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Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 1. Berlin, 1809.

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Direktion der Wirthschaft.
eilig ist, so muß er es nicht ihm, sondern seinem Vorgesetzten verweisen, weil
sonst gar zu leicht widersprechende Befehle entstehen, wodurch die Leute verwirrt
gemacht werden, oder woraus sie doch so leicht Vorwand hernehmen, Unordnun-
gen zu begehen, und die Anweisungen ihrer unmittelbar Vorgesetzten nicht zu
befolgen.

Wenn vom Wirthschaftsdirektor etwas angeordnet wird, was außer dem
Gewöhnlichen ist, was andere gemachte Einrichtungen aufhebt, oder ihnen wider-
spricht, so muß es bestimmt und klar, am besten schriftlich geschehen, und er muß
sich, indem er sich seine gegebene Vorschrift von dem, der sie erhalten, wieder-
holen und erklären läßt, überzeugen, daß dieser sie richtig verstanden habe.

§. 213.

Allgemeine
Aufsicht des
Direktors.
Der Wirthschaftsdirektor darf durchaus keinen einzelnen Zweig oder ein-
zelnen Theil der Wirthschaft zu seinem Lieblingsgegenstand machen und darauf
seine spezielle Aufmerksamkeit richten. Er wird sonst nie Alles und Jedes gehörig
beachten, in seinem Zusammenhange zu übersehen und zu erhalten wissen. Jedoch
ist es rathsam, wechselsweise einen Gegenstand nach dem andern, wo möglich un-
vermerkt, seiner genauern Beobachtung zu unterwerfen, um die dabei nöthigen
Verbesserungen richtig anzubringen und entstandenen Fehlern und Unordnungen
abzuhelfen. Er muß irgend eine zufällige Veranlassung wahrnehmen, um bis
ins kleinste Detail mit seiner Untersuchung einzudringen.

Es ist fehlerhaft, wenn er bei seinen Revisionen gewisse Stunden und Ord-
nung hält, so daß ein Jeder weiß, wann er hier oder dort hinkommen werde.
Es muß keiner an keinem Orte eine Viertelstunde für ihn sicher seyn. Um alle
Vorgesetzte gegen ihre Untergebenen in Achtung zu erhalten, muß er jenen nie
scharfe Verweise in Gegenwart dieser geben, sondern entweder allein, oder, wenn
er es nöthig findet, in Gegenwart derer, die nicht unter ihm stehen. Niemals
muß er jedoch einen hinter seinen Rücken gegen andere tadeln, ohne es ihm selbst
zu sagen. Vorgesetzte, die dieses thun, verrathen eine unverzeihliche Schwäche.

Er muß durchaus verlangen, daß seine Fragen in jedem Falle, und wenn es
auch zum Nachtheil anderer gereichte, mit strenger Wahrheit beantwortet werden.
Geschieht das nicht, so muß er schon vermuthen, daß ein Komplott gegen ihn

Direktion der Wirthſchaft.
eilig iſt, ſo muß er es nicht ihm, ſondern ſeinem Vorgeſetzten verweiſen, weil
ſonſt gar zu leicht widerſprechende Befehle entſtehen, wodurch die Leute verwirrt
gemacht werden, oder woraus ſie doch ſo leicht Vorwand hernehmen, Unordnun-
gen zu begehen, und die Anweiſungen ihrer unmittelbar Vorgeſetzten nicht zu
befolgen.

Wenn vom Wirthſchaftsdirektor etwas angeordnet wird, was außer dem
Gewoͤhnlichen iſt, was andere gemachte Einrichtungen aufhebt, oder ihnen wider-
ſpricht, ſo muß es beſtimmt und klar, am beſten ſchriftlich geſchehen, und er muß
ſich, indem er ſich ſeine gegebene Vorſchrift von dem, der ſie erhalten, wieder-
holen und erklaͤren laͤßt, uͤberzeugen, daß dieſer ſie richtig verſtanden habe.

§. 213.

Allgemeine
Aufſicht des
Direktors.
Der Wirthſchaftsdirektor darf durchaus keinen einzelnen Zweig oder ein-
zelnen Theil der Wirthſchaft zu ſeinem Lieblingsgegenſtand machen und darauf
ſeine ſpezielle Aufmerkſamkeit richten. Er wird ſonſt nie Alles und Jedes gehoͤrig
beachten, in ſeinem Zuſammenhange zu uͤberſehen und zu erhalten wiſſen. Jedoch
iſt es rathſam, wechſelsweiſe einen Gegenſtand nach dem andern, wo moͤglich un-
vermerkt, ſeiner genauern Beobachtung zu unterwerfen, um die dabei noͤthigen
Verbeſſerungen richtig anzubringen und entſtandenen Fehlern und Unordnungen
abzuhelfen. Er muß irgend eine zufaͤllige Veranlaſſung wahrnehmen, um bis
ins kleinſte Detail mit ſeiner Unterſuchung einzudringen.

