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Sulzer, Johann Georg: Allgemeine Theorie der Schönen Künste. Bd. 2. Leipzig, 1774.

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Pau
Sinn aus ist, und wo man einige Zeit braucht,
ihn noch einmal zu überdenken, die Aufmerksamkeit
schnell auf etwas neues zu führen, so übel wäre es
auch mitten in dem Zusammenhang, ehe ein Ge-
danke aus ist, eine Unterbrechung zu machen, oder
eine Pause anzubringen. Jhr Ort und ihre Dauer
muß genau mit dem Jnhalt übereinstimmen. Die
Pausen, welche die Nothwendigkeit eingeführt hat,
werden von feinen Tonsezern auch zur Zierde der
Melodien gebraucht. Ofte wird durch eine wol an-
gebrachte Pause, die Aufmerksamkeit des Zuhörers,
den eine ununterbrochene Folge von Tönen in eine
kleine Zerstreuung gebracht hat, aufs nen rege ge-
macht.

Endlich sind die Pausen auch nöthig um das Still-
schweigen einer ganzen Stimme und der begleiten-
den Jnstrumente, wo sie eine Zeitlang ruhen, an-
zudeuten. Ein Stük muß nicht immer von densel-
ben Jnstrumenten begleitet werden, und ofte wird
so gar alle Begleitung eine Zeitlang aufgehoben.
Alles dieses giebt Mannigfaltigkeit. Jn solchen Fäl-
len sind Zeichen nöthig, die den Spielern die Länge
ihres Stillschweigens vorschreiben. Deswegen müs-
sen sowol ganze Takte, als jeder einzele Takttheil,
des Schweigens durch besondere Zeichen ausgedrükt
werden. Sie sind aber folgende.

[Abbildung]
Pensel.
(Mahlerey.)

Jm eigentlichen Verstand das Jnstrument mit wel-
chem der Maler die Farben auf den Grund des Ge-
mähldes aufträgt und daselbst bearbeitet. Die
Pensel sind von verschiedener Größe und Gestalt.
Die Größten sind von Borsten und stumpf, die Klei-
nesten von feinen Haaren und spizig. Da jedem
mittelmäßigen Maler alle Arten der Pensel und die
Kennzeichen ihrer Güte bekannt, so wäre es über-
flüßig, hierüber sich umständlich auszulassen. (S.
Pernety Dict. de peint. Art. Pinceau.)

[Spaltenumbruch]
Pen

Jm uneigentlichen Verstande wird ein großer
Theil der Bearbeitung durch das Wort Pensel aus-
gedrükt, so wie man die Schreibart durch das Jn-
strument des Schreibens, den Styl oder die Feder
ausdrükt. Man nennt eine Bearbeitung, die durch
starke und fett aufgetragene Farbenstriche geschieht,
einen kühnen oder fetten Pensel u. s. f.

Pentameter.
(Poesie.)

Ein Vers von fünf Füßen, der gerad in der Mitte
seinen Einschnitt nach einer langen Sylbe hat, die
ein Wort endiget, worauf die andre Hälfte wieder
mit einer langen Sylbe anfängt, und sich eben so,
wie die erste endiget.

Nil mihi rescribas | attamen ipse veni.
Daurend Verlangen, und Ach | keine Geliebte dazu.
Du die meine Begierd | stark und unsterblich verlangt.

Er zerfällt also beständig in zwey halbe Verse, jeder
von Drithalbfüßen.

Man braucht ihn nie anders als mit dem Hexa-
meter gepart; denn das Distichon von einen Hexa-
meter auf den ein Pentameter folget, macht die ele-
gische Versart der Alten aus. (*) Jm Deutschen
hat Klopstok sie zuerst eingeführt. Sie muß für die-
jenigen, die den Reim nicht gerne missen, weniger
unangenehm seyn, als jedes andre der alten Sylben-
maaße ohne Reim. Denn da unser Hexameter
sehr ofte mit einer kurzen Sylbe schließt, der Pen-
tameter aber mit einer langen, so wird durch die
beständig abwechselnde Folge des weiblichen und
männlichen Schlusses, einigermaaßen der Abgang
des Reims ersezt.

