſind. Man hat A. 1723. faſt einen gleichen Leim in Engelland ge-
funden, den Mr. Hollovvay beſchrieben. (**)

Aus dieſen Umſtaͤnden kan man abnehmen, wie dieſer Lett hier
moͤchte entſtanden ſeyn. Es iſt, wie ich vermuthe, durch viele wie-
derholte Ueberſchwemmungen geſchehen, welches die waagrechte Lage.
die verſchiedne Lager, der dazwiſchen liegende Sand ꝛc. deutlich zei-
gen, wie ein jeder leicht einſehen wird, der der Sache ein wenig
nachdencket. Ueberdiß iſt zu bemercken, daß der Orte gar nahe an
der Reuß liegt, welche ihre Waſſer oft bis an dieſen Ort ergießt,
und noch jezt dieſen Lett, wenn er nicht mit vieler Erde bedeckt
waͤre, zu Zeiten uͤberſchwemmen wuͤrde.

Art und
Gebrauch
deſſelben.

Endlich muß ich etwas von der Natur und dem Gebrauch die-
ſes Letts ſagen. Wenn er hervor geſtochen wird, ſo iſt er dunckel
aſchfarbig, und wenn er trocken iſt, faſt weiß, ſehr zart und zaͤhe.
Wenn man friſch davon abſticht, ſo hat er einen ſchoͤnen Glanz,
welchen man, wenn er halb trocken iſt, durch poliren ſo weit vermeh-
ren kan, daß man ſich deutlich, als in einem Spiegel, darinn erblicket.

Wenn
(*) Conveniunt cum Tubulo foſſili cylindraceo. Scheuchz. Natur-
Geſchichten. pag. 100.
(**) Sihe Philoſoph. Tranſact. n. 379.
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[26/0030] Beſchreibung einiger Merckwuͤrdigkeiten kan, welche Spaltung leicht iſt, weil allemal zwiſchen zween Blatten ein wenig Sand liegt. Dieſe Blatten ſind nicht allegleich dick; es gibt ſolche, die kaum ½. Decimal-Linie von einem Zoll dick ſind, und denn gibt es andre, die bis auf ½. Zoll dick ſind, wobey zu mercken, daß eine dicke Blatte mehr Sand unter ſich hat, als eine duͤnne, je nach Beſchaffenheit der Dicke des Letts. Der Sand iſt oft faſt eine Decimal-Linie hoch, bey den allerkleinſten Lagern iſt er ſehr ſubtil, und zeiget ſich nicht allezeit. Jn dem Lett ſelbſt, oder viel mehr zwiſchen den Lagern findt man oft noch friſches Moos, welches eine ſehr ſchoͤne Figur macht, und neben dieſem lange und runde kleine weiſſe Steine, davon der groͤßte den ich gefunden un- gefehr ⅛. von einer Unze ſchwer iſt. Jch halte ſie vor etwas ver- ſteinertes, weil mir kein Stein von dieſer Art bekannt iſt. (*) Sie ſind zimlich hart, und die meiſten haben in der Mitte (denn ſie ſind faſt alle cylindriſch) ein kleines Loͤchlein, welches durch den gantzen Stein geht. Unter dieſem Leim folget ein hartes Lager von kleinen Steinen, welche mit einem etwas groben Lett vermiſcht ſind. Man hat A. 1723. faſt einen gleichen Leim in Engelland ge- funden, den Mr. Hollovvay beſchrieben. (**) Aus dieſen Umſtaͤnden kan man abnehmen, wie dieſer Lett hier moͤchte entſtanden ſeyn. Es iſt, wie ich vermuthe, durch viele wie- derholte Ueberſchwemmungen geſchehen, welches die waagrechte Lage. die verſchiedne Lager, der dazwiſchen liegende Sand ꝛc. deutlich zei- gen, wie ein jeder leicht einſehen wird, der der Sache ein wenig nachdencket. Ueberdiß iſt zu bemercken, daß der Orte gar nahe an der Reuß liegt, welche ihre Waſſer oft bis an dieſen Ort ergießt, und noch jezt dieſen Lett, wenn er nicht mit vieler Erde bedeckt waͤre, zu Zeiten uͤberſchwemmen wuͤrde. Endlich muß ich etwas von der Natur und dem Gebrauch die- ſes Letts ſagen. Wenn er hervor geſtochen wird, ſo iſt er dunckel aſchfarbig, und wenn er trocken iſt, faſt weiß, ſehr zart und zaͤhe. Wenn man friſch davon abſticht, ſo hat er einen ſchoͤnen Glanz, welchen man, wenn er halb trocken iſt, durch poliren ſo weit vermeh- ren kan, daß man ſich deutlich, als in einem Spiegel, darinn erblicket. Wenn (*) Conveniunt cum Tubulo foſſili cylindraceo. Scheuchz. Natur- Geſchichten. pag. 100. (**) Sihe Philoſoph. Tranſact. n. 379.

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Zitationshilfe: Sulzer, Johann Georg: Beschreibung einiger Merckwüdigkeiten, Welche er in einer Ao. 1742. gemachten Berg-Reise durch einige Oerter der Schweitz beobachtet hat. Zürich, 1742, S. 26. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sulzer_reise_1742/30>, abgerufen am 18.04.2024.