Es iſt fehlerhaft, wenn er bei ſeinen Reviſionen gewiſſe Stunden und Ord-
nung haͤlt, ſo daß ein Jeder weiß, wann er hier oder dort hinkommen werde.
Es muß keiner an keinem Orte eine Viertelſtunde fuͤr ihn ſicher ſeyn. Um alle
Vorgeſetzte gegen ihre Untergebenen in Achtung zu erhalten, muß er jenen nie
ſcharfe Verweiſe in Gegenwart dieſer geben, ſondern entweder allein, oder, wenn
er es noͤthig findet, in Gegenwart derer, die nicht unter ihm ſtehen. Niemals
muß er jedoch einen hinter ſeinen Ruͤcken gegen andere tadeln, ohne es ihm ſelbſt
zu ſagen. Vorgeſetzte, die dieſes thun, verrathen eine unverzeihliche Schwaͤche.

Er muß durchaus verlangen, daß ſeine Fragen in jedem Falle, und wenn es
auch zum Nachtheil anderer gereichte, mit ſtrenger Wahrheit beantwortet werden.
Geſchieht das nicht, ſo muß er ſchon vermuthen, daß ein Komplott gegen ihn

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[194/0224] Direktion der Wirthſchaft. eilig iſt, ſo muß er es nicht ihm, ſondern ſeinem Vorgeſetzten verweiſen, weil ſonſt gar zu leicht widerſprechende Befehle entſtehen, wodurch die Leute verwirrt gemacht werden, oder woraus ſie doch ſo leicht Vorwand hernehmen, Unordnun- gen zu begehen, und die Anweiſungen ihrer unmittelbar Vorgeſetzten nicht zu befolgen. Wenn vom Wirthſchaftsdirektor etwas angeordnet wird, was außer dem Gewoͤhnlichen iſt, was andere gemachte Einrichtungen aufhebt, oder ihnen wider- ſpricht, ſo muß es beſtimmt und klar, am beſten ſchriftlich geſchehen, und er muß ſich, indem er ſich ſeine gegebene Vorſchrift von dem, der ſie erhalten, wieder- holen und erklaͤren laͤßt, uͤberzeugen, daß dieſer ſie richtig verſtanden habe. §. 213. Der Wirthſchaftsdirektor darf durchaus keinen einzelnen Zweig oder ein- zelnen Theil der Wirthſchaft zu ſeinem Lieblingsgegenſtand machen und darauf ſeine ſpezielle Aufmerkſamkeit richten. Er wird ſonſt nie Alles und Jedes gehoͤrig beachten, in ſeinem Zuſammenhange zu uͤberſehen und zu erhalten wiſſen. Jedoch iſt es rathſam, wechſelsweiſe einen Gegenſtand nach dem andern, wo moͤglich un- vermerkt, ſeiner genauern Beobachtung zu unterwerfen, um die dabei noͤthigen Verbeſſerungen richtig anzubringen und entſtandenen Fehlern und Unordnungen abzuhelfen. Er muß irgend eine zufaͤllige Veranlaſſung wahrnehmen, um bis ins kleinſte Detail mit ſeiner Unterſuchung einzudringen. Allgemeine Aufſicht des Direktors. Es iſt fehlerhaft, wenn er bei ſeinen Reviſionen gewiſſe Stunden und Ord- nung haͤlt, ſo daß ein Jeder weiß, wann er hier oder dort hinkommen werde. Es muß keiner an keinem Orte eine Viertelſtunde fuͤr ihn ſicher ſeyn. Um alle Vorgeſetzte gegen ihre Untergebenen in Achtung zu erhalten, muß er jenen nie ſcharfe Verweiſe in Gegenwart dieſer geben, ſondern entweder allein, oder, wenn er es noͤthig findet, in Gegenwart derer, die nicht unter ihm ſtehen. Niemals muß er jedoch einen hinter ſeinen Ruͤcken gegen andere tadeln, ohne es ihm ſelbſt zu ſagen. Vorgeſetzte, die dieſes thun, verrathen eine unverzeihliche Schwaͤche. Er muß durchaus verlangen, daß ſeine Fragen in jedem Falle, und wenn es auch zum Nachtheil anderer gereichte, mit ſtrenger Wahrheit beantwortet werden. Geſchieht das nicht, ſo muß er ſchon vermuthen, daß ein Komplott gegen ihn

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Zitationshilfe: Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 1. Berlin, 1809, S. 194. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thaer_landwirthschaft01_1809/224>, abgerufen am 29.03.2024.