Verschiedene Kunstrichter sind dem Pentameter
nicht günstig, und finden ihn langweilig. Freylich
könnte man ihn allein nicht brauchen; darum wech-
selt er mit dem Hexameter beständig ab, und das
etwas ins langweilige fallende Einerley kommt mit
der eigentlichen Elegie, die selbst etwas sich bestän-
dig auf einem Ton herumdrähendes, aber der Em-
pfindung natürliches hat, wol überein.

Periode.
(Redende Künste)

Die Periode ist eine Rede, oder wenn man will ein
für sich bestimmter und verständlicher Saz, der aus
mehr andern Säzen so zusammengesezt ist, daß der

volle
(*) S.
Elegie.

[Spaltenumbruch]

Pau
Sinn aus iſt, und wo man einige Zeit braucht,
ihn noch einmal zu uͤberdenken, die Aufmerkſamkeit
ſchnell auf etwas neues zu fuͤhren, ſo uͤbel waͤre es
auch mitten in dem Zuſammenhang, ehe ein Ge-
danke aus iſt, eine Unterbrechung zu machen, oder
eine Pauſe anzubringen. Jhr Ort und ihre Dauer
muß genau mit dem Jnhalt uͤbereinſtimmen. Die
Pauſen, welche die Nothwendigkeit eingefuͤhrt hat,
werden von feinen Tonſezern auch zur Zierde der
Melodien gebraucht. Ofte wird durch eine wol an-
gebrachte Pauſe, die Aufmerkſamkeit des Zuhoͤrers,
den eine ununterbrochene Folge von Toͤnen in eine
kleine Zerſtreuung gebracht hat, aufs nen rege ge-
macht.

Endlich ſind die Pauſen auch noͤthig um das Still-
ſchweigen einer ganzen Stimme und der begleiten-
den Jnſtrumente, wo ſie eine Zeitlang ruhen, an-
zudeuten. Ein Stuͤk muß nicht immer von denſel-
ben Jnſtrumenten begleitet werden, und ofte wird
ſo gar alle Begleitung eine Zeitlang aufgehoben.
Alles dieſes giebt Mannigfaltigkeit. Jn ſolchen Faͤl-
len ſind Zeichen noͤthig, die den Spielern die Laͤnge
ihres Stillſchweigens vorſchreiben. Deswegen muͤſ-
ſen ſowol ganze Takte, als jeder einzele Takttheil,
des Schweigens durch beſondere Zeichen ausgedruͤkt
werden. Sie ſind aber folgende.

[Abbildung]
Penſel.
(Mahlerey.)

Jm eigentlichen Verſtand das Jnſtrument mit wel-
chem der Maler die Farben auf den Grund des Ge-
maͤhldes auftraͤgt und daſelbſt bearbeitet. Die
Penſel ſind von verſchiedener Groͤße und Geſtalt.
Die Groͤßten ſind von Borſten und ſtumpf, die Klei-
neſten von feinen Haaren und ſpizig. Da jedem
mittelmaͤßigen Maler alle Arten der Penſel und die
Kennzeichen ihrer Guͤte bekannt, ſo waͤre es uͤber-
fluͤßig, hieruͤber ſich umſtaͤndlich auszulaſſen. (S.
Pernety Dict. de peint. Art. Pinceau.)

[Spaltenumbruch]
Pen

Jm uneigentlichen Verſtande wird ein großer
Theil der Bearbeitung durch das Wort Penſel aus-
gedruͤkt, ſo wie man die Schreibart durch das Jn-
ſtrument des Schreibens, den Styl oder die Feder
ausdruͤkt. Man nennt eine Bearbeitung, die durch
ſtarke und fett aufgetragene Farbenſtriche geſchieht,
einen kuͤhnen oder fetten Penſel u. ſ. f.

Pentameter.
(Poeſie.)

Ein Vers von fuͤnf Fuͤßen, der gerad in der Mitte
ſeinen Einſchnitt nach einer langen Sylbe hat, die
ein Wort endiget, worauf die andre Haͤlfte wieder
mit einer langen Sylbe anfaͤngt, und ſich eben ſo,
wie die erſte endiget.

Nil mihi reſcribas | attamen ipſe veni.
Daurend Verlangen, und Ach | keine Geliebte dazu.
Du die meine Begierd | ſtark und unſterblich verlangt.

Er zerfaͤllt alſo beſtaͤndig in zwey halbe Verſe, jeder
von Drithalbfuͤßen.

Man braucht ihn nie anders als mit dem Hexa-
meter gepart; denn das Diſtichon von einen Hexa-
meter auf den ein Pentameter folget, macht die ele-
giſche Versart der Alten aus. (*) Jm Deutſchen
hat Klopſtok ſie zuerſt eingefuͤhrt. Sie muß fuͤr die-
jenigen, die den Reim nicht gerne miſſen, weniger
unangenehm ſeyn, als jedes andre der alten Sylben-
maaße ohne Reim. Denn da unſer Hexameter
ſehr ofte mit einer kurzen Sylbe ſchließt, der Pen-
tameter aber mit einer langen, ſo wird durch die
beſtaͤndig abwechſelnde Folge des weiblichen und
maͤnnlichen Schluſſes, einigermaaßen der Abgang
des Reims erſezt.

Verſchiedene Kunſtrichter ſind dem Pentameter
nicht guͤnſtig, und finden ihn langweilig. Freylich
koͤnnte man ihn allein nicht brauchen; darum wech-
ſelt er mit dem Hexameter beſtaͤndig ab, und das
etwas ins langweilige fallende Einerley kommt mit
der eigentlichen Elegie, die ſelbſt etwas ſich beſtaͤn-
dig auf einem Ton herumdraͤhendes, aber der Em-
pfindung natuͤrliches hat, wol uͤberein.

Periode.
(Redende Kuͤnſte)

Die Periode iſt eine Rede, oder wenn man will ein
fuͤr ſich beſtimmter und verſtaͤndlicher Saz, der aus
mehr andern Saͤzen ſo zuſammengeſezt iſt, daß der

volle
(*) S.
Elegie.
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[886[868]/0303] Pau Pen Sinn aus iſt, und wo man einige Zeit braucht, ihn noch einmal zu uͤberdenken, die Aufmerkſamkeit ſchnell auf etwas neues zu fuͤhren, ſo uͤbel waͤre es auch mitten in dem Zuſammenhang, ehe ein Ge- danke aus iſt, eine Unterbrechung zu machen, oder eine Pauſe anzubringen. Jhr Ort und ihre Dauer muß genau mit dem Jnhalt uͤbereinſtimmen. Die Pauſen, welche die Nothwendigkeit eingefuͤhrt hat, werden von feinen Tonſezern auch zur Zierde der Melodien gebraucht. Ofte wird durch eine wol an- gebrachte Pauſe, die Aufmerkſamkeit des Zuhoͤrers, den eine ununterbrochene Folge von Toͤnen in eine kleine Zerſtreuung gebracht hat, aufs nen rege ge- macht. Endlich ſind die Pauſen auch noͤthig um das Still- ſchweigen einer ganzen Stimme und der begleiten- den Jnſtrumente, wo ſie eine Zeitlang ruhen, an- zudeuten. Ein Stuͤk muß nicht immer von denſel- ben Jnſtrumenten begleitet werden, und ofte wird ſo gar alle Begleitung eine Zeitlang aufgehoben. Alles dieſes giebt Mannigfaltigkeit. Jn ſolchen Faͤl- len ſind Zeichen noͤthig, die den Spielern die Laͤnge ihres Stillſchweigens vorſchreiben. Deswegen muͤſ- ſen ſowol ganze Takte, als jeder einzele Takttheil, des Schweigens durch beſondere Zeichen ausgedruͤkt werden. Sie ſind aber folgende. [Abbildung] Penſel. (Mahlerey.) Jm eigentlichen Verſtand das Jnſtrument mit wel- chem der Maler die Farben auf den Grund des Ge- maͤhldes auftraͤgt und daſelbſt bearbeitet. Die Penſel ſind von verſchiedener Groͤße und Geſtalt. Die Groͤßten ſind von Borſten und ſtumpf, die Klei- neſten von feinen Haaren und ſpizig. Da jedem mittelmaͤßigen Maler alle Arten der Penſel und die Kennzeichen ihrer Guͤte bekannt, ſo waͤre es uͤber- fluͤßig, hieruͤber ſich umſtaͤndlich auszulaſſen. (S. Pernety Dict. de peint. Art. Pinceau.) Jm uneigentlichen Verſtande wird ein großer Theil der Bearbeitung durch das Wort Penſel aus- gedruͤkt, ſo wie man die Schreibart durch das Jn- ſtrument des Schreibens, den Styl oder die Feder ausdruͤkt. Man nennt eine Bearbeitung, die durch ſtarke und fett aufgetragene Farbenſtriche geſchieht, einen kuͤhnen oder fetten Penſel u. ſ. f. Pentameter. (Poeſie.) Ein Vers von fuͤnf Fuͤßen, der gerad in der Mitte ſeinen Einſchnitt nach einer langen Sylbe hat, die ein Wort endiget, worauf die andre Haͤlfte wieder mit einer langen Sylbe anfaͤngt, und ſich eben ſo, wie die erſte endiget. Nil mihi reſcribas | attamen ipſe veni. Daurend Verlangen, und Ach | keine Geliebte dazu. Du die meine Begierd | ſtark und unſterblich verlangt. Er zerfaͤllt alſo beſtaͤndig in zwey halbe Verſe, jeder von Drithalbfuͤßen. Man braucht ihn nie anders als mit dem Hexa- meter gepart; denn das Diſtichon von einen Hexa- meter auf den ein Pentameter folget, macht die ele- giſche Versart der Alten aus. (*) Jm Deutſchen hat Klopſtok ſie zuerſt eingefuͤhrt. Sie muß fuͤr die- jenigen, die den Reim nicht gerne miſſen, weniger unangenehm ſeyn, als jedes andre der alten Sylben- maaße ohne Reim. Denn da unſer Hexameter ſehr ofte mit einer kurzen Sylbe ſchließt, der Pen- tameter aber mit einer langen, ſo wird durch die beſtaͤndig abwechſelnde Folge des weiblichen und maͤnnlichen Schluſſes, einigermaaßen der Abgang des Reims erſezt. Verſchiedene Kunſtrichter ſind dem Pentameter nicht guͤnſtig, und finden ihn langweilig. Freylich koͤnnte man ihn allein nicht brauchen; darum wech- ſelt er mit dem Hexameter beſtaͤndig ab, und das etwas ins langweilige fallende Einerley kommt mit der eigentlichen Elegie, die ſelbſt etwas ſich beſtaͤn- dig auf einem Ton herumdraͤhendes, aber der Em- pfindung natuͤrliches hat, wol uͤberein. Periode. (Redende Kuͤnſte) Die Periode iſt eine Rede, oder wenn man will ein fuͤr ſich beſtimmter und verſtaͤndlicher Saz, der aus mehr andern Saͤzen ſo zuſammengeſezt iſt, daß der volle (*) S. Elegie.

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Zitationshilfe: Sulzer, Johann Georg: Allgemeine Theorie der Schönen Künste. Bd. 2. Leipzig, 1774, S. 886[868]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sulzer_theorie02_1774/303>, abgerufen am 19.04.2024.